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Manöver der "Königspartei"

Pakistans Wahlkommission hat die Parlamentswahl auf den 18. Februar verschoben

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Nach Beratungen mit den politischen Parteien hat Pakistans Wahlkommission die ursprünglich für den 8. Januar angesetzten und mehrmals von Boykotten bedrohten Parlaments- und Provinz­wahlen um mehr als einen Monat auf den 18. Februar verschoben. Die Pakistanische Volkspartei (PPP) und die Muslimliga von Nawaz Sharif bewerteten diese Entscheidung als Manöver, hinter dem die Pakistanische Muslimliga (Quaid) stecke. Diese agiere als »Königspartei« von Präsident Pervez Musharraf und befürchte angesichts des zu erwartenden Sympathie-Votums für die Bhutto-Partei eine Wahlniederlage. Eine Parallele drängt sich auf: Im Nachbarland Indien war 1985 nach der Ermordung Indira Gandhis deren politisch unerfahrener Sohn Rajiv durch Wahlen an die Macht katapultiert worden. Benazir Bhuttos Gatte Asif Ali Zardari, den sie in ihrem politischen Testament zum PPP-Chef bestimmt hatte, bestand auf Wahlen am 8. Januar, weil das eine Ehrung der am 27. Dezember ermordeten Benazir bedeutet hätte und »noch wichtiger eine Bekräftigung des Strebens nach Demokratie, für die sie starb«.

Doch die Wahlkommission ging von der gegenwärtigen Sicherheitslage im Land aus. Bei den Unruhen während der dreitägigen offiziellen Trauerperiode kamen fast 60 Menschen ums Leben. Die angerichteten materiellen Schäden beziffert man auf etliche Millionen Dollar. Allein in der Provinz Sindh, wo der Bhutto-Clan zu Hause ist und die Zusammenstöße am heftigsten waren, gingen 13 Wahlbüros und mit ihnen die Wählerlisten in Flammen auf. Deshalb will die Wahlkommission zunächst ein gewisses Maß an Sicherheit und Normalität, ehe sie das Volk an die Wahlurnen ruft. Außerdem, so nannte sie einen weiteren Grund, begehe die islamische Bevölkerung zwischen dem 10. Januar und 8. Februar den heiligen Monat Muharram, bei dem es oft zu blutigem Zwist zwischen Sunniten und Schiiten kommt. In dieser Perio­de könne man freie und faire Wahlen nicht gewährleisten. Ob die Verschiebung des Votums einer der Parteien wirklich Vor- oder Nachteile bringt, darf angezweifelt werden. Vielmehr bedarf es nun des Geschicks der PPP-Führung und der Parteiaktivisten, den »Benazir-Sympathie-Faktor« möglichst lange wirken zu lassen.

Die clevere Politikerin hat in ihrem vom 16. Oktober 2007 datierten Testament (zwei Tage vor ihrer Rückkehr aus dem Exil) entsprechende Vorsorge getroffen . Sie ernannte für den Fall, daß ihr etwas zustoßen sollte, ihren Gatten zum Vorsitzenden der PPP. Der gab allerdings den Stab umgehend an seinen 19 Jahre alten Sohn Bilawal weiter, der in Oxford Politikwissenschaften studiert und erst danach voll in die Politik einsteigen will. Ohnehin darf er erst im Alter von 25 Jahren fürs Parlament kandidieren. Aber er trägt den Nachnamen seiner Mutter. Zardari fungiert derweil als Ko-Vorsitzender und führt die Geschäfte. Für die Wahlen kandidiert er allerdings nicht. Auch dafür hat Benazir Bhutto vorgesorgt, indem sie Makhdoom Amin Fahim zum Bewerber für das Amt des Premiers vorschlug. Der Vollblutpolitiker führte die Partei all die Jahre, in denen Frau Bhutto im Exil war. Und er saß wegen seiner oppositionellen Aktivitäten wiederholt im Hausarrest bzw. hinter Gittern. Eigentlich hätte er den Parteivorsitz verdient gehabt. Doch Frau Bhutto glaubte, Demokratie in Pakistan habe nur eine Chance, wenn sie mit dem Namen ihres Clans verbunden bleibt. Bilawal Bhutto zitierte seine Mutter kurz nach deren Begräbnis mit den Worten: »Demokratie ist die beste Vergeltung.« Deren Personalpolitik offenbart nun ein anfechtbares Demokratieverständnis. Freilich befindet sich die Bhutto-Dynastie in Südasien in guter Gesellschaft, zum Beispiel in Indien die Nehru-Gandhi-Familie, in Sri Lanka die Bandaranaikes oder in Nepal die Koiralas.

Zardari stand immer im Schatten seiner Frau. Doch nach deren Tod bewies er auf einer Pressekonferenz politischen Instinkt. Er sagte, Benazirs Blut sei nicht umsonst vergossen worden. Die PPP werde weiter für Demokratie kämpfen und sich den Armen widmen. Und dann erklärte er: »Der Kampf ist gegen jene an der Macht gerichtet und nicht gegen die Armee Pakistans. Wir wollen keine Konfrontation zwischen Streitkräften und Volk oder daß Pakistan zerbricht. Wir wollen ein stärkeres Pakistan«. Trotz dieses hehren Bekenntnisses gehen die Meinungen über den 54jährigen Asif Ali Zardari auseinander. Als Investment-Minister im Kabinett Benazirs erwarb er sich den nicht gerade schmeichelhaften Ruf als »Mr. zehn Prozent« und saß dann mehrmals wegen Korruption im Gefängnis. In der Schweiz läuft gegen ihn noch immer ein Verfahren wegen Geldwäsche. Angeblich ist eine Summe von 1,5 Milliarden Dollar im Spiel.

* Aus: junge Welt, 3. Januar 2008


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