"Harte" Gespräche, gefährliche Folgen
Polens Verteidigungsminister in den USA
Von Julian Bartosz, Wroclaw *
Der polnische Verteidigungsminister Bogdan Klich führt seit Montag (14. Januar) in Washington Gespräche über die militärische Zusammenarbeit Polens mit den USA.
Bogdan Klich will jenseits des großen Teiches über die Bedingungen verhandeln, unter denen
Polens Regierung bereit wäre, der Errichtung des US-amerikanischen Raketenschilds auf
polnischem Boden zuzustimmen. Warschau macht seine Zusage nämlich neuerdings davon
abhängig, dass die USA auch finanziell dazu beitragen, Polens Luftraum durch Patriot-Raketen oder
andere Systeme vor jeglichen Angriffen zu sichern.
Schwer zu sagen, wie »hart« Klich die polnische Position, von der Premier Donald Tusk vorige
Woche im Sejm sprach, präsentieren kann. Tusks Argument: Die polnische Öffentlichkeit, die
mehrheitlich gegen die Stationierung des »Schilds« ist, müsse davon überzeugt werden, dass die
Sicherheit Polens dadurch nicht gefährdet werde. Im übrigen dürfe Polen für die vielen
»Dienstleistungen«, die es den USA in Irak erwiesen hat und in Afghanistan weiterhin erweise, wohl
mit einem Entgegenkommen rechnen. Die geeignetste Form wäre ein militärischer Sondervertrag
zwischen den USA und Polen, wie er beispielsweise zwischen den Vereinigten Staaten und Italien
oder der Türkei besteht. Ein solcher Vertrag, betonte Klich vor seiner Reise, würde die militärische
Zusammenarbeit institutionalisieren, den Mechanismus der Konsultationen über militärische und
sicherheitspolitische Fragen verbessern, die gemeinsame »Feindaufklärung« intensivieren und
Polen darüber hinaus Zugang zu neuesten Technologien gewähren.
Was Klich von seinem Amtskollegen Robert Gates und anderen Gesprächspartnern zu diesem
Wunschzettel erfuhr, ist noch nicht bekannt. Keinesfalls aber wird das »harte« Bestehen auf der
Erfüllung dieser Wünsche, die zuvor schon Außenminister Radoslaw Sikorski angemeldet hatte, der
sicherheitspolitischen Atmosphäre in dieser Region Europas dienlich sein.
Russland lehnt den
»Schild« nach wie vor ab. Daran besteht auch nach dem Warschauer »Gedankenaustausch«
zwischen dem stellvertretenden russischen Außenminister Sergej Kisjlak und dem polnischen
Vizeminister Witold Waszczykowski in der vorigen Woche kein Zweifel. Obwohl das Treffen laut
Außenamtssprecher Piotr Paszkowski »sehr offen verlief«, beschränkte es sich auf den Austausch
der Argumente für und gegen den »Schild«. Zwar sollen derartige Gespräche fortgeführt werden,
doch Premier Tusk hatte sagte nach seinem Besuch in Prag letzte Woche bekräftigt, eine eventuelle
Stationierung des »Schildes« gehe nur Warschau, Prag und Washington an.
Das »eventuell« ist allerdings tatsächlich neu. Und wir die polnische Nachrichtenagentur PAP am
Montag vermeldete, hat es in den USA verschiedene Stimmen auf den Plan gerufen. Der ehemalige
Pentagon-Berater Richard Perle befand, Polens Bitte um militärische Hilfe für die Verteidigung
seines Luftraums sei nicht unvernünftig. Sie solle gehört werden. Eine polnische Absage an die
Errichtung des US-amerikanischen Raketenschilds wäre andererseits ein »historischer Fehler«, der
einem Erfolg Moskaus gleichkäme. Die Russen – so Perle – wollten Polen doch nur »verängstigen«.
Auch der »Freund Polens« Daniel Fried, Direktor der Europa-Abteilung im US-amerikanischen
Außenministerium, der jahrelang Botschafter in Warschau war, hielt ein Ja zum Raketenschild für
das Beste, was Polen machen könne. Das wiederum wird – wie »Rzeczpospolita« am Dienstag (15. Januar) schrieb – von Philip E. Coyle, dem ehemaligen Unterstaatssekretär, bezweifelt: Die USA-Einrichtung
in dieser Region Europas sei für den Kontinent nicht nur unnütz, sie könnte Polen eines Tages auch
zum Ziel von »Schurkenstaaten« machen.
* Aus: Neues Deutschland, 16. Januar 2008
Zurück zur Polen-Seite
Zu weiteren Beiträgen zum Thema Raketenabwehr, Weltraumwaffen
Zurück zur Homepage