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Palästinenser im Hungerstreik

Firas Maraghy protestiert seit mehr als einer Woche vor der israelischen Botschaft in Berlin

Von Georg Berger *

Seit mehr als einer Woche befindet sich der in Berlin lebende Palästinenser Firas Maraghy im Hungerstreik. Seine Lage ist kompliziert: Weil die israelischen Behörden weder seine deutsche Frau noch die gemeinsame Tochter in seine Papiere eintragen, kann er für sie keinen Aufenthaltsstatus in Israel erreichen. Maraghy aber muss zurück nach Jerusalem, weil er dort sonst sein Recht als Einwohner verliert.

Wie alle Ostjerusalemer Palästinenser besitzt Firas Maraghy weder einen palästinensischen noch den israelischen Pass. Stattdessen ist er »Staatenloser« und dadurch auf israelische Aufenthalts- und Reiseerlaubnisse angewiesen.

Im September 2007 hatte der Palästinenser die Deutsche Wiebke Diehl geheiratet und war für sie nach Deutschland gezogen. Im Mai 2009 reiste er in seine Heimatstadt Jerusalem, um dort beim israelischen Innenministerium die Ehe registrieren zu lassen. Die Behörde weigerte sich jedoch, den Eintrag vorzunehmen. Er lebe ja nun im Ausland und habe somit seine Rechte als Einwohner verloren, hieß es zur Begründung. Stattdessen erhielt er ein neues Reisedokument, gültig bis Ende Mai 2011. Danach muss Maraghy für anderthalb Jahre in Jerusalem bleiben. Sonst verliert er den Status.

Mit Diehl hat der Palästinenser seit Dezember 2009 eine Tochter, Zaynab Maraghy. Als er sie im April 2010 bei der zuständigen israelischen Botschaft in Berlin in seine Papiere eintragen lassen wollte, weigerte sich auch diese Behörde, mit der Begründung, die Mutter sei Deutsche.

Firas Maraghy befindet sich in einer Zwangslage: Wenn sein Reisedokument Ende Mai 2011 abläuft, muss er zurück nach Jerusalem, will er seinen Status als Einwohner halten. Dann aber muss er Frau und Tochter hierlassen, da sie wegen des fehlenden Eintrags in seinen Papieren über ihn keinen Aufenthaltsstatus haben.

Maraghy pocht auf den Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, nach dem jeder Mensch das Recht hat, »jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren« sowie das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsstatus frei zu wählen.

Der Vorsitzende der »Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost«, Rolf Verleger, hat sich in einem Brief an den israelischen Botschafter Yoram Ben-Zeev gewandt. Darin fordert er diesen auf, seinen »zweifellos vorhandenen Ermessensspielraum auszunutzen und die entsprechenden Eintragungen für die Ehefrau und Tochter von Herrn Maraghy in seinen Papieren vorzunehmen, damit die gesamte Familie Maraghy eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für Jerusalem hat.«

Die Organisation bezweifelt, »dass eine Lösung der komplizierten Situation in Israel und Palästina dadurch herbeigeführt werden kann, dass die Jerusalemer Palästinenser mit bürokratischen Maßnahmen wie in diesem Fall aus ihrer Heimat herausgedrängt werden«.

* Aus: Neues Deutschland, 6. August 2010

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