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Exdiktator darf nicht kandidieren

Pakistan: Richter verhindern Teilnahme von General Musharraf an Parlamentswahl

Von Thomas Berger *

Es hätte sein großes Comeback werden sollen. Doch nachdem Pakistans letzter Militärmachthaber General a.D. Pervez Musharraf kürzlich bei seiner Rückkehr in die Heimat nach fast vierjährigem Exil nur einen lauwarmen Empfang erhalten hatte, muß er nun wohl auch die Hoffnungen fahren lassen, nach den am 11. Mai stattfindenden Wahlen als Parlamentarier eine Rolle im politischen Machtgefüge spielen zu können. Ein Gericht hat am Dienstag seine Kandidatur in einem Wahlkreis der Hauptstadt Islamabad gestoppt. Auch in anderen Regionen, wo Musharraf eine Kandidatur eingereicht hatte, wurde diese von den Richtern zurückgewiesen. Da die Ablehnungsgründe mit Verfassungsbruch und anderen Delikten aus seiner Zeit als Staatschef nach dem unblutigen Putsch 1999 schwer wiegen, dürfte es wenig Möglichkeiten geben, doch noch irgendwo auf dem Stimmzettel zu erscheinen. Die anderen Parteien sind wachsam und haben mit ihren bisher eingereichten Einsprüchen Erfolg gehabt. In vier Wahlkreisen ist Musharraf nun bereits mit dem Versuch einer Kandidatur gescheitert.

Auch ein zweiter Prominenter wurde per richterlichem Beschluß von den Parlamentswahlen ausgeschlossen. Expremier Raja Pervez Ashraf, nunmehr Generalsekretär der regierenden Pakistanischen Volkspartei (PPP), werden unlautere Methoden beim Umgang mit Fördergeld für seinen Wahlkreis vorgeworfen. Ashrafs Anwalt, der frühere Justizminister Darooq Naek, kündigte zwar an, daß er für seinen Mandanten in Berufung gehen werde. Es ist dennoch wenig wahrscheinlich, daß der Gerichtsentscheid revidiert wird.

Unterdessen nimmt die Gewalt im Land zu. Lediglich im Punjab ist es weitgehend ruhig, in den drei anderen Provinzen mehren sich die Anschläge. Die Interimsregierung von Premier Mir Hazar Khan Khoso hat die Sicherheitsvorkehrungen für Politiker verstärkt. Am Montag berief Innenminister Malik Mohammad Habib Khan ein Treffen hochrangiger Vertreter unter anderem aus seinem Ressort und der Polizeiführung ein, um Maßnahmen zum effektiven Schutz gerade der Kandidaten zu beraten. Dies hatte die nationale Wahlkommission nach Kritik von der Awami National Party (ANP) gefordert.

Auf Vertreter der linksliberalen Partei gab es während der vergangenen Tage mehrere Anschläge. Bei einem Attentat in der Region Swat im Nordwesten Pakistans wurde ein ANP-Kandidat getötet. In Charsadda (Provinz Khyber-Pakhtunkhwa), wo schon am Montag ein Kandidat der Partei verletzt wurde, entkam am Mittwoch morgen der Koordinator der ANP-Wahlkampagne, Farooq Khan, nur knapp einem Bombenattentat. In ­Peshawar wurden am Montag bei einem Anschlag auf eine Veranstaltung des früheren Eisenbahnministers Ghulam Bilour (ANP) 17 Menschen getötet und 64 verletzt. Unter den Toten waren laut Tageszeitung Dawn drei Kinder und sechs Polizisten.

Die pakistanischen Taliban (Tehrik-i-Taliban Pakistan/TTP) haben einen Krieg gegen die Vertreter säkularer Parteien ausgerufen. Ganz oben auf ihrer Liste stehen dabei Mitglieder der ANP und des vor allem im Unionsstaat Sindh starken Muttahida Qaumi Movement (MQM) des im Londoner Exil lebenden Altaf Hussein. Dieser rief am Dienstag dazu auf, dem Terrorismus entgegenzutreten und kondolierte ANP-Chef Asfandyar Wali Khan zu den Verlusten unter dessen Parteimitgliedern. »Linke Kräfte werden eliminiert, und es gibt offenbar einen Plan, rechte Elemente in die Parlamente zu bringen«, sagte Asfandyar Wali Khan in diesem Zusammenhang vor der Presse.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 18. April 2013


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