"Palästina" wird geprüft
Antrag auf UNO-Aufnahme kommt in die Expertenmühlen *
Der Antrag der Palästinenser auf Aufnahme eines Staates Palästina als Mitglied in die Vereinten
Nationen wird vorerst die Juristen beschäftigen.
Der Sicherheitsrat einigte sich nach ersten Beratungen darauf,
das Anliegen an diesem Mittwoch einem Expertengremium vorzulegen. Der Ausschuss, vor allem
mit Juristen besetzt, soll prüfen, ob der Antrag formal korrekt ist und ob »Palästina« die
Voraussetzungen für einen Staat erfüllt. Das entspricht ganz der Geschäftsordnung, kann aber
Wochen dauern.
»Der Rat wird am Mittwoch um 9.30 Uhr (15.30 Uhr deutscher Zeit) wieder zu Beratungen in dieser
Sache zusammentreten«, sagte der Ratspräsident, der libanesische UN-Botschafter Nawaf Salam,
nach der Sitzung knapp. Zuvor hatte das Gremium eine gute Stunde über das kontroverse Thema
debattiert. Der Punkt dürfte aber auch am Dienstag eine Rolle gespielt haben – bei der monatlichen
Debatte des Sicherheitsrates über den Nahostkonflikt.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte am Freitag die Aufnahme eines Staates Palästina als
194. Mitglied der Vereinten Nationen beantragt. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon reichte das
Papier nach nur knapp drei Stunden an den Sicherheitsrat weiter. Die USA haben dagegen ein Veto
angekündigt, solange die Palästinenser keinen Frieden mit Israel geschlossen haben. Damit würde
der Vorstoß scheitern. Diplomaten befürchten für diesen Fall neue Gewalt.
Der Ausschuss könnte sich am Donnerstag oder Freitag konstituieren und in der nächsten Woche
an die Arbeit gehen. Neben der Prüfung auf Formalien geht es auch um die Frage, ob es einen Staat
Palästina überhaupt gibt. Der müsste nach der UN-Charta einige Bedingungen erfüllen. Dabei geht
es um Definitionen, etwa, ob »Palästina« feste Grenzen, ein Staatsvolk und staatliche Strukturen
hat.
Die Palästinenser drängen inzwischen auf eine schnelle Entscheidung ihres Antrags. »Wir erwarten
eine Abstimmung innerhalb weniger Wochen«, sagte der UN-Vertreter der Palästinenser, Riyad
Mansur. »Das Entscheidende ist aber: Das Verfahren hat begonnen! Und wir sind bereit, uns selbst
zu regieren.«
Mansur äußerte keinen Zweifel, dass der Antrag die nötige Mehrheit von 9 der 15 Stimmen im
Sicherheitsrat findet. »Dass der UNO-Generalsekretär unser Ersuchen innerhalb weniger Stunden
weitergegeben hat, zeigt doch, dass es keine Bedenken geben kann. Und im Sicherheitsrat gibt es
neun Länder, die uns anerkannt haben. Natürlich rechnen wir damit, dass uns diese Freunde
Palästinas auch ihre Stimme geben.«
Derweil hat der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu Forderungen nach einem neuen
Moratorium für den Siedlungsbau in von Palästinensern bewohnten Gebieten zurückgewiesen. »Wir
haben bereits geliefert«, sagte Netanjahu der »Jerusalem Post« vom Dienstag (27. Sept.) mit Blick auf einen
zehnmonatigen Baustopp im Westjordanland und in Ostjerusalem, den seine Regierung vor etwa
einem Jahr beendet hatte. Die Palästinenser stellten die Forderung nach einem Moratorium »immer
und immer wieder«, um keine direkten Friedensverhandlungen führen zu müssen, erklärte er.
Das Nahostquartett aus UNO, EU, USA und Russland hat einen Zeitplan für neue Gespräche
vorgelegt, die bis Ende 2012 zu einem Friedensabkommen führen sollen. Palästinenserpräsident
Abbas fordert jedoch zunächst einen Siedlungsstopp der israelischen Seite, während Israel jegliche
Vorbedingungen ablehnt.
* Aus: Neues Deutschland, 29. September 2011
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