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Marwan Barghouti:

Potenzieller Nachfolger Yassir Arafats

Ein Kurzporträt

An Macht und Einfluss hat Barghouti, Wortführer der Fatah-Basis und Idol der militanten Miliz Tansim, auf jeden Fall erheblich gewonnen. Auch unter Palästinensern wird sein Name hoch gehandelt. Nicht wenige trauen dem Fatah-Chef gar die Nachfolge von Präsident Yassir Arafat zu.

Weil der 41-jährige ihm zu mächtig geworden sein soll, hat der PLO-Chef ihn angeblich von seiner offiziellen Position als Generalsekretär der Fatah im Westjordanland entbunden. Auf Titel legt Marwan Barghouti freilich zurzeit so wenig Wert wie auf seinen VIP-Ausweis als Abgeordneter des Autonomie-Parlaments, den die Israelis schon zu Beginn der neuen Intifada (Aufstand) annullieren ließen.

Barghoutis politischer Aufstieg begann in den 80er Jahren als Studentenführer an der Westbank-Universität Birzeit. Schon in der Intifada war er einer der führenden Köpfe, ein Stratege, dem die Vernetzung mit anderen Universitäten gelang. Immer wieder nahm der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Beth damals den Fatah-Mann fest.

Insgesamt sechs Jahre saß er in verschiedenen Gefängnisssen ein, bis die Israelis ihn verbannten. Im Unterschied zu anderen ausgewiesenen Palästinensern verbrachte Barghouti aber den größten Teil seines Exils nicht in Tunis, sondern im weit näher gelegenen Amman, um besser Kontakt zur Rebellion daheim zu halten.

Nach den Abkommen von Oslo gehörte er zu einer ersten Gruppe von Palästinensern, denen eine Rückkehr erlaubt wurde. Nach dem Vorbild Arafats hatten sie sich dazu bekannt, dass Frieden mit Israel "unsere strategische Option ist". Fortan legte Barghouti auch großen Wert auf einen kritischen Meinungsaustausch mit Mitgliedern der linken Parteien in Israel wie Labour und Meretz. Jetzt allerdings bleibe ihm dazu "leider keine Zeit", gab sich der Fatah-Chef kurz angebunden im Interview mit FR-Korrespondentin Inge Günther in Ramallah. (geg)
Aus: Frankfurter Rundschau, 21.10.2000

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