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Auf dem Weg zur Versorgungssicherheit?

Peruanische Nichtregierungsorganisation betrachtet geplantes Rohstoffabkommen mit Deutschland kritisch


José de Echave ist Wissenschaftler und Ökonom bei der peruanischen Nichtregierungsorganisation Cooperacción. Bis November 2011 war er Vizeminister im Umweltministerium in Lima. Über die geplante Rohstoffpartnerschaft zwischen Deutschland und Peru sprach mit ihm für »nd« Knut Henkel.


Die Rohstoffpartnerschaft zwischen Peru und Deutschland ist weit gediehen. Das Abkommen, welches den Zugang Deutschlands zu peruanischen Rohstoffen wie Kupfer, Blei und Zink vereinfachen soll, ist bereits unterzeichnet. Haben Sie es studieren können und was bringt es den Peruanern?

Ich habe weder in Deutschland noch in Peru bisher jemanden getroffen, der das Abkommen zu Gesicht bekommen hat. Es ist sicher, dass es existiert, aber es wird wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Der Text wurde nicht publiziert, das macht uns Sorgen, denn das Thema geht uns alle an – es fehlt eindeutig an Transparenz.

Das bundesdeutsche Wirtschaftsministerium behauptet, das sei völlig normal bei einem bilateralen Abkommen.

Aus meiner Sicht ist das aber nicht zeitgemäß. Zudem scheint man in Berlin wie in Lima davon auszugehen, dass die Förderung immer weiter ausgebaut wird. Das ist aus unserer Perspektive kein zukunftsweisendes Signal, denn es folgt der Logik des »Immer mehr« und nimmt nicht Bezug auf die gravierenden Konflikte, die es rund um den Bergbau in Kolumbien gibt. Dabei handelt es sich sowohl um Menschenrechtsverletzungen als auch um gravierende Umweltschäden, die durch Bergbauunternehmen verursacht wurden.

Wie viele Konflikte gehen auf den Bergbau zurück?

Laut der Defensoria del Pueblo (peruanische Ombudsstelle) gibt es insgesamt rund 250 Konflikte im Land, wovon die Hälfte auf den Bergbau zurückgeht.

Ist da eine Rohstoffpartnerschaft das richtige Signal?

Nein, das glauben wir nicht. Darüber hinaus fragen wir uns auch, wie Deutschland überhaupt gewährleisten will, dass das Kupfer und die anderen Mineralien und Edelmetalle, die aus Peru kommen und zukünftig vielleicht sogar in größeren Mengen verschifft werden sollen, unter zufriedenstellenden Sozial- und Umweltstandards produziert werden.

Gleichwohl scheint das Abkommen abgestimmt und unterschriftsreif, wenn die neue Regierung in Berlin daran nichts auszusetzen hat.

Ja, das ist auch mein Informationsstand.

Rohstoffpartnerschaften sind ein relativ neues Element bundesdeutscher Außenpolitik und derzeit bereits mit Kasachstan und der Mongolei beschlossen. Bietet Deutschland dabei faire Bedingungen?

Ich kann mich nur an den Abkommen orientieren, die es bisher gibt und die erwecken den Eindruck, dass Deutschland im internationalen Bergbau eine wichtigere, eine aktivere Rolle spielen will. Deutschland scheint Garantien, scheint Versorgungssicherheit anzustreben, gerade weil die Konkurrenz aus China und einigen anderen Ländern stark zunimmt. Zudem heißt es, dass Deutschland eine aktivere Rolle bei der Suche, der Auswertung und der Analyse von Rohstoffvorkommen einnehmen will.

Darunter ist hauptsächlich der Ausbau wissenschaftlicher Aktivitäten zu verstehen?

Ja, denn deutsche Bergbauunternehmen gibt es ja nicht. Die Rohstoffpartnerschaften sind Ausdruck des Wunsches mehr Zugriff auf Bodenschätze zu haben, sie atmen quasi den Geist der Rohstoffsicherung. Dabei wird zwar auch darauf hingewiesen, dass die Sozialstandards verbessert werden sollen und dass man auf die Einhaltung der Menschenrechte Wert legt, aber im Mittelpunkt steht etwas vollkommen anderes.

Ich betrachte diese Abkommen im Kontext einer Architektur, die auf Freihandelsabkommen und Investitionsschutzabkommen basiert und in erster Linie dem Gedanken des Freihandels Rechnung trägt. Ich denke, dass derartige Abkommen in erster Linie die Interessen der Investoren verfolgen. Wenn die rohstoffreichen Staaten die Verträge verletzen, dann drohen ihnen schnell internationale Klagen.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 11. Dezember 2013


Deutschlands Modell der Rohstoffsicherung

Rohstoffpartnerschaften sind ein neues und wichtiger werdendes Element der Rohstoffstrategie der Bundesregierung: Kooperationsabkommen mit Kasachstan und der Mongolei sind in Kraft und gerade wurde in Ulan Bator eine deutsch-mongolische Hochschule für Bergbau und Technologie im Rahmen der seit dem 13. Oktober 2011 laufenden Rohstoffpartnerschaft gegründet. Im Bereich der Umwelt- und Bergbautechnik, aber auch bei Recycling und Aus- und Weiterbildung sieht die deutsche Entwicklungspolitik Ansatzpunkte für die Zusammenarbeit mit rohstoffreichen Ländern. Die sind angesichts knapper werdender Ressourcen in den Fokus der bundesdeutschen Rohstoffpolitik geraten, denn seit ein paar Jahren sorgen sich Deutschlands große Industrieunternehmen um die Versorgung mit Rohstoffen. Auf die besteht kein direkter Zugriff, denn anders als in China, den USA, Kanada oder Großbritannien gibt es in Deutschland keine nennenswerte Bergbauindustrie.

Also muss nach Alternativen gesucht werden, um die Versorgung mit Rohstoffen zu gewährleisten. Dabei wird zweigleisig gefahren. Auf politischer Ebene ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie federführend. Das hat derzeit sieben Länder im Visier, mit denen Partnerschaften unterzeichnet werden sollen. Neben den Verträgen mit Kasachstan und der Mongolei soll es verbindliche Absprachen mit Chile geben und die Unterzeichnung der Rohstoffpartnerschaft mit Peru ist bis ins kleinste Detail vorbereitet. Der Text ist unterschriftsreif und muss nur noch von der neuen Bundesregierung gut geheißen werden, so ist aus dem Wirtschaftsministerium zu hören.

Weitere potenzielle Partner sind Südafrika, Sambia und Namibia. Kritiker monieren, dass die Rohstoffpartnerschaften rein ökonomischen Kriterien folgen und auch mit autokratischen Regierungen wie jener in Kasachstan abgeschlossen werden. Parallel bemüht sich die Industrie, über die Rohstoffallianz direkte Lieferverträge mit Bergbauunternehmen und Minen abzuschließen. kh




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