Nepals Terai-Region streikt
Autonomie-Bewegung besteht auf ihren Forderungen
Von Hilmar König, Delhi *
Bereits die zweite Woche halten die Streiks im Süden Nepals an. Bei Auseinandersetzungen mit der
Polizei kamen zwei Menschen ums Leben, Dutzende wurden verletzt. Am Mittwoch gelang es am
Grenzübergang Birgunj, die Straßenblockade zu durchbrechen und dringend benötigten Treibstoff
unter Polizeischutz ins Land zu bringen.
Mit ihren Aktionen will die Vereinte Demokratische Madhesi-Front (UMDF) ihre
Autonomieforderungen für die südnepalesische Terai-Region durchsetzen. In Nepals Hauptstadt
Katmandu atmete man am Mittwoch auf, als die ersten 22 Tankfahrzeuge mit Treibstoff eintrafen.
Der Protest im Süden bewirkt nämlich auch hier Mangel an Lebensmitteln und Benzin. Im Terai
selbst liegt der Verkehr lahm, Schulen, Büros und Fabriken sind geschlossen. Große Hoffnungen
wurden deshalb in Gespräche zwischen UMDF-Führern und Regierungsvertretern am Dienstag in
Katmandu gesetzt. Doch die blieben ergebnislos. Die erst kürzlich gebildete UMDF bestand auf
ihren Grundforderungen: Bildung eines autonomen Madhes-Staates, Recht auf Selbstbestimmung,
Annullierung des Wahlgesetzes und proportionale Vertretung der Terai-Bevölkerung in Parlament
und staatlichen Organen. Außerdem will sie die während der Madhesi-Bewegung im vorigen Jahr
ums Leben Gekommenen offiziell zu Märtyrern erklären lassen. Das ist der einzige Punkt, dem die
Regierung bedingungslos zustimmt. Die Kernforderungen wies Regierungschef Girija Prasad Koirala
jedoch zurück: »Das Recht auf Selbstbestimmung, das die Souveränität und Integrität der Nation
gefährdet, ist nicht akzeptabel, selbst wenn uns eine ausländische Macht unter Druck setzen sollte.«
Auf den Wunsch nach einer autonomen Provinz Madhes würden die Wahlen eine Antwort geben,
fügte er hinzu. Die Allianz der Parteien Nepals schlug in die gleiche Kerbe: Die Forderungen nach
Selbstbestimmung und Änderung des Wahlsystems könnten nicht erfüllt werden.
Damit ist so gut wie sicher, dass es bei den Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung am
10. April im Terai, wenn überhaupt, nur eine schwache Beteiligung geben wird. Denn die Terai-
Madhes-Loktantrik-Partei, die Sadbhawna-Partei und das Madhesi-Janadhikar-Forum haben keine
Kandidatenliste bei der Wahlkommission Nepals eingereicht.
Von 74 bei der Kommission registrierten Parteien unterbreiteten 37 ihre abgeschlossenen
Kandidatenlisten für das proportionale Wahlsystem. Die KP Nepals (Maoistisch) schickt 335
Bewerber ins Rennen. Parteichef Prachanda teilte mit, dass davon 51 Prozent Frauen sind.
Ian Martin, Leiter der UNO-Mission für Nepal, äußerte Mitte der Woche tiefe Besorgnis über die
Gewalt und über die Entwicklung im Terai. Er appellierte an alle Seiten, zu verhandeln und den
Konflikt nicht zuzuspitzen. Beobachter sind sich einig, dass das nationale Votum am 10. April (so es
nicht erneut verschoben wird) ohne ein befriedetes Terai und ohne Teilnahme der Madhesi-
Bevölkerung zur Farce gerät.
*Aus: Neues Deutschland, 22. Februar 2008
Zurück zur "Nepal"-Seite
Zurück zur Homepage