Gelingt Nepals Linken ein Wahlbündnis?
Vieles spricht für Zusammengehen der kommunistischen Parteien
Von Thomas Berger, Katmandu *
Bei den Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung Nepals, die eigentlich am 20. Juni stattfinden sollten, könnte es ein linkes Bündnis geben. Vertreter der kommunistischen Parteien schließen langfristig eine Vereinigung nicht aus.
In Nepal streiten die maoistische KPN-M, nach zehnjährigem bewaffneten Untergrundkampf seit
kurzem in der Übergangsregierung vertreten, und die KPN-VML (Vereinigte Marxisten-Leninisten),
schon länger Teil einer Acht-Parteien-Koalition, um die Führungsrolle im linken Lager. Der
Umgangston führender Vertreter im Kabinetts- und Parlamentsalltag ist rau. Mitunter scheinen die
Angriffe der Maoisten gegen die KPN-VML giftiger als die gegen den bürgerlich-liberalen Nepali
Congress (NC) unter Ministerpräsident Girija Prasad Koirala. KPN-M-Chef Pushpa Kamal Dahal
alias Prachanda und Koirala gelingt es im persönlichen Gespräch immer wieder, Konflikte zu
entschärfen. Als Madhav Kumar Nepal, Generalsekretär der KPN-VML, und andere Parteiführer
wegen der Verschiebung der Wahlen den Rücktritt von Premier Koirala zur Sprache brachten,
blieben die Maoisten auffällig still.
Dennoch deutet in Katmandu in den vergangenen Tagen manches auf einen linken Schulterschluss
hin, wann immer nun die Mitglieder der verfassunggebenden Versammlung gewählt werden. Rund
um den 58. Gründungstag der Kommunistischen Partei Nepals sprachen sich namhafte Vertreter
mehrerer Gruppierungen, die sich als deren Erben sehen, für ein Zusammengehen aus. Ein
Wahlbündnis könnte der erste Schritt zu einer späteren organisatorischen Wiedervereinigung auf
neuer Grundlage sein.
Die einmalige Chance einer linken Mehrheit dürfe nicht durch kleinkariertes Denken Einzelner oder
bestimmter Gruppen vereitelt werden, mahnte beispielsweise Padma Ratna Tuladhar, einer der
bekanntesten Menschenrechtsaktivisten Nepals. Und er ist nicht der einzige, der von einem solchen
Bündnis träumt. Dr. Baburam Bhattara, Chefideologe und zweiter Mann der Maoisten, bekannte sich
bei einer gemeinsamen Veranstaltung linker Führer als glühender Anhänger der Idee. Gemeinsam
gelte es, die Monarchie endgültig abzuschaffen und das Himalaja-Königreich in eine demokratische
Republik umzuwandeln, sagte er. Uneinig ist man darin, ob dies durch Volksentscheid oder durch
eine Abstimmung im Übergangsparlament geschehen soll. Die Marxisten-Leninisten wollen das Volk
befragen, während die Maoisten und die kleinere Janamorcha (Volksfront) das Parlament für
ausreichend legitimiert halten. Dort gibt es schon jetzt eine linke Mehrheit.
Auch Madhav Kumar Nepal sieht eine Einigung als notwendig an. Getrenntes Antreten gefährde
einen linken Wahlsieg, betonte der KPN-VML-Generalsekretär und stimmte Bhattara in einem
anderen Punkt zu: Ein Zusammengehen bedürfe einer einheitlichen ideologischen Grundlage.
Derzeit habe jede Partei ihre eigene theoretische Basis, die aber so grundsätzlich unterschiedlich
nicht seien.
Ungeachtet des Zweikampfes an der Spitze wird die vorsichtige Wiederannäherung auch von den
meisten kleineren Gruppen begrüßt. Mehr als ein Dutzend Parteien haben ihre Ursprünge in der
KPN, die in den frühen 90er Jahren immer weiter zersplitterte. Die Bruchstücke wieder
zusammenzufügen, ist zwar ein hartes Stück Arbeit, doch gibt es schon sehr konkrete Vorstellungen
für das linke Wahlbündnis. Ein Vertreter der kleinen KPN-ML brachte dieses Modell ins Gespräch:
Je 35 Prozent der Kandidaten sollen Maoisten und Vereinigte Marxisten-Leninisten stellen, die
restlichen 30 Prozent stünden den übrigen Gruppierungen zu. Bevor es an die Verteilung geht,
müsste indes die Grundsatzfrage entschieden werden.
* Aus: Neues Deutschland, 3. Mai 2007
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