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Auf dem Weg nach Lima

Peru: Nach zehn Tagen »Marsch für das Wasser« nähern sich Tausende der Hauptstadt

Von Anne Grit Bernhardt, Cajamarca *

In der nordperuanischen Küstenstadt Casma ertönte am Mittwoch (8. Feb.) lautstark der Slogan »Wasser statt Gold!«. Es ist der achte Tag des Protestmarsches gegen das gigantische Gold- und Kupferminenprojekt »Minas Conga«, das die Lebensgrundlagen Tausender Menschen in Cajamarca im peruanischen Andenhochland bedroht. Tausende Demonstranten hatten sich dort am 1. Februar teils zu Fuß, teils auf Lastwagen mit Megaphonen und Plakaten auf den Weg gemacht.

Perus Präsident Ollanta Humala will trotzdem weiter nicht auf die Forderungen der Umweltschützer eingehen. »Minas Conga« sei beschlossene Sache, und gesetzlich könne man das Projekt nicht mehr stoppen, erklärte er mehrfach. Dem widerspricht der Vizepräsident von Cajamarcas Regionalregierung, César Aliaga: »Das ist keine unveränderliche Sache. Unser Rechtssystem läßt zu, daß Projekte neu diskutiert und ausgewertet werden, wenn sie auf ungerechte Weise zustande kamen.« Die Lokalverwaltung liegt mit der Zentralmacht in Lima seit Beginn der Proteste im November 2011 im Streit. Jetzt hat die Regionalregierung ein Dekret erlassen, das den Bergbau in wichtigen Wassereinzugsgebieten verbietet und somit regionalgesetzlich »Minas Conga« unmöglich macht. Lima will diese Verordnung jedoch für unwirksam erklären. Aliaga beharrt hingegen auf der Gültigkeit des Dekrets: »Es gibt zahlreiche Normen, die die Regionalregierungen dazu ermächtigen, ihre eigene nachhaltige Entwicklung zu planen. Deswegen hat sie die Kompetenz, das Projekt Conga für nicht machbar zu erklären.«

Auch in anderen Regionen mobilisiert man für den Protest, der am Freitag in einer Großkundgebung in Lima münden soll. Der peruanischen Ombudsstelle für Menschenrechte zufolge sind mehr als 70 Prozent der Umweltkonflikte in Peru auf Bergbautätigkeiten zurückzuführen. Allein im vergangenen Jahr wurden 103 Konflikte gezählt, die von Bergbau- und Erdölfördertätigkeiten ausgelöst wurden. Schon im Jahr 2009 waren 15 Prozent des Landes an Bergbaufirmen konzessioniert. 60 Prozent der Export­erlöse Perus gehen auf den Bergbau zurück, dieser macht jedoch nur sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus

Dazu kommt die enorme Umweltzerstörung zu Lasten der Lebensqualität der Bevölkerung. So gehört die zentralperuanische Stadt La Oroya, die von einer Metallhütte dominiert wird, nach Angaben des Blacksmith Institute aus New York zu den zehn schmutzigsten Städten der Welt. 99 Prozent aller Kinder in La Oroya weisen viel zu hohe Bleiwerte im Blut auf. Der Fluß Mantaro, in den die Abwässer der Metallhütte geleitet werden, ist eine stinkende, tote Brühe. Und so haben sich auch aus dieser Stadt Hunderte Demonstranten dem Marsch für das Wasser angeschlossen.

* Aus: junge Welt, 10. Februar 2012


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