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Musharraf wieder in Pakistan

Expräsident präsentiert sich als Heilsbringer

Von Hilmar König *

General Pervez Musharraf, der sich 1999 an die Macht geputscht und Pakistan als Kriegsrechtsverwalter und Präsident bis 2008 regiert hatte, kehrte nach vier Jahren im Exil am Sonntag in die Heimat zurück. Kurz zuvor fielen 17 Soldaten einem Selbstmordanschlag zum Opfer.

Während der 69-jährige Musharraf noch im Flugzeug von Dubai nach Karatschi saß, krachte es im Nordwesten Pakistans wieder. Eine Autobombe explodierte in der Nähe geparkter Tanklastzüge nahe der afghanischen Grenze und riss 17 Soldaten in den Tod. Ein wenn auch entfernter Warnschuss für den Expräsidenten: Die Tehrik-e-Taliban hatten am Sonnabend angekündigt, zum Empfang der »Marionette Washingtons« seien Scharfschützen und Himmelfahrtskommandos bereit. Zu Musharrafs Amtszeit war Pakistan zum strategischen Partner der USA und der NATO im »Krieg gegen den Terrorismus« geworden.

Der so »Begrüßte« ist indes davon überzeugt, dass nur er Pakistan vor dem Untergang retten kann. Er will seine All-Pakistan Muslim League (APML) in die Parlamentswahlen am 11. Mai führen. Allerdings ist Musharraf wegen etlicher »unbekannter Faktoren« besorgt. Er ist mehrerer Vergehen angeklagt, darunter der Mitverantwortung für die Ermordung der ehemaligen Premierministerin Benazir Bhutto im Jahre 2007 und für den Tod des Belutschenführers Nawab Akbar Bugti. Offen ist auch die Rechnung für seinen Versuch, das Höchste Gericht einschließlich des Chefrichters Iftikhar Muhammad Chaudhry in die Wüste zu schicken.

Aber vorerst hat ein Gericht in Karatschi die Festnahme des Rückkehrers, der dafür eine Kaution gezahlt hat, verhindert. Talat Masud, Geheimdienstexperte und einst Vertrauter Musharrafs, meint, der frühere Armeechef bilde sich ein, als großer Führer in die Geschichte Pakistans eingehen zu müssen. Das glauben offensichtlich auch seine Parteifreunde. Asif Shahzad Chaudhry, APML-Vertreter in London, behauptet, sein Chef habe Pakistan Prosperität gebracht. Die vergangenen fünf Jahre der Misswirtschaft hätten die Bevölkerung daran erinnert, wie »großartig« Musharraf war.

Tatsächlich hat die letzte Regierung zwar erstmals in der Geschichte des Landes eine volle Amtszeit ohne Intervention des Militärs überlebt, doch keines der Probleme gelöst: Die öffentliche Sicherheit verbesserte sich nicht, blutige Zusammenstöße islamischer Sekten nehmen kein Ende, die Taliban schalten und walten nach Belieben und die Masse der Bevölkerung lebt wie zu Musharrafs Zeiten im Elend. Die Talfahrt der Wirtschaft ist ungebremst. Das alles sind Wahlkampfthemen, die der Heimkehrer aufgreifen wird. Aber nur seine Parteigänger glauben, dass er damit beim desillusionierten Wahlvolk punkten kann.

* Aus: neues deutschland, Montag, 25. März 2013


Musharraf in Pakistan

Expräsident trotz Morddrohungen der Taliban zurückgekehrt **

Nach fast vier Jahren im Exil ist Pakistans Expräsident Pervez Musharraf trotz einer Morddrohung der Taliban in seine Heimat zurückgekehrt. Der Exgeneral will bei der Parlamentswahl am 11. Mai antreten. Musharraf war nach einem Militärputsch von 1999 bis 2008 im Amt und in dieser Zeit ein enger Verbündeter der USA im Kampf gegen die Taliban und das Terrornetzwerk Al-Qaida im benachbarten Afghanistan. Auch im eigenen Land ging er hart gegen die Islamisten vor.

Musharraf werden zwar kaum Chancen auf einen Wahlsieg eingeräumt. Allerdings erhofft sich seine Partei eine Mobilisierung der Anhänger des Expräsidenten, um besser bei der Abstimmung abschneiden zu können. Rund 1000 Anhänger begrüßten Musharraf am Sonntag vor dem Flughafen von Karatschi. »Ich will das Pakistan wiederherstellen, das ich verlassen habe«, rief er der Menge zu. Vor seiner Rückkehr hatte er die Todesdrohungen der Taliban ignoriert. Sie hatten in einer Videobotschaft ein Selbstmordattentat oder einen Anschlag mit Scharfschützen angekündigt. Aus Sicherheitsgründen sagte Musharraf eine für Sonntag geplante Kundgebung ab.

Um einer Verhaftung wegen Vorwürfen aus seiner Regierungszeit zu entgehen, hatte er vor seiner Ankunft eine Kaution hinterlegt. Musharraf hatte wegen einer drohenden Amtsenthebung 2009 Pakistan verlassen. Ihm wird vorgeworfen, nicht genug zum Schutz der ehemaligen Ministerpräsidentin Benazir Bhutto getan zu haben, die 2007 bei einem Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung getötet worden war. Zudem gibt es Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Tod eines Separatistenanführers. Musharraf will die nächsten Tagen in Karachi mit der Klärung der juristischen Vorwürfe zubringen, wie er in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters ankündigte. Im Wahlkampf wird er auf mächtige Konkurrenten wie den früheren Ministerpräsidenten Nawaz Sharif treffen, den er einst mit seinem Putsch aus dem Amt gejagt hatte. Um den Posten des Regierungschefs bewirbt sich auch der frühere Kricketspieler Imran Khan.

Musharraf zeigte sich bemüht, die Todesdrohungen der Taliban herunterzuspielen. »Sie haben seit den Anschlägen in den USA am 11. September 2011 versucht, mich in die Hölle zu schicken. Das heißt, daß sie das seit zwölf Jahren nicht geschafft haben.« Er kümmere sich nicht um die Drohungen.

** Aus: junge Welt, Montag, 25. März 2013


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