Handeln gegen Hugo
US-Senat gibt grünes Licht für Wirtschaftsabkommen mit Peru. Gegengewicht zu Venezuela soll geschaffen werden
Von Harald Neuber *
Mit einem selten deutlichen Abstimmungsergebnis hat der US-Senat am Dienstag nachmittag (4. Dezember) ein Freihandelsabkommen mit Peru bestätigt. Es ist der zweite Handelsvertrag der USA in Südamerika neben einer ähnlichen Vereinbarung, die 2005 mit Chile unterzeichnet worden war. Im US-Senat stimmten 77 Mitglieder für den Freihandel mit Peru, es gab 18 Gegenstimmen. Das derzeitige Handelsvolumen zwischen beiden Staaten beträgt rund zehn Milliarden US-Dollar. Alan García, der Präsident des südamerikanischen Landes, feierte die Zustimmung als »Anerkennung der Stärke« Perus.
Es ist das erste Abkommen, das den US-Senat passiert, seit die Demokratische Partei im Januar dort die Mehrheit erobern konnte. Die Demokraten hatten seither auf eine Stärkung von Arbeitsrechten und Umweltschutz im Freihandel bestanden. Ein zweites Abkommen, das mit dem kolumbianischen Präsidenten Álvaro Uribe geschlossen werden soll, verhindert die Oppositionspartei nach wie vor. Sie will zunächst Klärung über Vorwürfe, nach denen das Uribe-Regime in Menschenrechtsverbrechen verwickelt sein soll.
Trotz der Nachbesserungen auf Druck der Demokraten stieß das nun vereinbarte Abkommen in beiden Vertragsstaaten auch auf Ablehnung. Der demokratische US-Senator Sherrod Brown kritisierte die Handelskooperation ebenso wie sein unabhängiger sozialistischer Kollege Bernie Sanders aus Vermont. Für Brown handelt es sich lediglich um eine »schlechte Kopie« des Nordamerikanischen Freihandelsvertrags (NAFTA), der 1994 zwischen den USA, Kanada und Mexiko geschlossen worden war. Besonders in Mexiko hatte es verheerende Auswirkungen auf die Agrarwirtschaft, weil der Markt nach dem Fall der Handelsbarrieren von Billigwaren aus den USA überschwemmt wurde. Ähnliches befürchtet nun die linksoppositionelle »Nationalistische Partei Perus« (PNP), deren Vorsitzender Ollanta Humala der venezolanischen Regierung nahesteht. In einem Kommuniqué warnten sie nun vor negativen Folgen auch in ihrem Land. Präsident García warfen sie zudem vor, seine Wähler belogen zu haben. Im Wahlkampf 2006 hatte der rechte Sozialdemokrat sich noch gegen den US-Freihandel positioniert – anscheinend, um seinem linken Widersacher und PNP-Vorsitzenden Humalla Stimmen abzunehmen.
Nicht nur die Debatte in Peru liefert ein Indiz für die politischen Hintergründe des Freihandels. Nachdem der US-Senat dem Vertrag mit Lima am Dienstag zugestimmt hatte, wies der Vertreter der regierenden Republikanischen Partei Charles Grassley auf die außenpolitische Stoßrichtung hin: Man habe das Abkommen zu einem Zeitpunkt geschlossen, »zu dem Lateinamerika immer mehr gespalten ist«. Verantwortlich dafür sei der venezolanische Präsident Hugo Chávez. Dieser tritt seit Jahren vehement gegen den neoliberalen Freihandel der USA auf, um etwa mit der »Bolivarischen Alternative für Amerika« ein Gegenmodell zu bewerben. Darauf nahm Grassley bezug: »Wir müssen Ländern wie Peru helfen, damit sie sich nicht Venezuela annähern«.
Natürlich ist das auch die Linie des Weißen Hauses. Die Verabschiedung des Abkommens mit Peru, hieß es dort, sei »eine deutliche Botschaft, daß wir denen zu helfen bereit sind, die unsere Werte von wirtschaftlicher Freiheit und Demokratie teilen«. Zugleich forderte Präsident George W. Bush die demokratische Mehrheit im Kongreß auf, auch dem Abkommen mit Kolumbien zuzustimmen. Eine weitere Blockade des Vertrags komme der »Destabilisierung der Region« gleich.
* Aus: junge Welt, 6. Dezember 2007
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