"Red Flag Day" fällt aus
Namibia: Traditionelles Treffen der Herero von der Polizei verboten
Von Henning Hintze, Otjiwarongo *
Wegen eines von den örtlichen Polizeibehörden am Donnerstag ausgesprochenen Verbotes kann in Namibia zum ersten Mal seit 1923 der alljährlich von den Herero begangene »Red Flag Day« nicht stattfinden. Zu der Veranstaltung an diesem Wochenende in Okahandja, zu der gewöhnlich Tausende Herero zusammenkommen, um ihrer Häuptlinge und ihrer Geschichte zu gedenken, war auch der Bundestagsabgeordnete Niema Movassat (Die Linke) eingeladen worden. Er kündigte gegenüber junge Welt an, seine Rede statt dessen bei einer Konferenz in Katutura, einem Viertel der namibischen Hauptstadt Windhoek, halten zu wollen. Diese wird von der Nichtregierungsorganisation »Forum for the Future« organisiert.
Die staatliche Nachrichtenagentur NAMPA zitierte aus einem Brief der Sicherheitsbehörden an zwei Herero-Fraktionen, in dem die Gedenkfeier untersagt wird. Der regionale Polizeichef Joseph Anghuwo erklärte, man habe sich zu dem Verbot entschlossen, »weil wir nicht das Leben namibischer Menschen riskieren dürfen«. Die Polizei habe sich nicht in der Lage gesehen, Ruhe und Ordnung zu gewährleisten, wenn zwei zerstrittene Gruppen gleichzeitig am gleichen Ort zusammenkommen würden. »Ich habe versucht, mich bei verschiedenen Gelegenheiten mit allen Gruppen zu treffen und sie zusammenzubringen, aber es war aussichtslos«, erklärte der Beamte.
Bei den Differenzen zwischen beiden Lagern geht es hauptsächlich um den Standort des Heiligen Feuers der Herero, das für beide Flügel von großer symbolischer Bedeutung ist. Fünf Hererogruppen werfen der Fraktion um Häuptling Tijinani Maharero vor, das Feuer unzeremoniell und gewaltsam von der Stelle entfernt zu haben, an der es seit 1923 immer wieder entfacht worden sei.
Movassat war am Donnerstag bei getrennten Treffen mit Vertretern beider Lager zusammengetroffen. Alle Gesprächspartner begrüßten dabei den von Movassat und seiner Fraktion im Bundestag eingebrachten Antrag, durch den Die Linke die Anerkennung des Völkermords an den Herero während der deutschen Kolonialherrschaft über das südwestafrikanische Land sowie die grundsätzliche Anerkennung eines Anspruchs der Nachkommen der damaligen Opfer auf Wiedergutmachung erreichen wollte. Die Mehrheit des Bundestags lehnte den Antrag im März jedoch ab.
* Aus: junge Welt, Samstag, 25. August 2012
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