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Bedrohte Helfer

Im peruanischen Cajamarca werden Spenden für die Opfer der Polizeigewalt gesammelt

Von Anne Grit Bernhardt, Cajamarca *

Wilson Malaver Acuña sieht die Bilder noch genau vor sich: »Wir waren an den Seen, als die Polizei uns mit Tränengasgranaten attackierte. Wir wollten sehen, was los ist, warum sie uns angreifen, aber das Gas brannte in den Augen, ließ sie tränen, raubte uns den Atem. Dann begann die Polizei, mit ihren Waffen auf uns zu schießen, nicht mit Gummikugeln, sondern mit echten.« Auf eine Krücke gestützt nahm er am vergangenen Freitag in der Provinzhauptstadt Cajamarca im Norden Perus am ersten Benefizkonzert für die während der Auseinandersetzungen um ein Goldminenprojekt verletzten Demonstranten teil. »Ich wurde von einer Kugel getroffen. Ich verlor sehr viel Blut. Andere Demonstranten kamen und legten mich auf einen Poncho, um mich in die Stadt zu bringen. Da sah ich, daß die Polizei auf einen meiner Helfer schoß. Er blutete, und trotzdem half er mir«, erzählt Wilson, den Tränen nahe. »Als ich in Cajamarca im Krankenhaus ankam, fehlte mir sehr viel Blut. Ich war in einem sehr schlechten Zustand. Doch dank der Hilfe solidarischer Compañeros, die mich mit allem versorgten, was ich brauchte, kann ich heute wieder laufen. Noch bin ich nicht ganz gesund, aber es geht mir schon viel besser. Und ich bin bereit, wieder zu den Bergseen zu gehen und weiter zu kämpfen, um diese Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu verhindern.«

Seit Wochen bemüht sich eine Gruppe engagierter Cajamarquinos um Hilfe für die verwundeten Compañeros, die am 29. November von der Polizei an den vom Bergbauprojekt Minas Conga bedrohten Bergseen Azúl, El Perol und Cortada attackiert worden waren. Drei der damals Verletzten befinden sich noch immer in einem Krankenhaus in Lima und warten auf ihre Operationen. Diese kosten mehrere tausend Euro, die sie allein nicht aufbringen können. »Wir organisieren Sammlungen in Cajamarca, aber das bringt nicht viel Geld. Daher haben wir nun ein Benefizkonzert mit cajamarquinischen Künstlern veranstaltet«, berichtet die Lehrerin Ana Bueno, die sich in der Solidaritätsgruppe engagiert, gegenüber jW. Es war das erste von vielen, die nötig sein werden, um die Behandlungskosten decken zu können.

Doch nicht alle sind mit dieser Hilfe einverstanden. Als sie die Veranstaltung im Stadtamt anmelden wollten, legte die Behörde den Unterstützern viele Steine in den Weg. Bueno erzählt sogar von einer Drohung: »Ein Mann rief mich auf meinem Handy an und sagte: ›Sie sind noch viel zu jung, um sich mit Conga anzulegen. Sie könnten Ihren Job gefährden, oder vielleicht sogar Ihr Leben.‹ Ich sagte: ›Ich bin so jung nicht mehr und habe kein schlechtes Gewissen bei dem, was ich mache.‹« Sie lächelt, doch ihr Lächeln verrät die Sorgen. Später, nach dem Konzert, umarmt Wilson Ana und dankt ihr. »Mein Wunsch ist es, daß auch die anderen wieder laufen können«, sagt er und fügt hinzu: »Meine ersten Krücken habe ich schon der Mutter von Carlos Chávez gegeben, damit dieser noch mehr motiviert ist, schnell gesund zu werden. Mir reicht diese einfache Krücke hier, und bald werde ich die auch nicht mehr brauchen.« Carlos fehlen wegen der erlittenen Schußverletzung zehn Zentimeter Knochen. Die Wiederherstellung von einem Zentimeter Knochen kostet 500 Dollar. Und so muß die Solidaritätskampagne weitergehen.

Spendenkonto: Anne Bernhardt (Kontoinhaberin); Betreff: Spende Cajamarca; Kontonummer: 4503432821; Bankleitzahl: 16050000 (Sparkasse Potsdam)

* Aus: junge Welt, 26. Januar 2012


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