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Stinkende Bananen

Im Territorialkonflikt mit den Philippinen blockiert China Obstimporte

Von Thomas Berger *

Offenbar vor dem Hintergrund des Streits zwischen Peking und Manila um das Scarborough-Riff, ein weitgehend versunkenes Atoll im Chinesischen Meer, blockiert die Volksrepublik seit Tagen Obstlieferungen von den Philippinen. Offiziell wurden die Quarantänebestimmungen verschärft, weil Anfang Mai Schädlinge in einer Obstladung gefunden worden sein sollen. Neben Ananas und Papaya sind von den neuen Vorschriften vor allem Bananen betroffen. Im vergangenen Jahr exportierten die Philippinen Früchte im Wert von etwa 470 Millionen Dollar nach China, das damit nach Japan zum zweitwichtigsten Abnehmer geworden ist.

Jetzt dringt in den chinesischen Häfen fauliger Geruch aus unzähligen Obstkisten. Stephen Antig, Chef einer philippinischen Bananenexporteur-Vereinigung, rechnete am vergangenen Wochenende in der Tageszeitung The Inquirer vor, daß seine Branche bis dahin schon einen Verlust von rund 240000 Dollar zu verzeichnen gehabt habe.

Manila vermutet Muskelspiele Pekings im Konflikt um das Scarborough-Riff. Beide Länder erheben Anspruch auf das etwa 150 Quadratkilometer große Terrain, das eine Ansammlung von Riffs und kleinsten Eilanden darstellt. Doch auch Vietnam, Taiwan sowie stellenweise Malaysia und das winzige Fürstentum Brunei mischen in dem Gebietskonflikt mit. Wechselseitig wird dabei zur Stärkung der eigenen Legitimation Jahrzehnte, Jahrhunderte oder beinahe ein Jahrtausend in der Geschichte zurückgegangen.

Aktuell schaukelt sich der Streit jedoch zwischen Peking und Manila hoch. Anfang April entsandte die philippinische Regierung ihr größtes Kriegsschiff zu dem Riff, um die Besatzungen von acht chinesischen Fischerbooten festzunehmen. Das scheiterte jedoch an zwei chinesischen Patrouillenschiffen, die den Bedrängten zu Hilfe eilten. Als Reaktion darauf haben chinesische Reisebüros ihre Touristengruppen von den Philippinen zurückgeholt. Auch mehrere Airlines haben ihre Charterverbindungen auf den Inselstaat gekappt, für den die Chinesen mittlerweile die viertwichtigste Besuchergruppen und den am stärksten wachsenden Markt im Tourismussektor darstellen.

* Aus: junge Welt, Samstag, 19. Mai 2012


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