Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Festgesetzt im Gazastreifen

Israel verhindert Ausreise mehrerer Aktivisten und reagiert damit auf das Durchbrechen der Blockade

Von Sophia Deeg *

Mit Repressalien reagierte die israelische Regierung auf den spektakulären Coup, den die internationale Solidaritätsbewegung mit der palästinensischen Bevölkerung vor zweieinhalb Wochen errang. Aktivisten war es am 23. August mit ihren Schiffen »Free Gaza« und »Liberty« gelungen, auf dem Seeweg die Belagerung Gazas zu durchbrechen. Inzwischen sind die meisten von ihnen wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt.

Allerdings wird mehreren Menschenrechtlern bisher jede Möglichkeit genommen, den Gazastreifen über die Grenzübergänge Erez - nach Israel - oder Rafah - nach Ägypten - zu verlassen, darunter die Journalistin Lauren Booth, eine Schwägerin des britischen Expremiers Anthony Blair, Dr. William Dienst, Physiker aus den USA, und der irische Antimilitarist, Kenneth O'Keefe. Ein Sprecher des israelischen Verteidigungsministeriums erklärte dazu, daß wer nicht auf offiziellem Wege in den Gazastreifen einreise, auch nicht auf offiziellem Wege ausreisen könne.

Unterdessen erklärte Lauren Booth dem britischen Rundfunksender BBC, sie danke den israelischen Behörden dafür, daß diese ihr »die fantastische Chance gegeben haben, genau zu spüren, was es bedeutet, im größten Internierungslager zu leben«. Und Kenneth O'Keefe gab sich im Telefongespräch mit jW am Wochenende gelassen: »Viel elementarer und lebensbedrohlicher als das, was wir hier erleben, ist das Leid, das die Menschen in Gaza täglich und seit Jahren erfahren. Ihnen wird das Recht auf Bewegungsfreiheit nach Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die israelische Besatzung verweigert - auch nachdem diese formell beendet ist.«

O'Keefe verwies darauf, daß sie selbst als Bürger der EU, Australiens oder den USA »durch unsere Regierungen gegenüber Israel« vertreten und sicherlich »in absehbarer Zeit unverseht nach Hause reisen« würden. Für die palästinensische Bevölkerung jedoch setze sich keine Regierung der Welt ein. »Es mag merkwürdig klingen, aber ich erlebe es als einen Segen, hier sein zu dürfen. Nicht viele Menschen haben wohl etwas Vergleichbares erlebt wie die überwältigende Freude, die Hoffnung und das Willkommen der Menschen hier, seit wir vor zwei Wochen entgegen allen Erwartungen im Hafen von Gaza eintrafen.«

Der Psychiater Dr. Eyad Sarraj, Leiter des Zentrums für psychische Gesundheit in Gaza, bestätigt - ebenfalls im Telefongespräch - die Bedeutung der »Free-Gaza«-Aktion: "Seit über zwei Jahren riegelt Israel Gaza hermetisch ab, bombardiert es oder führt »gezielte Tötungen« durch. Nicht einmal Krankentransporte werden herausgelassen.« Daß es die Aktivisten schafften, die Belagerung zu durchbrechen, stellte einen »exemplarischen Sieg des gewaltfreien Widerstands« dar, so Sarraj. »Und das ist erst der Beginn. Die Seeroute nach Gaza ist jetzt faktisch geöffnet, wie sie es nach internationalem Recht seit eh und je hätte sein müssen.« Auch in Zukunft würden viele Menschen »unserer Einladung folgen und einreisen«.

* Aus: junge Welt, 9. September 2008


Zurück zur Palästina-Seite

Zur Israel-Seite

Zur Gaza-Seite

Zurück zur Homepage