Lächerliches Theater
Dritte Runde der Wahl eines Premiers in Nepal wiederum ohne greifbares Ergebnis
Von Hilmar König *
Auch die dritte Runde zur Wahl eines nepalesischen Premiers am Montag (2. Aug.)
ging ohne greifbares Resultat aus. Innerhalb von zwei Wochen scheiterten
damit alle Anläufe, einen Nachfolger für den am 30. Juni
zurückgetretenen Regierungschef Madhav Kumar Nepal von der KPN (Vereinte
Marxisten und Leninisten) zu finden. Die 103 Abgeordneten dieser Partei,
der drittstärksten Kraft im vorläufigen Parlament, übten bei allen
Abstimmungen Enthaltung und trugen damit wesentlich zur Patt-Situation
bei. Das bedeutet nicht, daß sich auf der politischen Bühne nichts
bewegen würde. Der Spitzenkandidat für den Posten des Regierungschefs,
Pushpa Kamal Dahal Prachanda von der Vereinten KPN (Maoistisch) erhielt
von Runde zu Runde mehr Stimmen. Am Montag (2. Aug.) votierten immerhin 259
Abgeordnete für ihn. Dennoch fehlten ihm 42 Stimmen für die
erforderliche einfache Mehrheit in der 601 Abgeordnete zählenden
Volksvertretung. Sein Widersacher, Ram Chandra Paudel, Vizepräsident des
bürgerlichen Nepali Congress (NC), erreichte lediglich 124 Voten.
Die Maoisten um Prachanda setzen gegenwärtig ihre Hoffnungen auf die
Vereinte Demokratische Madhesi-Front (UDMF), die aus vier Parteien
besteht und den Bevölkerungsteil aus der fruchtbaren Terai-Ebene
repräsentiert. Die UDMF hatte der VKPN (M) und dem NC kürzlich ein
Papier übergeben, das wesentliche Madhesi-Forderungen enthält.
Kernpunkte bilden die Schaffung einer »autonomen Madhes-Provinz« und die
Rekrutierung von Madhesis als eigenständige Gruppe in den Streitkräften.
Die UDMF wollte diejenige der beiden Parteien bei der Premierwahl
unterstützen, die diesem Katalog am meisten zustimmte. Das schienen
zunächst die Maoisten zu sein, die der »Front« nach Verhandlungen sogar
einen »Verpflichtungsbrief« aushändigten, in dem allerdings die
Befürwortung der »autonomen Madhes-Provinz« fehlte. Eine »Überarbeitung«
des Textes konnte schließlich einen großen Teil der Frontmitglieder
überzeugen.
Trotzdem entschied die UDMF, daß sich ihre 82 Abgeordneten der Stimme
enthalten sollten. Ein Teil von ihnen, mindestens zehn Parlamentarier
des Madhesi-Janadhikar-Forums, entschied sich für Prachanda. Upendra
Yadav, Führer des Forums und früherer Außenminister Nepals, erklärte
nach der Abstimmung: »Die Maoisten haben unseren Forderungen
verhältnismäßig positiv entsprochen. Aber wir brauchen mehr Zeit, die
Fragen der Ausarbeitung der neuen Verfassung, des Friedensprozesses und
der Akzeptanz der Madhesi-Agenda zu diskutieren. Deshalb entschieden wir
uns, erst einmal neutral zu bleiben.«
Offensichtlich sind jedoch die Positionen der Madhesi denen der Maoisten
näher als denen des NC. Es bleibt also noch Verhandlungsspielraum, und
die VKPN (M) hofft, bei der nächsten Abstimmung am 6. August weiteren
Zuspruch aus den Reihen der UDMF zu erhalten. Vielleicht reicht es ja
dann schon zur einfachen Mehrheit für Prachanda.
In der Bevölkerung wird unterdessen die Kritik am »Parlamentstheater«
immer lauter. Die politischen Parteien würden sich mit ihrem schier
endlosen Tauziehen lächerlich machen.
* Aus: junge Welt, 4. August 2010
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