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Palästinenser: Diebstahl Israels

Empörung über Strafmaßnahmen / Nahostgespräche kommen nicht voran *

Als Reaktion auf den Antrag Ramallahs auf einen Beitritt zu 15 internationalen Verträgen hat Israel weitere Strafmaßnahmen gegen die Palästinenser beschlossen.

Wie ein israelischer Regierungsvertreter sagte, sollen unter anderem die von Israel für die Palästinensische Autonomiebehörde eingesammelten Steuern eingefroren werden. Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat warf Israel daraufhin »Diebstahl« vor.

Israel will nicht nur die Steuern einbehalten, sondern auch seine Beteiligung an der Erschließung eines Gasfelds vor dem Gaza-Streifen aussetzen. Zudem will das Land die Bankeinlagen von Palästinensern in palästinensischen Finanzeinrichtungen deckeln. Die Palästinenser reagierten empört. Mit den Sanktionen stehle Israel das Geld der palästinensischen Bevölkerung, erklärte Erakat. Es handele sich um »einen Bruch internationaler Rechte und Normen« durch Israel.

Die Vereinten Nationen bestätigten unterdessen die Annahme von palästinensischen Anträgen zum Beitritt zu 13 internationalen Konventionen und Verträgen. Der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur habe die Anträge am 2. April im Hauptquartier in New York ordnungsgemäß übergeben, teilte ein UN-Sprecher mit. Die Palästinensische Autonomiebehörde bemühte sich außerdem bei der Schweiz um den Beitritt zur vierten Genfer Konvention über den Schutz von Zivilisten in Kriegszeiten und besetzten Gebieten. Bei den Niederlanden fragten die Palästinenser an, der Haager Landkriegsordnung von 1907 beitreten zu können.

Die stärkste Bedeutung für den Nahost-Konflikt hat die vierte Genfer Konvention, die auch die Pflichten von Besatzungsmächten regelt. Diese im August 1949 unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs getroffene Übereinkunft wird heute von 195 Staaten unterstützt. Mitunterzeichner Israel hat immer abgelehnt, dass diese Konvention »de jure« auf die eroberten Palästinensergebiete und die Golanhöhen anwendbar ist. Es sicherte 1967 aber zu, die dort definierten humanitären Regeln »de facto« zu befolgen.

Die Gespräche mit Israel über eine Verlängerung der Nahost-Friedensgespräche kommen nach palästinensischen Angaben nicht voran. »Berichte über Fortschritte sind unbegründet und die Kluft zwischen beiden Seiten ist immer noch tief«, zitierte die Zeitung »Al-Ayam« Unterhändler Erekat. Er äußerte sich nach einem Treffen mit Israels Verhandlungsführerin Zipi Livni und dem US-Sondergesandten Martin Indyk.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 12. April 2014


Strafmaßnahmen gegen Palästina

Israel zahlt Gelder an Autonomiebehörde nicht aus. Friedensgespräche in Jerusalem fortgesetzt

Von Karin Leukefeld **


Unter Vorsitz des US-amerikanischen Gesandten Martin Indyk, wurden am Donnerstag in Jerusalem die israelisch-palästinensischen Verhandlungen für einen Friedensvertrag fortgesetzt. Die Palästinenser wurden durch den Chefunterhändler Saeb Erekat vertreten, die israelische Regierung von Justizministerin Tzipi Livni. Ebenfalls dabei waren der palästinensische Geheimdienstchef Majed Farah und Yitzhak Molcho, der als Vertrauter von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gilt.

Gleichzeitig hat die israelische Regierung ihre angekündigten Strafmaßnahmen gegen die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) in Kraft gesetzt. 80 Millionen Euro Steuergelder, die die israelische Besatzungsmacht für die PA kassiert, sollen zunächst nicht ausgezahlt werden, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Maan News unter Berufung auf namentlich nicht genannte israelische Regierungsstellen. Außerdem hat Tel Aviv die Kooperation bei der Erkundung eines Gasfeldes im Mittelmeer vor der Küste des Gazastreifens ausgesetzt und palästinensische Bankkonten gesperrt.

Chefunterhändler Erekat beschuldigte Israel »das Geld der Palästinenser zu stehlen«. Israel wolle sich an den Palästinensern rächen, weil sie »als Staat internationalen Verträgen« beitreten wollten. Die Autonomiebehörde hatte ihr internationales Engagement bei den Vereinten Nationen wieder aufgenommen und so darauf reagiert, daß eine vierte Gruppe von palästinensischen Gefangenen nicht freigelassen worden war – anders als von der US-Administration als Voraussetzung für erneute Friedensgespräche vereinbart. Israel erklärte dagegen, man habe zu den Strafmaßnahmen gegriffen, weil die PA ihre Verpflichtung gegenüber Israel gebrochen habe, das staatliche Aufnahmeprocedere bei den Vereinten Nationen für die Dauer der Friedensverhandlungen auszusetzen. US-Außenminister John Kerry hatte in einem Rahmenvertrag eine Einigung beider Seiten für den 29. April vorgesehen.

