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"Verlogene und bösartige Kampagne"

Sinn-Fein-Chef Gerry Adams über Mammutverhör empört *

Nach viertägigem Verhör durch nordirische Mordermittler ist Sinn-Fein-Chef Gerry Adams wieder auf freiem Fuß und wartet nun auf eine mögliche Anklage. Laut einem Bericht der »Times« vom Montag empfahl die Polizei, ein Strafverfolgungsverfahren einzuleiten. Offiziell erklärte sie nach Adams’ Freilassung am Vorabend, dass die Staatsanwaltschaft weitere Schritte festzulegen habe. Der Vorsitzende der nationalistischen Sinn-Fein-Partei deutete politische Motive für seine Festnahme an. Der Politiker war zum vier Jahrzehnte zurückliegenden Mord an der nordirischen Witwe Jean McConville befragt worden, die von der IRA umgebracht worden war.

Das in den mehr als 30 aufgezeichneten Einzelverhören mit ihm vorgelegte Belastungsmaterial sei größtenteils Presseartikeln, Büchern und Fotos entnommen worden, sagte der Sinn-Fein-Führer auf einer Pressekonferenz in Belfast. Die Wache im nordirischen Antrim hatte er Stunden zuvor durch den Hinterausgang und anschließend in einem Polizeikonvoi verlassen. Die Vorwürfe gegen sich bezeichnete Adams als Teil einer »verlogenen und bösartigen Kampagne«, seine Behandlung durch die Strafverfolgungsbehörden als »vollkommen falsches Signal« für den labilen Friedensprozess in Nordirland. Der 65-Jährige war am Mittwochabend freiwillig bei der Polizei erschienen und dann zur Befragung festgenommen worden.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 6. Mai 2014


Geister der Vergangenheit

Olaf Standke über die Vorwürfe gegen Sinn-Féin-Chef Gerry Adams **

Die Unschuldsvermutung gilt auch für Gerry Adams – bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Mitschuld an der Entführung und Ermordung einer zehnfachen Mutter durch die Irisch-Republikanische Armee (IRA) auf dem Höhepunkt der Nordirland-Krise vor über vier Jahrzehnten. Den blieben die Behörden bislang schuldig. Vier Tage lang wurde der Chef der pro-irischen Sinn Féin zuletzt verhört. Die Polizei soll eine Strafverfolgung empfohlen haben, aber ob die Staatsanwaltschaft wirklich Anklage erhebt, ist offen. Und möglicherweise auch eine politische Frage. Wobei, der Fall ist es in den Augen von Adams schon jetzt.

Der 65-Jährige bestreitet jede Mitverantwortung, das ihm vorgelegte Beweismaterial sei vor allem Pressetexten und Büchern entnommen worden. Und nicht nur er fragt, warum das Ganze mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs für die Kommunal- und Europawahlen inszeniert wurde. Schließlich habe er die Behörden schon nach dem Auftauchen erster Verdächtigungen vor einigen Monaten kontaktiert. Adams ist fraglos eine Symbolfigur des noch immer fragilen Friedensprozesses in der einstigen britischen Unruheprovinz, in der die Opfer des Konflikts auf beiden Seiten Gerechtigkeit als Voraussetzung für Versöhnung fordern. Eine Lex Adams darf es vor diesem Hintergrund nicht geben. Nicht für, nicht gegen ihn.

** Aus: neues deutschland, Dienstag, 6. Mai 2014 (Kommentar)


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