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Millionär auf Sparkurs

Neue Vierparteien-Koalitionsregierung in Neuseeland vereinigt

Von Thomas Berger *

Vier Wochen hatte die frühere Premierministerin Helen Clark 2005 gebraucht, um ihre neue Regierungsmannschaft zu bilden – ihr konservativer Nachfolger John Key, Sieger bei den Parlamentswahlen vom 8. November, hat den Prozeß in rekordverdächtiger Zeit von gerade einmal zehn Tagen über die Bühne gebracht. Am Mittwoch wurde sein Kabinett vereidigt. Der 43jährige frühere Investmentbanker und Multimillionär Key steht an der Spitze eines 28köpfigen Teams. Als sein wichtigster Verbündeter, Vizepremier und Finanzminister fungiert Bill English (46). Der Wirtschaftsfachmann soll dem politisch als eher unerfahren geltenden Key vor allem bei den wichtigen Weichenstellungen, die in Zusammenhang mit der globalen Finanzkrise vorgenommen werden müssen, zur Seite stehen. Der neue Premier hatte bereits einen strikten Sparkurs verkündet – eine Budgeterweiterung gegenüber den Planungen der alten Regierung werde es nicht geben. Jeder Minister müsse für die Finanzierung zusätzlicher Programme sagen, wo das Geld dafür an anderer Stelle eingespart werde.

Daß die Regierungsbildung so schnell vonstatten ging, lag auch daran, daß sich die rechtskonservative Act Party von Rodney Hide sowie Peter Dunne, Führer der liberalen United Future, schon im Vorfeld für eine Koalition mit den »Nats« ausgesprochen hatten. Sie stellen nun ebenso wie die Maori Party insgesamt fünf Minister, die einen Geschäftsbereich außerhalb des Kabinetts haben. Diese Konstruktion erlaubt den Partnern, Regierungsentscheidungen abseits der eigenen Ressorts nicht mitzutragen. Seitens der Maori-Partei werden deren Parteiführer Tariana Turia und Pita Sharples die Ministerposten einnehmen. Gemeinsam bringen es alle vier Partner mit 70 Sitzen auf eine solide Mehrheit im 122köpfigen Parlament.

John Key hat angekündigt, den ökonomisch angespannten Zeiten auch mit Steuersenkungen begegnen zu wollen. In welchen Bereichen diese vorgenommen werden, muß allerdings erst im Kabinett beraten werden, und viel Spielraum hat die Regierung nicht. Niedrigere Steuersätze waren im Wahlkampf vor allem eine Forderung der Act Party gewesen. Die zahlreichen Geringverdiener würden von einem solchen Schritt jedoch kaum profitieren, vor allem käme er den großen Unternehmen zugute.

* Aus: junge Welt, 22. November 2008


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