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Schürfen, aber fair!

Genossenschaftsprojekte wollen den Goldabbau umweltverträglicher und sozialer gestalten

Von Knut Henkel *

In vielen Konsumbereichen steigen die Angebote fair gehandelter und ökologisch produzierter Waren. Beim Gold war das bisher noch nicht so, aber das könnte sich ändern.

Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der Menschen, die auf eigene Faust oder in kleinen Gruppen nach Gold und anderen Edelmetallen schürfen. Weltweit wird ihre Zahl auf 25 Millionen Menschen geschätzt. Peru und die Demokratische Republik Kongo sind zwei Länder, in denen der Run auf das gelbe Metall besonders vehement ist. Wie lässt sich der informelle Bergbau kanalisieren, wie Umwelt- und Sozialstandards implementieren? Fragen die von Experten und Betroffenen kürzlich auf einer Tagung in Bonn diskutiert wurden.

»Das zertifizierte Schürfen wäre für mich und meine Genossen eine echte Alternative«, erklärt Armando Carpio und lächelt optimistisch. Der Mann von Ende vierzig ist Goldgräber. Im peruanischen Amazonasgebiet schürft er gemeinsam mit zwanzig Genossen nach dem gelben Metall. So wie viele andere in der Region von Madre de Dios. Aber die Asociación Apaylom funktioniert etwas anders, so Pedro Morazán vom Siegburger Südwind Institut. Der Sozialwissenschaftler war kürzlich in Peru und hat dort eine Studie zu den Chancen und Problemen von kleinen Genossenschaften im Bergbau des Landes erstellt. »Mir haben die zuständigen Stellen erklärt, dass die Genossenschaft eben nicht den nahen Wald abholzt, sondern ihn bewahrt, kein Quecksilber einsetzt und ressourcenschonend Gold schürft. Sie gelten als Wächter des Regenwaldes in der Region«, so Morazán am Rande der Fachtagung über Kleinschürfer und die Aussichten, Sozial- und Umweltbedingungen im Goldbergbau zu verbessern.

Und die stehen gar nicht so schlecht, so die Fachleute, denn immerhin seien die ersten vier Genossenschaften im Goldbergbau zertifiziert, so Gemma Cartwright von Fairtrade London. Zwei weitere Minen sollen noch in diesem Jahr dazukommen, so dass sich langsam ein neues Instrument abzeichnet, dass geeignet sein könnte kleinen Genossenschaften Perspektiven auf dem Markt zu eröffnen. Faires und ökologisches, sprich ohne den Einsatz von Chemikalien gewonnenes, Gold hat Perspektiven auf dem Markt. Das zeigt auch die allgemein steigende Nachfrage nach fair und ökologisch produzierten Produkten - vom Lebensmittel bis zur Jeans.

»Gold, ob als Münze geprägt oder als kleiner Barren für das Depot, ist aber vollkommen neu als Fair Trade Ware«, so Andreas W. Korth, Anlageberater beim Good Growth Institut für soziale und nachhaltige Geldanlagen. »Das ist Neuland und um fair und/oder ökologisch produziertes Gold im Markt zu positionieren, benötigt man Masse«, so der Experte. Er tendiert dazu, oben in der Kette zu beginnen und einen der großen Bergbaukonzerne wie Barrick Gold Corporation oder Newmont Mining dazu zu animieren, die Produktion neu zu gestalten. Einen Imagegewinn könnten sich die großen Konzerne in jedem Fall davon versprechen und ein Leuchtturmprojekt würde den Markt in Bewegung setzten.

Doch so weit ist man noch lange nicht. Aber immerhin können Konsumenten in Deutschland inzwischen ihre Eheringe und manchmal auch noch mehr aus fairem Gold ordern. So zum Beispiel beim Hamburger Goldschmied Jan Spille. Der bezieht »faires Gold« aus Argentinien, von der EcoAndina. Die genossenschaftliche Mine hat er im Januar mit dem Münsteraner Geologen Thomas Siepelmeyer besucht und sich davon überzeugt, wo sein Gold herkommt, für das er rund acht Prozent mehr ausgibt. »Ohne Quecksilber und Zyanide kommt man dort aus und auch verkehrstechnisch ist die Mine gut zu erreichen«, erklärt Pionier Siepelmeyer, der vor zehn Jahren begonnen hat, diese Kooperation einzufädeln.

Ein Beispiel dafür, dass es auch anders geht, denn Spille ist nicht der einzige Goldschmied, der wissen will, woher sein Gold kommt. Mindestens dreißig Goldschmiede gibt es in Deutschland, die ihr Gold von der EcoAndina, der kolumbischen Oro Verde oder der peruanischen Santa Filomena beziehen, die allesamt Gold unter etwas anderen Bedingungen produzieren - eben fair und ressourcenschonend. Ansätze, die recht neu sind, auf dem Markt noch kaum eine Rolle spielen; die aber zeigen, dass es auch anders geht. Ähnliches will nun auch Armando Carpio mit seinen Genossen aufbauen und hofft auf internationale Unterstützung.

* Aus: neues deutschland, 14. März 2012

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