Israelische Medien berichteten erneut, daß die US-Administration angeblich plane, den seit 29 Jahren in den USA inhaftierten israelischen Spion Jonathan Pollard freizulassen, wenn die Netanjahu-Regierung im Gegenzug die vierte Gruppe palästinensischer Gefangener übergebe. US-Außenamtssprecherin Jen Psaki wies diese Darstellung als unzutreffend zurück. Über eine Freilassung des in den USA geborenen Pollard könne nach 30 Jahren Haftzeit entschieden werden. Pollath war 1987 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, weil er geheime US-Informationen über arabische und pakistanische Waffensysteme an Israel weitergegeben hatte.

Der israelische Wirtschaftsminister Naftali Bennet hatte am Mittwoch die Gespräche für gescheitert erklärt. Er forderte Ministerpräsident Netanjahu auf, palästinensische Gebiete in der Westbank zu annektieren, auf denen große israelische Siedlungsblocks errichtet worden waren. Bennet führt die national-religiöse Partei »Jüdisches Heim«, die der Siedlerbewegung nahesteht. Die Siedlungen seien »Gebiete, die sich einer breiten nationalen Zustimmung erfreuen«. Am Donnerstag kündigten israelische Militär- und Behördenvertreter die Konfiszierung privaten palästinensischen Bodens südlich von Bethlehem (Westbank) an. Ismail Issa, stellvertretender Bürgermeister des Ortes Al-Khader berichtete Maan News, daß die Israelis gelbe Plakate mit der Aufschrift »Staatliches Eigentum, betreten verboten« aufgehängt hätten. Auf Flugblättern hieß es, die Entscheidung könne innerhalb von 45 Tagen angefochten werden.

** Aus: junge Welt, Samstag, 12. April 2014


Eine Karte für den Staat Palästina

Abbas unter Bedingungen zu weiteren Nahostfriedensgesprächen bereit ***

Ende April sollen die Nahostgespräche beendet sein. Es sei denn, Israel und die Palästinenser einigen sich noch auf eine Verlängerung. Palästinenserpräsident Abbas macht neue Vorschläge.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist einem Zeitungsbericht zufolge unter Bedingungen zu einer Verlängerung der Ende April auslaufenden Friedensverhandlungen mit Israel bereit. Die Regierung in Jerusalem müsse aber zusichern, dass das Ziel solcher Gespräche ein Palästinenserstaat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt ist, berichtete die Londoner Zeitung »Al-Sharq Al-Awsat« am Donnerstag unter Berufung auf Abbas. Unbestätigten Berichten zufolge wollten sich die Unterhändler beider Seiten, Saeb Erekat für die Palästinenser und Zipi Livni für Israel, am Donnerstag erneut treffen.

Abbas sagte, er könne sich eine Verlängerung der Gespräche mit Israel um zunächst drei Monate vorstellen. Während dieser Frist sollten sich die Parteien allein auf die Festlegung der Grenzen eines künftigen Palästinenserstaates konzentrieren. »Wenn wir am 1. Mai anfangen, können wir uns drei Monate Zeit lassen und nur auf ein Thema konzentrieren und die anderen (Streitpunkte) später behandeln«, sagte Abbas. »Entscheidend ist für uns, dass wir eine Karte bekommen mit den Grenzen Palästinas und dass der Siedlungsbau komplett eingestellt wird.« Voraussetzung sei jedoch, dass Israel die eigentlich schon Ende März fällige Freilassung der letzten Gruppe von insgesamt 104 palästinensischen Langzeithäftlingen nachhole, betonte Abbas. Er hatte vergangene Woche den diplomatischen Kampf für einen eigenen Staat wieder aufgenommen. Israel sagte die Häftlingsfreilassung daraufhin ab und schränkte die Kontakte zur palästinensischen Autonomiebehörde von Abbas in Ramallah stark ein.

Rechtsgerichtete Mitglieder der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderten dagegen einen Abbruch der Gespräche. Wirtschaftsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei forderte die Annexion von Teilen des Westjordanlandes.

*** Aus: neues deutschland, Freitag, 11. April 2014


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