Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Israel beharrt auf Siedlungen

Obama appelliert an Tel Aviv. Netanjahu stellt Washington Bedingungen

Von Karin Leukefeld *

Israel soll Bau und Ausbau seiner Siedlungen im besetzten Westjordanland stoppen, forderte US-Präsident Barack Obama am Donnerstag (Ortszeit) in Washington. Tel Aviv habe sich dazu mit dem Friedensplan 2003, der »Straßenkarte zum Frieden« (Roadmap) verpflichtet und müsse sich daran halten, so Obama anläßlich des Besuchs von Mahmud Abbas, des palästinensischen Präsidenten.

Die etwa 120 Siedlungen Israels mit ihren 500000 Bewohnern in den 1967 besetzten palästinensischen Gebieten sorgen derzeit für Spannungen zwischen Washington und der rechten Regierung von Benjamin Netanjahu. Nach internationalem Recht sind die Siedlungen illegal, und auch US-Außenministerin Hillary Clinton hatte schon am Tag vor dem Besuch von Abbas erklärt, Washington wolle »keine Siedlungen, keine Vorposten und auch keine Ausnahmeregelungen für natürliches Wachstum von Siedlungen« mehr sehen.

Doch Israel hat nicht vor, den Zustand zu ändern, wie Regierungssprecher Mark Regev am Donnerstag in Jerusalem deutlich machte. In den Siedlungen müsse das Leben wie bisher weitergehen, erklärte Regev, und dazu gehöre eben auch der Ausbau. Dieser sei notwendig, um der wachsenden Bevölkerung genügend Wohnraum zu verschaffen. Das Beharren auf dieser Position deutet darauf hin, daß Tel Aviv keine Sanktionen seitens der USA oder Europas erwartet. So erklärte Jacob Dayan, Generalkonsul Israels in Los Angeles, gegenüber Al Dschasira International, »die USA ist unser strategischer und engster Verbündeter«; er halte eine Bestrafung für ausgeschlossen.

Premier Netanjahu zeigte sich derweil gegenüber den Abgeordneten seiner Likud-Partei bereit, zwar nicht die Siedlungen, wohl aber die »Vorposten« auf besetztem palästinensischen Boden aufzugeben. Medienberichten zufolge verknüpfte Netanjahu deren Räumung allerdings mit der Forderung nach US-Unterstützung für einen möglichen israelischen Militärschlag gegen Iran. Er habe die Gefahr erkannt, darum sei er »zu unpopulären Schritten bereit, wie der Räumung der Vorposten«, meinte Netanjahu nach einem Bericht des israelischen Massenblatts Yediot Aharonot am Freitag. Man müsse den USA entgegenkommen, um die Beziehungen nicht zu gefährden. Die Prioritäten müßten an den »existentiellen Erfordernissen ausgerichtet werden.« Netanjahu: »Die iranische Gefahr steht an erster Stelle.«

* Aus: junge Welt, 30. Mai 2009

Minister: Siedlungsbau im Westjordanland geht weiter

Likud-Politiker Katz weist US-Forderung zurück **

Jerusalem - Ungeachtet des Drucks der US-Regierung will die israelische Regierung nach Angaben von Verkehrsminister Israel Katz am Siedlungsbau im besetzten Westjordanland festhalten. Einen Siedlungsstopp werde es nicht geben, bekräftigte der Likud-Politiker und enge Vertraute von Regierungschef Benjamin Netanyahu am Sonntag im israelischen Armeerundfunk. "Ich will es sehr deutlich sagen, dass es die israelische Regierung gegenwärtig niemals akzeptieren wird, dass die legale Besiedlung in Judäa-Samaria eingestellt wird", erklärte Katz. Er spielte damit auf den Ausbau von 120 Siedlungen an, der behördlich genehmigt wurde. Die Regierung hatte lediglich ihre Bereitschaft erklärt, rund hundert ohne Genehmigung errichtete sogenannte Außenposten räumen zu lassen.

USA fordern Stopp

Die USA fordern von Israel einen totalen Siedlungsstopp und lehnen eine Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Siedlungen ab. Alle Siedlungen sind völkerrechtswidrig: Die Vierte Genfer Konvention legt fest, dass Besatzungsmächte Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerungen nicht in besetzte Gebiete umsiedeln dürfen. Nach Angaben des israelischen Zentralbüros für Statistik ist die Zahl der Siedler in Westjordanland um 4,9 Prozent auf 289.600 angestiegen; im Vorjahr waren es noch 276.100. Ein Bericht der israelischen Friedensorganisation Shalom Ahshav (Peace now - Frieden jetzt) ergab, dass Israel den Ausbau bestehender jüdischer Siedlungen im vergangenen Jahr um 60 Prozent gesteigert hat.

Israel hätte bei Einhaltung des vom Nahost-Quartett (USA, UNO, EU, Russland) aufgestellten Friedensfahrplans ("Roadmap") den Bau und Ausbau von Siedlungen auf besetztem Gebiet komplett stoppen und rund hundert "Außenposten" beseitigen müssen. Für neue Spannungen sorgen israelische Pläne, erstmals seit mehr als 26 Jahren eine neue Siedlung im Jordantal zu errichten.

Katz ist das erste israelische Regierungsmitglied, das nach den deutlichen Worten von US-Präsident Barack Obama und US-Außenministerin Hillary Clinton in der vergangenen Woche die Meinungsverschiedenheiten öffentlich ansprach. Obama hatte Netanyahu bei dessen Besuch in Washington vor zwei Wochen deutlich gemacht, dass die USA auf einen Stopp des Siedlungsbaus und die Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates pochen. (APA/AFP)

** Quelle: Der Standard (online), 31. Mai 2009




Zurück zur Palästina-Seite

Zur Israel-Seite

Zur Nahost-Seite

Zurück zur Homepage