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Opposition kündigt Aktionen an

Nepal weiter ohne Aussicht auf Einheitsregierung und Neuwahlen

Von Thomas Berger *

Nachdem auch die jüngste Verhandlungsrunde zwischen den wichtigsten politischen Kräften Nepals zur Bildung einer Übergangsregierung der nationalen Einheit gescheitert ist, hat das Oppositionslager angekündigt, die derzeitige, maoistisch geführte Regierung von Premier Baburam Bhattarai mit Straßenprotesten zu Fall bringen zu wollen. Schon am Wochenende soll es die ersten Einzelaktionen geben, eine Welle weiterer dann ab 23. Januar folgen, so das Bündnis aus neun kleineren und größeren Parteien.

Führend in dieser heterogenen Allianz, deren kleinster gemeinsamer Nenner der Sturz Bhattarais ist, sind der sozialliberale Nepali Congress (NC) und die Vereinten Marxisten-Leninisten (CPN-UML), nach dem Stand der letzten Wahlen die zweit- bzw. drittgrößte Partei des Himalajastaats. Auch diese sind sich untereinander eigentlich nicht grün, doch die Bandbreite der neuen Allianz reicht zudem von weiteren kleinen Splittergruppen der Kommunistischen Partei Nepals bis zu den Konservativen der einst stramm monarchistischen RPP.

Seit dem Ende des Bürgerkriegs zwischen Armee und Maoisten und dem demokratischen Neuanfang 2006, zu dem schließlich auch die Umwandlung des vormals einzigen Hindu-Königreiches in ein republikanisches System gehörte, haben sich in dem südasiatischen Land in der Pufferzone zwischen den Giganten Indien und China gravierende Umwälzungen vollzogen. Waren sich die einstigen maoistischen Rebellen und die übrigen linken und liberalen Parteien anfangs noch einig, ist spätestens seit 2010/2011 das politische Klima durch ein elendes Gezerre um Einfluß und Vorherrschaft vergiftet. Der endgültige Schritt in die politische Selbstblockade wurde im vergangenen Frühjahr getan. Danach gelang es trotz aller Anstrengungen nicht, bis zum Ablauf des Mandats der verfassunggebenden Versammlung ein neues Grundgesetz auszuarbeiten.

Seither hängt Nepals Regierung in der Luft. Nach mehrfacher Verlängerung zuvor hatte der Oberste Gerichtshof gleich zweimal in Grundsatzurteilen betont, das Mandat der verfassunggebenden Versammlung nicht erneut ausdehnen zu wollen. Ohne dieses Übergangsparlament im Rücken sind Bhattarai und sein Kabinett jedoch nur noch Platzhalter. Präsident Ram Baran Yadav, ein Mann mit NC-Parteibuch, hat mittlerweile mehrere vergebliche Initiativen gestartet, die streitenden Parteien zu einem Kompromiß zu zwingen. Auch das jüngste Ultimatum bis zum 23. November verstrich ohne Fortschritte. Jetzt hat das Staatsoberhaupt den Ball erneut ins Feld der Streithähne geworfen – mit der Hoffnung, daß es diesmal ohne eine neue explizite Deadline vielleicht doch noch zu einer Einigung kommt.

Lediglich Pushpa Kamal Dahal alias Prachanda, Vorsitzender der die Koalitionsregierung anführenden Vereinten Kommunistischen Partei Nepals – Maoistisch (UCPN-M), gibt sich in seinen Statements weiter optimistisch, daß eine Übergangsregierung der nationalen Einheit bald stehen könnte. Gerade NC und UML wollen aber von einer wie auch immer gearteten Führungsrolle der Maoisten dabei nichts wissen. Der Nepali Congress beansprucht den Posten des Interimspremiers. Selbst Neuwahlen als Ausweg, sind ohne einen Grundkonsens der verfeindeten Lager nicht möglich

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 17. Januar 2013


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