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Kein Vertrauen in Abbas

Palästinensische Flüchtlingen fragen nach Verbleib von Hilfsgeldern

Von Karin Leukefeld *

Niemand hilft uns hier in der Ibrahim-Straße, was meinen Sie wohl, wie es uns geht?!« Majed Bekani hebt die leeren Hände und weist auf die Trümmerlandschaft, die ihn umgibt. Seit die libanesische Armee ihm und seinen Nachbarn vor zwei Jahren erlaubt hat, in das neue Nahr-Al-Bared-Camp zurückzukehren, kommt er fast täglich, erzählt der aus Akka stammende Palästinenser. Doch viel tun kann er nicht. Wie alle palästinensischen Flüchtlinge, die in Nahr Al-Bared leben, wurde seine Familie 1948 aus ihrer Heimat vertrieben. Aus dem Lager wurde in 60 Jahren eine kleine Stadt. 2007 wurde sie bei Kämpfen zwischen der libanesischen Armee und Islamisten völlig zerstört. 27000 Menschen waren erneut auf der Flucht. Warum die Häuser in der Ibrahim-Straße nicht in den Wiederaufbauplan einbezogen wird, weiß Majed Bekani nicht. Er leiht sich Geld für eine neue Bleibe, eine andere Möglichkeit hat er nicht.

Jenseits der Straße, abgetrennt durch Stacheldrahtrollen, liegt das neue Lager. Auch wenn es langsam vorangeht, sind die Bautätigkeiten dort nicht zu übersehen. Es waren die Flüchtlinge selbst, die sich in der Nahr-Al-Bared-Wiederaufbaukommission (NBRC) zusammenschlossen und durch Befragung aller Familien das Ausmaß der Zerstörungen dokumentierten. Die Daten sind heute Grundlage für die Rekonstruktion. Vorher jedoch mußten Blindgänger entfernt werden, die nach Angaben von Experten so dicht lagen, wie in kaum einem anderen Krisengebiet der Welt. Die Trümmer wurden recycelt und für den Ausbau des Hafens von Tripoli sowie für den Straßenbau wieder genutzt. Das weitgehend zerstörte Abwassersystem des Camps und der Umgebung wurde erneuert. Weil die umliegenden libanesischen Gemeinden mittellos sind, haben die UNO und Nichtregierungsorganisationen die Kosten übernommen. Das gleiche gilt auch für die Versorgung mit frischem Wasser. Ein Gesundheitszentrum, eine Schule und ein Kindergarten wurden eröffnet, Ausbildungsprogramme für Jugendliche werden angeboten, Flüchtlinge und Libanesen aus der Umgebung wurden als Tagelöhner angeheuert. Der Bericht der UN-Hilfsorganisation für die palästinensischen Flüchtlinge (­UNWRA) liest sich wie eine Erfolgsgeschichte.

Doch die Arbeiten verzögern sich. Mal will die libanesische Antikenbehörde das Gebiet auf historische Schätze untersuchen, mal fehlt es an Geld. Die Einwohner des Lagers wundern sich. 120 Millionen US-Dollar waren auf einer Geberkonferenz 2007 zugesagt worden, außerdem hatten sich die Golfstaaten bereiterklärt, die Hälfte der 432 Millionen US-Dollar für den gesamten Wiederaufbau zu zahlen. Doch im Oktober 2010 fehle das Geld an allen Ecken und Ende, heißt es bei der UNRWA in Beirut. Geber hielten ihre Zusagen nicht ein, es sei fraglich, ob für 2011 die 1,5 Millionen US-Dollar aufgebracht werden könnten, die die Organisation den 3400 Familien als Zuschuß für Miete in ihren provisorischen Unterkünften zahlen kann. Potentielle Geber aus aller Welt touren immer wieder durch das Lager, um sich den Schaden zu betrachten, doch Geldspritzen bleiben aus. Italien habe 2009 eine Hilfe von sechs Millionen Euro zugesagt, erinnert sich Majed Bekani in der Ibrahim-Straße, er wisse nicht, ob das Geld irgendwo angekommen sei.

Der Inhaber eines Geschäfts auf der Hauptstraße des neuen Nahr-Aal-Bared-Lagers spricht aus, was viele denken: »Wir glauben, jemand stiehlt das Geld.« Mißtrauisch äußern sich die Lagerbewohner vor allem gegenüber der von Mahmud Abbas geführten Palästinensischen Autonomiebehörde und deren PLO-Vertretung in Beirut. Einmal sei deren Abgesandter im Lager gesehen worden, ansonsten kümmere sich niemand um sie. Die Politiker seien »Lügner, keine politischen Führer«, sagt der Mann, der bittet, anonym zu bleiben.

* Aus: junge Welt, 24. November 2010


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