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Nepali Congress kommt wieder ans Ruder

Die Verteilung der Abgeordnetensitze nach der Parlamentswahl im Himalayastaat ist noch nicht amtlich

Von Hilmar König, Delhi *

Nepals Wahlkommission hat den bürgerlichen Nepali Congress zum Sieger der Parlamentswahl vom 19. November erklärt. Er verfügt aber voraussichtlich nicht über die absolute Mehrheit.

In der ersten Phase der Auszählung waren die 240 Direktmandate erfasst worden. Der Nepali Congress (NC) errang 105 und die Kommunistische Partei Nepals (Vereinte Marxisten-Leninisten), 91 Sitze. Auf die Vereinte Kommunistische Partei Nepals (Maoistisch) – eindeutige Siegerin der vorhergegangenen Wahlen – entfielen lediglich 26 Sitze.

Die Auszählung der Listenwahl wurde Ende vergangener Woche abgeschlossen. Demnach entfielen auf den NC 2,4 Millionen, die KP(VM-L) 2,2 Millionen und auf die VKP(M) 1.4 Millionen Stimmen. Die noch nicht offizielle Umrechnung in Gesamtmandate würde nach Darstellung der Zeitung »The Himalayan Times« den NC mit 196 Abgeordnetensitzen vorn sehen, gefolgt von den Marxisten-Leninisten mit 175 und den Maoisten mit 80 Sitzen. Zusätzlich verteilt der Ministerrat 26 der insgesamt 601 Sitze auf die Hauptparteien.

Das Ergebnis bedeutet einen eklatanten Absturz der Maoisten, die 2006 nach zehn Jahren Guerillakrieg ein Friedensabkommen unterzeichnet hatten. Aus den ersten demokratischen Wahlen nach dem Sturz der Monarchie im Jahre 2008 waren sie mit weitem Abstand als Sieger hervorgegangen. Viele Wähler betrachteten sie nach über 200 Jahren feudalistischer Herrschaft als Motor für einen grundlegenden Wandel. Die Maoisten blieben aber hinter allen Erwartungen zurück, weil sie sich in Machtkämpfe mit anderen Parteien verwickeln ließen oder sie selbst anzettelten. Ein paar Monate vor der Wahl spaltete sich außerdem eine radikale Fraktion ab und bildete eine konkurrierende Partei.

Als die Auszählungstrends deutlich wurden, war die Führung der Maoisten so konsterniert, dass sie einen Stopp der Zählung forderte, von »Betrug« sprach und mit Boykott des Parlaments drohte. Inzwischen fordert die Partei gemeinsam mit 13 anderen Gruppierungen eine Überprüfung des gesamten Wahlprozesses. Die Wahlkommission, die das Votum als frei, fair und transparent bewertete, lehnt das ab und erklärte, für Beschwerden sei das Verfassungsgericht zuständig.

Der NC wird also mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Als Favorit für das Amt des Premierministers gilt Parteichef Sushil Koirala. Die Marxisten-Leninisten als zweitstärkste Fraktion spekulieren auf das Amt des Staatspräsidenten. Koirala gab inzwischen konstruktiv und versöhnlich klingende Stellungnahmen ab. So warnte er seine Gefolgschaft angesichts des deutlichen Wahlsieges vor Arroganz. Er tritt für Konsens und Zusammenarbeit mit allen politischen Parteien ein, um das Land aus der Krise zu führen.

Doch das scheint beim Blick auf die vergangenen sieben Jahre nahezu ausgeschlossen. Der Regierungschef muss mit vehementer Opposition der linken Maoisten sowie der in zwei Parteien gespaltenen Monarchisten rechnen. Deren Erfolg, 36 Parlamentssitze, war ebenfalls nicht erwartet worden.

Koiralas Vorhaben, das Grundgesetz innerhalb eines Jahres auszuarbeiten, gleicht einer Herkulesarbeit. Daran scheiterten in der Vergangenheit bereits verschiedene Regierungen, und die erste verfassunggebende Versammlung brachte das in sieben Jahren nicht zustande.

* Aus: neues deutschland, Montag, 2. Dezember 2013


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