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Fatah und Hamas wollen kooperieren

Einigung bei Spitzentreffen in Kairo *

Bei einem Spitzentreffen in Kairo haben sich die rivalisierenden Palästinenserorganisationen Fatah und Hamas auf eine enge Zusammenarbeit geeinigt. »Es gibt zwischen uns keinerlei Differenzen, und wir arbeiten als Partner mit geteilter Verantwortung«, sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas von der Fatah am Donnerstag vor Journalisten in Kairo.

Der Exilchef der Hamas, Chalid Maschaal, erklärte: »Ich will unserem Volk und den arabischen und islamischen Staaten sagen, dass wir ein neues Kapitel der Partnerschaft aufgeschlagen haben, um die Lage der Palästinenser neu zu ordnen.«

Ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verurteilte die Einigung scharf. »Die Einheit der Palästinenserbehörde mit Hamas wird ernsthafte Auswirkungen für die Zukunft des palästinensischen Volkes und die Friedensaussichten haben«, verbreitete Ofir Gendelman über Twitter. »Palästina ist verloren.«

Ein Hauptstreitpunkt ist weiterhin ungelöst. Der Hamas-Politiker Salah al-Bardawil betonte, die Hamas werde auch in einer Einheitsregierung die Forderungen nach Anerkennung Israels nicht erfüllen.

* Aus: neues deutschland, 25. November 2011


Der Bruderkuss von Kairo

Von Roland Etzel **

Es gibt zwischen uns keinerlei Differenzen«, sagte Palästinenser-Präsident Abbas gestern in Kairo nach dem Versöhnungstreffen seiner Fatah mit der bisher verfeindeten Hamas. Der Satz ist ein schönes Beispiel, wie Diplomatie Wunschdenken mit der größten Selbstverständlichkeit wider besseres Wissen als Istzustand beschreibt.

Was die Hamas »Bewaffneten Kampf« nennt - das Verschießen nur bedingt steuerbarer Raketen auf israelisches Gebiet -, bezeichnet auch Fatah als sinnlosen Terror. Hamas möchte eine formelle Anerkennung Israels als Staat nicht vor einem Ende erfolgreicher Verhandlungen; Fatah hat das längst getan. Selbst die jüngste Initiative Abbas' zur Anerkennung Palästinas in der UNO wurde von Hamas demonstrativ nicht mitgetragen. Die Liste der Streitpunkte in Grundsatzfragen ist also lang. Dennoch - und das ist kaum zu überschätzen - sind sich jetzt beide offenbar darin einig, dass sie sich einigen sollten, wenn sie irgend etwas Substanzielles in Sachen Palästina-Staat erreichen wollen.

Der massive Widerstand aus Israel und den USA, aber auch aus Deutschland gegen den innerpalästinensischen Dialog hat diese Einsicht wohl eher gefördert als gebremst. Die Vorhaltungen der Bedenkenträger gegen den Bruderkuss von Kairo können auf die Palästinenser nur wie Hohn wirken. Palästina sei jetzt verloren, droht die israelische Regierung. Aber die Palästinenser können nicht verlieren, was sie niemals gehabt haben. Ägypten hat die verfeindeten Brüder (und Schwestern) zusammengeführt und wird beim Einigungsprozess nach Klärung der Machtfrage in Kairo auch künftig eine Schlüsselrolle spielen - so oder so.

** Aus: neues deutschland, 25. November 2011 (Kommentar)


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