Einigung in Nepal
Umsetzung des Friedensplans geht weiter
Von Thomas Berger *
Mit der Umsetzung von Teil zwei des nepalesischen Friedensabkommens kann begonnen werden.
Nachdem die Übergangsregierung zugestimmt hat, den Ex-Rebellen einen monatlichen Betrag zur
Versorgung zu zahlen, kann die UNO mit der Erfassung der einstigen Guerillakämpfer starten.
Eigentlich hätte man schon viel weiter sein müssen. Doch Ian Martin, der Chef von UNMIN und als
solcher Sondergesandter des Generalsekretärs der Vereinten Nationen in Nepal, wurde von den
Maoisten immer wieder vertröstet. Jetzt ist innerhalb der Acht-Parteien-Koalition ein Kompromiss
erzielt worden, mit dem alle Beteiligten leben können. 3000 Rupien, umgerechnet 32 Euro, soll jeder
der mehr als 20 000 Mitglieder der maoistischen Volksbefreiungsarmee (PLA), die landesweit in 28
Lagern untergebracht sind, monatlich erhalten. Zusätzlich sollen dort angemessene Unterkünfte
errichtet werden. Damit kommen die Bündnispartner den Forderungen von Maoistenchef Pushpa
Kamal Dahal alias Prachanda und von ehemaligen Kommandeuren der Rebellenbewegung nach.
Die Situation in vielen Camps ist in der Tat kaum tragbar. Für den 20. Juni waren die Wahlen zur
Verfassungsgebenden Versammlung geplant, die zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben sind.
Folglich hatte niemand Unterbringungsmöglichkeiten vorgesehen, die nun auch dem Monsun
standhalten müssen. In einigen Fällen haben die Lagerinsassen zur Selbsthilfe gegriffen, sind auf
die Suche nach Baumaterial in angrenzende Dörfer und Waldgebiete ausgeschwärmt.
Vorkommnisse, die für Unmut sorgen, und in Kathmandu von rechten Kreisen politisch
ausgeschlachtet werden.
Die Einigung der Regierungsparteien, zu denen auch die Maoisten gehören, hat den Himalayastaat
in letzter Minute vor einer neuen Welle von Massenkundgebungen und Generalstreiks bewahrt.
Prachanda hatte mit einer landesweiten Kampagne gedroht, was die Partner im Bündnis zum
Einlenken brachte. Nun werden nicht nur die Zustände in den Camps verbessert, sondern die
UNMIN kann dort nach der Kontrolle über die Waffen auch mit der Datenerfassung von jedem der
Insassen starten. Bei dem zweiten Teil des nepalesischen Friedensvertrags geht es darum, all jene
Personen aus der PLA festzustellen, die minderjährig sind oder erst nach dem Friedensabkommen
rekrutiert wurden. Wie die alte Armee und die ehemaligen Rebellen, die nicht demobilisiert werden,
in neuen nationalen Streitkräften zusammengeführt werden können, darüber gibt es allerdings noch
keine Klarheit.
Offen ist auch, auf welcher Basis die angestrebte Umwandlung des bisherigen Königreiches in eine
Republik erfolgen kann. Die Maoisten drängen wegen der Verschiebung der Wahlen darauf, die
endgültige Abschaffung der Monarchie bereits durch das gegenwärtige Übergangsparlament
verkünden zu lassen. Der liberale Nepali Congress (NC) als größte Regierungspartei sieht aber
dafür den rechtlichen Rahmen nicht gegeben. Nur wenn der real bereits entmachtete König
Gyanendra die Wahlvorbereitungen störe, hätten die Abgeordneten die Befugnis dazu. Der dritte
große Partner, die Vereinigten Marxisten-Leninisten (UML), favorisiert nach wie vor einen
Volksentscheid. Mehr als eine Million Unterschriften haben die Maoisten für die Einführung der
Republik gesammelt.
* Aus: Neues Deutschland, 26. Mai 2007
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