Pakistan schwer unter Druck
Washington verlangt aggressiveres Vorgehen gegen Terroristen
Von Hilmar König, Delhi *
Bei einem Kurzbesuch von USA-Vizepräsident Dick Cheney in Islamabad wurde deutlich, dass
Pakistan zunehmend den Unwillen Washingtons auf sich zieht.
Pakistanis Regierung tat zunächst so, als habe es sich um ein Routinetreffen gehandelt. Doch die
US- Medien verbreiteten, dass Cheney in seiner zwei Stunden währenden Begegnung mit Präsident
Pervez Musharraf harsche Töne angeschlagen und ein »aggressiveres Vorgehen« gegen Taliban
und Al Qaida gefordert hatte.
Die Reaktion darauf aus dem Außenministerium in Islamabad klang souverän. »Wir akzeptieren kein
Diktat – von welcher Seite und aus welcher Quelle auch immer«, äußerte Tasnim Aslam, die
Sprecherin des Außenamtes. Washington hatte inzwischen nachgelegt und angedroht, wenn der
»wichtige Partner in der Antiterrorismusfront« nicht konsequenter handele, müsse er mit einer
Beschneidung wirtschaftlicher und militärischer Hilfe rechnen.
Das wirkte umgehend. Keine 24 Stunden später knickte die pakistanische Regierung ein. Man werde
alles unternehmen, um die Taliban daran zu hindern, aus dem pakistanischen Grenzraum heraus
Attacken in Afghanistan durchzuführen. Pakistan sei entschlossen, seinen Kampf gegen
Terrorismus, besonders gegen Al Qaida, die Talibanrebellen und die Talibanisierung in den
pakistanischen Stammesgebieten, fortzusetzen, hieß es nun aus dem Außenamt.
Die pakistanischen Medien erinnerten in diesem Zusammenhang daran, dass 80 000 Soldaten an
der Grenze zu Afghanistan stehen und seit dem 11. September 2001 rund 1000 Militärposten
etabliert worden sind. Mit Genugtuung wurde auch berichtet, dass die britische Außenministerin
Margaret Beckett die Absicht Islamabads unterstützt, das Grenzgebiet zu Afghanistan mit einem
Zaun abzuriegeln und zu verminen. In Kabul und Washington hält man davon angesichts der
topografischen Besonderheiten allerdings wenig.
Selbst aus Musharrafs Büro kam eine »Klarstellung«. Sie enthielt Einzelheiten aus der Konversation
mit Cheney, der am Dienstag (27. Feb.) den US-Stützpunkt Bagram in Afghanistan besuchte, als ein
Selbstmordattentäter dort einen Sprengstoffanschlag verübte, bei dem nach neuesten Angaben des
afghanischen Innenministeriums 20 Menschen ums Leben kamen. Cheney, so die Mitteilung aus
dem Präsidialbüro, habe sich besorgt über eine bevorstehende Frühjahrsoffensive gegen die NATO-Truppen
in Afghanistan geäußert. Die US-Geheimdienste hätten in den pakistanischen
Stammesgebieten ein Umgruppierung der Al Qaida registriert. Dem müsse man mit »konzertierten
Anstrengungen« begegnen.
Musharraf verteidigte die in den vergangenen zwei Jahren abgeschlossenen Abkommen mit
Paschtunenstämmen in Nord- und Südwasiristan als politische Mittel zu wirksamerer Kontrolle der
Aktivitäten von Taliban und Al Qaida.
Der pakistanische Premier stieß am Dienstag (27. Feb.) ins gleiche Horn, wenn auch auf andere Weise.
»Wenn ihr Fortschritt und Entwicklung wollt, dann unterstützt die extremistischen Kräfte nicht«,
verlangte er von seinen Landsleuten. Die Jugend sollte sich auf Bildung konzentrieren und den
Idealen von Frieden und Toleranz folgen.
Außenminister Khurshid Mehmud Kasuri setzte mit seiner Stellungnahme einen weiteren Akzent und
bekräftigte damit die Linie der islamischen Außenministerkonferenz vom Sonntag (25. Februar) in Islamabad:
Pakistan habe genug Probleme, beispielsweise im Grenzgebiet zu Afghanistan. Deshalb befürworte
es energisch den diplomatischen Dialog im Streit um Irans Atomprogramm. Ein bewaffneter Konflikt
mit Iran, warnte Kasuri, würde die ganze Welt betreffen.
* Aus: Neues Deutschland, 27. Februar 2007
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