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Monsanto steht auf der Gewinnerseite

Nach dem kalten Putsch in Paraguay wird der Weg für den massiven Einsatz der Gentechnik frei gemacht

Von Jürgen Vogt, Buenos Aires *

Paraguays Landwirtschaftsbehörden legalisieren den Einsatz der Gentechnik in großem Maßstab. Die durch einen kalten Putsch an die Macht gekommene Regierung Federico Franco räumt die Hürden aus dem Weg.

Obwohl bisher nur eine genmanipulierte Saatgutsorte der ersten technisch-veränderten Generation bei Soja und Mais zugelassen ist, versorgen sich Paraguay Landwirte unkontrolliert schon lange aus den Nachbarstaaten mit höherentwickelten Samenkörnern. Bis Ende des Jahres soll der Einsatz einer neuen Gen-Saatgutsorte bei Soja und Baumwolle der zweiten Generation und fünf Maissorten zugelassen werden.

Besonders beim Mais drängen die Saatguthersteller Monsanto, Syngenta und Dow Chemical mit Macht auf die Zulassung ihres gentechnisch veränderten Saatguts. Monsanto ist mit seinem Mais »VT3 Pro« bisher am weitesten vorangekommen. Am 6. August erteilte das Gesundheitsministerium die Zulassung des Gen-Mais für den menschlichen Verzehr. Jetzt geht der Antrag weiter zur Comisión Nacional de Bioseguridad (Combio) und von dort zum Landwirtschaftsministerium. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis Gen-Mais in Paraguay erstmals offiziell zu gelassen wird.

Auf 700 000 Hektar produziert Paraguay 3,1 Millionen Tonnen Mais mit traditionellem Saatgut. Als Exporteur liegt Paraguay immerhin an neunter Stelle der Weltrangliste. Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Bereits heute wird rund die Hälfte der Maisernte mit gentechnisch verändertem Saatgut produziert, so Tomás Zayas von der ASAGRAPA, dem Verband der Landwirte im Bezirk Alto Paraná. Das Saatgut ist leicht über die grünen Grenzen ins Land zu schmuggeln.

»Bald kann Monsanto sein Saatgut legalisieren und in aller Ruhe weiter expandieren«, so Zayas. Und Paraguays Kleinbauern befürchten, dass sich mit der Legalisierung die Kontaminierung ihres traditionellen Saatguts durch genmanipuliertes beschleunigt und sie ungewollt in die Abhängigkeit der Saatgutfirmen geraten. Genmanipulierter Mais kann im Gegensatz zu gentechnisch verändertem Soja oder Weizen nicht wieder als Saatgut verwendet werden.

»Mais ist das Fundament der Ernährung unserer Bevölkerung«, sagt Zayas. »Das ist ein Anschlag auf die Kultur der Indígenas und Campesinos und ihre Nahrungsmittelsouveränität.« Die Indígena- und Campesino-Organisationen haben denn auch schon Widerstand angekündigt. Noch wird über das wie beraten, spätestens im September soll die Protestwelle anrollen.

Gegen den kleinbäuerlichen Protest von unten setzen die großen Produzenten auf die Durchsetzung von oben. Bestes Beispiel ist wiederum Monsanto. Nachdem Anfang Juli Monsantos MON531-Bollgard-Baumwolle endlich in das Register der staatlichen Samenbehörde Senave aufgenommen wurde, begann das große Lamento. Das entsprechende Saatgut gebe es in der Region gar nicht zu kaufen. Lediglich weiter entwickeltes aber nicht zugelassenes Saatgut wäre aus den Nachbarländern Brasilien und Argentinien zu importieren. Jetzt droht die Hälfte der vorgesehenen Aussaat wegzubrechen.

Landwirtschaftsminister Enzo Cardozo hat bereits signalisiert, die Zulassung Bollgard II in Kürze unterschreiben zu wollen. Mit alldem würde sich Paraguay im Prozess der Gentechnisierung der südamerikanischen Agrarproduktion hinten anstellen. Die Mitte-links Regierungen der Nachbarstaaten Argentinien, Uruguay und Brasilien sind mit ihrer Zulassungspraxis der rechten Regierung in Paraguay weit voraus.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 21. August 2012


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