Bei der Explosion einer Erdölpipeline in Nigeria sind mindestens 250 Menschen ums Leben gekommen. Ein Journalist der nigerianischen Zeitung Daily Times berichtete am Dienstagabend (11.07.00), er habe die verkohlten Leichen von 100 Menschen gezählt. Unter ihnen seien viele Kinder in Schuluniformen gewesen. Etwa 100 weitere Menschen wurden in der Nacht noch vermißt; es wird befürchtet, daß auch sie gestorben sind. Das Unglück ereignete sich nach Augenzeugenberichten am Montagmorgen (10.07.00). Vermutlich war es beim Abzapfen von Öl in Eimer zu dem Explosionsunglück gekommen.
Mindestens 100 Menschen wurden nach Schätzungen bei der Explosion schwer verletzt. Viele trauten sich aus Furcht vor einer Strafverfolgung durch die Polizei nicht in die Krankenhäuser, hieß es. Die Explosion zerstörte Felder und Gebäude in einem Radius von zwei Kilometer. In der Nacht auf Mittwoch dauerte der Brand noch an; über der Region hingen schwarze Rauchwolken. Feuerwehr und Mitarbeiter der staatlichen Ölgesellschaft versuchten, die Flammen zu löschen.
Die Pipeline in Adeje, unweit der Hafenstadt Warri, explodierte offenbar, während das Öl aus dem Leck herausschoß. Das Leck wurde vermutlich von Bewohnern verursacht, die Öl abzuzapfen versuchten. Berichten zufolge wurde das Loch schon vor einigen Tagen gebohrt. Jeden Tag sollen sich laut Augenzeugen Erwachsene und Kinder an der Stelle versammelt haben, um Öl in Eimer abzufüllen und dann am Straßenrand zu verkaufen.
In der verarmten Region kommt es häufig zu solchen Fällen von »Angriffen« auf Pipelines: Im vergangenen Jahr wurden 497 Fälle gemeldet, ein Jahr zuvor waren es erst 57. Dabei handelt es sich neben dem »Öldiebstahl« zum Teil auch um gezielte Sabotageakte militanter Aktivisten, die Entschädigungen für Ölverseuchungen in der Region verlangen.
Das Unglück vom Montag ereignete sich in der Nähe der
Ortschaft Jesse, wo bei einer ähnlichen Katastrophe Ende
1998 mehr als 700 Menschen ums Leben kamen.
Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau vom 13.07.00 habe sich das Unglück bereits Sonntagnacht ereignet. Erst 24 Stunden nach der Explosion seien Feuerwehrleute der staatlichen Petroleumgesellschaft NNPC am Unglücksort eingetroffen. Die Nigerian National Petroleum Corporation betreibt die Pipeline. Ein Sprecher des nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo sprach von einer "vermeidbaren Tragödie".
Zu den Hintergründen des Unglücks schreibt die Frankfurter Rundschau:
Oft sind bei ähnlichen Unglücksfällen Frauen und Kinder die Opfer. Auch jetzt beim Unglück in Adeje mit seinen 5.000 Einwohnern wurden laut Behörden viele Kinder getötet. Mit dem Verkauf des Treibstoffs lassen sich am Straßenrand einige nigerianische Naira verdienen.
Bei einer ähnlichen Katastrophe waren 1998 nahe der Stadt Warri mehr als 700 Menschen qualvoll verbrannt. Damals hatte die Regierung sich geweigert, Entschädigungen an die Hinterbliebenen zu zahlen.
Solche Unfälle sind Ergebnis bitterer Armut in einer Region, aus welcher der Reichtum Nigerias kommt. Zu wenig Geld aus den immensen Ölprofiten wurde in den vergangenen Jahrzehnten im Nigerdelta reinvestiert. Neben dem Gewinn aus dem abgezapften Treibstoff hofft mancher Bauer auch auf Entschädigung von der Betreibergesellschaft. Denn Ölfirmen wie Shell und Chevron haben sich verpflichtet, an jene Kompensation zu zahlen, deren Felder durch ausgelaufenes Öl nicht mehr zu bewirtschaften sind.
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