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Hoffnungsschimmer in Manila

Philippinische Regierung schließt Abkommen mit Moro-Befreiungsfront. Aussicht auf Frieden

Von Rainer Werning, Manila *

Edwin Lacierda schien guter Dinge zu sein. »Meine Damen und Herren, wir haben ein Abkommen«, twitterte der Sprecher des philippinischen Präsidenten Benigno Simeon Aquino III. am Samstag nachmittag aus Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur. Unter der Vermittlung der dortigen Regierung war es zum Durchbruch in den langwierigen Verhandlungen zwischen den Vertretern der philippinischen Regierung und Abgesandten der Moro Islamischen Befreiungsfront (MILF) gekommen, die einst für einen unabhängigen Staat in den Südphilippinen gekämpft hatte.

Am 6. Oktober 2012 war in Kuala Lumpur ein 14 Seiten umfassendes Dokument mit dem Titel »Rahmenvereinbarung zu den Bangsamoro« paraphiert worden. Dieses Abkommen zu den Belangen des Moro-Volkes beziehungsweise der Moro-Nation in den Südphilippinen beinhaltet vier Anhänge, die seitdem die beiderseitige Verhandlungsagenda bestimmten. Zu klären waren Fragen von Übergangsmodalitäten, die Aufteilung von Steueraufkommen und politischen Machtbefugnissen sowie schließlich eine Einigung über die Normalisierung. Unter das letzte noch ausstehende Abkommen setzten die Verhandlungsführer beider Seiten, Miriam Coronel-Ferrer für die Regierung in Manila und Mohagher Iqbal für die MILF, am vergangenen Samstag ihre Unterschrift. In Manila wurde der Etappensieg nach insgesamt 43 Verhandlungsrunden mit der einstigen Rebellenorganisation als Durchbruch gefeiert.

Euphorische Stimmung herrschte auch auf Mindanao, der größten südphilippinischen Insel, die lange Jahre Hauptschauplatz blutiger bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen Regierungtruppen (AFP) und den etwa 12500 Kombattanten der Bangsamoro Islamischen Streitkräfte (BIAF) war. »2014 wird für Mindanao als ein Jahr des Friedens in die Geschichte eingehen«, erklärte Mary Ann Arnado, Generalsekretärin des Netzwerks »Mindanao Peoples Caucus«. Patricia Sarenas, Vorsitzende der »Mindanao Coalition of Development NGOs« (MINCODE), einem Zusammenschluß von 12 regionalen Netzwerken von Nichtregierungsorganisationen, bekräftigte ihr verstärktes Engagement für die Schaffung einer Bangsamoro-Regierung, die ab 2016 als autonome Behörde operieren soll.

Die am Wochenende getroffene Vereinbarung ebnet den Weg zur Implementierung eben dieser unabhängigen Regierung. Die Gründung von Bangsamoro hängt nunmehr von der Ausarbeitung eines entsprechenden Grundgesetzes sowie der Zustimmung des Parlaments und einem Plebiszit ab. Bangsamoro soll fünf überwiegend muslimische Provinzen, die bisher die Autonome Region in Muslim Mindanao (ARMM) ausmachten, sowie weitere Gemeinden, Dörfer und Städte in den Provinzen Lanao del Norte, Nordcotabato und Basilan umfassen. Andere Provinzen, Städte und Gemeinden können sich per Volksentscheid Bangsamoro anschließen. Die MILF-Führung hat bereits signalisiert, sich künftig als politische Partei zu konstituieren. Das genaue Prozedere der Entwaffnung ihrer militärischen Einheiten müsse noch festgelegt werden.

Das hören einige ihrer Exkommandeure gar nicht gern. Bereits vor drei Jahren hatten sich frustrierte MILF-Kämpfer unter Führung des einstigen Regionalbefehlshabers Ustadz Ameril Umbra Kato abgespalten und die Bangsamoro Islamische Freiheitsbewegung (BIFM) mit derem bewaffneten Arm, den Bangsamoro Islamischen Freiheitskämpfern (BIFF), gegründet. Ihr Kampf, so betonten Sprecher am Wochenende, gehe unvermindert weiter. Zum Ziel haben sie sich die Schaffung eines islamischen Staates mit einer islamischen Verfassung gesetzt.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 28. Januar 2014


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