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Nepals Konvent tagt wieder

Parteienboykott des Parlaments nach zwei Wochen aufgehoben

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Nach zweiwöchigem Parteienboykott nahm der Verfassungskonvent Nepals, der als zeitweiliges Parlament fungiert, am Mittwoch wieder seine Arbeit auf. Zu der »Blockade« war es gekommen, weil oppositionelle und Regierungsparteien eine Reihe von Einwänden gegen Premier Pushpa Kamal Dahal Prachanda und seine Ministerriege erhoben hatten. Selbst die KP Nepals (Vereinte Marxisten und Leninisten) als Koalitionspartner der Vereinten KP Nepals (Maoistisch) zeigte sich unzufrieden und kritisierte einen Mangel an »Koalitionsgeist« bei Regierungsentscheidungen. Erst ein Neun-Punkte-Abkommen zwischen beiden Parteien klärte zu Wochenbeginn die Fronten und entspannte die Lage.

Mindestens genauso wichtig war am Mittwoch ein Treffen zwischen Repräsentanten der VKPN(M) und der oppositionellen Partei Nepali Congress. Dabei wurde eine Hauptforderung des Nepali Congress erfüllt: Die Regierung wird den 14 000 im Volkskrieg ums Leben gekommenen Bürgern »Respekt erweisen« und ihren Angehörigen Entschädigung zahlen. Zuvor hatte die Regierung beschlossen, den 7000 im Krieg gefallenen maoistischen Kämpfern den Status von Märtyrern zuzuerkennen. Daß sie die Opfer unter der Zivilbevölkerung unberücksichtig gelassen hatte, brachte den Nepali Congress auf die Barrikaden. Die Partei verpflichtete sich im Gegenzug, den Verfassungskonvent ungestört arbeiten zu lassen.

Damit war die »Parlamentssperre« beendet. Kurz nach dem Meeting am Mittwoch nahmen die Volksvertreter wieder ihre Beratungen auf. Am Abend sprach Premier Prachanda zu den Abgeordneten. Er versicherte, die Regierung werde keine selbstherrlichen Entscheidungen treffen, sondern die Parteien ins Vertrauen ziehen, besonders bei allen Fragen, die den Friedensprozeß betreffen. Auf Forderungen des Nepali Congress eingehend, erklärte er, der Prozeß der Rückgabe von Eigentum, das im Krieg von den maoistischen Rebellen konfisziert worden war, habe bereits begonnen. Auch die Kontrolle über die oft militant agierende Kommunistische Jugendliga sei in Angriff genommen worden. Prachanda wiederholte, es werde keine Einmischung von staatlicher Seite in die Justiz geben. Man arbeite energisch daran, bis Mitte Juli die Integration der einstigen maoistischen Guerilla in die Armee bzw. ihre soziale Rehabilitation abzuschließen. Der Regierungschef rief alle Parteien dazu auf, bei der Überwindung der zahlreichen Schwierigkeiten an einem Strang zu ziehen.

Unterdessen legte das Finanzministerium den Teilnehmern des Nepal Entwicklungsforums den Entwurf für einen Dreijahresplan vor. Darin sind hohe Ziele fixiert. Die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts soll 8,5 Prozent, des Agrarsektors 5,6 Prozent betragen. In der Debatte hielten das etliche Experten angesichts der rückläufigen Industrieproduktion und des permanenten Energiemangels für zu ambitiös. Die Weltbankvertreterin verwies zudem auf die globale Wirtschafts- und Finanzkrise, die um Nepal keinen Bogen macht. Professor Gun Nidhi Sharma von der Plankommission Nepals hingegen glaubt, mit einer Modernisierung und Kommerzialisierung der Agrarwirtschaft, mehr Investitionen in die Industrie sowie Elektrizitätsimporten aus Indien das gesteckte Ziel erreichen zu können.

* Aus: junge Welt, 17. April 2009


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