Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Anschlag auf Friedensprozess in Nordirland

Erstmals seit elf Jahren wieder britische Soldaten in der einstigen Krisenregion getötet

Von Olaf Standke *

Zum ersten Mal seit dem Friedensabkommen von 1998 sind in Nordirland wieder britische Soldaten getötet worden. Mutmaßliche Terroristen erschossen am Samstagabend zwei Männer vor einem Stützpunkt nördlich von Belfast. Mit dem Anschlag wuchs auch die Sorge um den Friedensprozess in der einstigen Krisenregion.

Für die leidgeprüfte britische Region auf der irischen Insel, in der über 3500 Menschen dem Kampf zwischen pro-irischen Katholiken sowie pro-britischen Protestanten zum Opfer fielen und seit zwei Jahren eine Koalition der einst verfeindeten Parteien regiert, ist es eine harte Probe: Bei einem der schwersten Anschläge seit dem sogenannten Karfreitagsabkommen sind am Wochenende vor der Kaserne Massereene rund 25 Kilometer nordwestlich von Belfast zwei Soldaten ermordet worden. Nach dem Abzug der meisten britischen Einheiten im Jahr 2007 sind derzeit noch rund 5000 Mann in Nordirland stationiert.

Nach einem Bericht des irischen Senders RTE nahmen die Opfer gerade eine Pizza-Lieferung entgegen, als die Angreifer aus einem Auto mit Maschinenpistolen das Feuer eröffneten. Wie die Polizei mitteilte, wurden bei dem Attentat zudem vier Menschen verletzt; zwei weitere Armeeangehörige sowie die beiden Pizzaboten liegen mit zum Teil lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus.

Obwohl sich zunächst niemand zu dem Anschlag bekannte, machten Politiker extremistische katholische Republikaner für die Tat verantwortlich. Noch in der Vorwoche hatte der nordirische Polizeichef vor der Gefahr eines solchen Terroranschlags gewarnt. Eine kleine Zahl von Leuten sei fest entschlossen, »uns dorthin zurückzuziehen, wo niemand mehr sein will«, sagte Sir Hugh Orde am Sonntag. Immer wieder kam es zuletzt zu Angriffen auf Polizisten, erst vor wenigen Wochen wurde eine Bombe in der Nähe einer Kaserne entschärft. Laut Medienberichten könnten Abspaltungen der Irish Republican Army wie die Real IRA hinter dem Angriff stehen.

Der britische Premierminister Gordon Brown nannte den Anschlag gestern »feige« und mahnte wie der protestantische nordirische Ministerpräsident Peter Robinson und die irische Regierung in Dublin zur Wahrung des Friedens. Gerry Adams, der Chef der pro-irischen Partei Sinn Féin, erklärte, die Verantwortlichen für den Angriff wollten die Fortschritte der jüngsten Zeit zunichte machen und neue Konflikte schüren. Sie hätten aber keine Unterstützung. Vielmehr sei es die Pflicht der Republikaner, diese Tat zu verurteilen.

* Aus: Neues Deutschland, 9. März 2009


Zurück zur Nordirland-Seite

Zurück zur Homepage