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Applaus und Skepsis

US-Präsident beendet Nahostreise in Jordanien. Gemischte Reaktionen auf Aussagen Obamas zum Palästina-Konflikt

Von Karin Leukefeld*

Mit einem Besuch in der jordanischen Hauptstadt Amman hat US-Präsident Barack Obama seinen Besuch im Nahen Osten am Freitag abgeschlossen. Bei einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah versicherte er diesem erneut die Unterstützung. Zuvor hatte Obama während seines zweitägigen Besuchs in Israel am Grab von Theodor Herzl, dem Gründer des Zionismus, einen Kranz niedergelegt und die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besucht. Gemeinsam mit der Familie des 1995 ermordeten israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin besuchte er dessen Grab. In der Geschichte Israels seit 1948 war Rabin der einzige politische Führer, der jemals zu einem ernsthaften Frieden mit den Palästinensern bereit war und bezahlte dies mit seinem Leben.

Die politischen Gespräche waren geprägt von wiederholten Versicherungen, wie eng und unverbrüchlich die Partnerschaft zwischen den USA und Israel sei. Der einzige Ausweg im Nahostkonflikt sei die Zwei-Staaten-Lösung, sagte Obama auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der daraufhin seinerseits erklärte, Israel fühle sich der Zwei-Staaten-Lösung verpflichtet.

Stehenden Applaus erntete Obama für seine Rede vor rund 1000 Studierenden in Jerusalem. Nachdrücklich warb er dabei für das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser und für Frieden. Die Israelis sollten versuchen, sich in deren Lage zu versetzen, um sie besser zu verstehen. »Politiker werden nie über Frieden reden, wenn das Volk sie nicht dazu drängt«, sagte Obama und erhielt dafür donnernden Applaus.

Der Aufenthalt in den palästinensischen Gebieten in der besetzten West Bank war kurz ausgefallen. Für einen knapp halbstündigen Besuch in der Geburtskirche in Bethlehem waren aus Sicherheitsgründen zuvor alle Straßen geschlossen worden. Obama reiste aus Jerusalem in einem von schwer bewaffneten Spezialkräften begleiteten Autokonvoi an, dabei passierte er den militärischen Kontrollpunkt der israelischen Besatzungsarmee. In Begleitung von Außenminister John Kerry kam es in Bethlehem zu einer Begegnung mit Mahmud Abbas, der Bürgermeisterin von Bethlehem und dem Pfarrer der Geburtskirche. Bürgermeisterin Vera Baboun sagte, sie hoffe, daß Obama das, was er in den besetzten Gebieten sehe, zu denken geben werde. Ministerpräsident Ismail Haniyeh sagte in Gaza-Stadt, er erwarte keine Veränderungen für die Palästinenser durch den Obama-Besuch. Die US-Politik werde unter dem Vorwand des Friedens »die israelische Besatzung und die Siedlungen in Palästina bewahren«.

In Jordanien kam vor allem die instabile Situation angesichts rund 200000 syrischer Flüchtlinge zur Sprache. Jordanien ist einer von zwei arabischen Staaten, die mit Israel ein Friedensabkommen abgeschlossen haben und gehört zu einem strategischen Pfeiler der westlichen Politik in der Region, die sich an der »Sicherheit Israels« orientiert. Polizeikräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde werden in Jordanien ausgebildet, im Rahmen des »Kriegs gegen den Terror« gibt es eine enge geheimdienstliche Zusammenarbeit zwischen dem Westen und dem jordanischen Geheimdienst. Durch den »Mittelmeer-Dialog« ist Jordanien auch in die NATO-Strukturen eingebunden. Das Land, dessen Bevölkerung zu mehr als 60 Prozent aus palästinensischen Flüchtlingen besteht, hat schwere wirtschaftliche und soziale Probleme. Seit zwei Jahren gibt es einen Machtkampf zwischen König Abdullah und der syrischen Muslimbruderschaft.

Abdullah war der erste arabische Machthaber, der den syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad in einem BBC-Interview im November 2011 zum Rücktritt aufgefordert hatte. Offiziell tritt er für eine »politische Lösung in Syrien« ein und wendet sich gegen die Bewaffnung der Aufständischen. Wie machtlos der König tatsächlich ist – oder wie unehrlich – zeigt die Tatsache, daß US-amerikanische und andere ausländische Militärberater Aufständische für den Kampf in Syrien in geheimen Lagern im Süden des Landes ausbilden. Nach der Ausbildung werden die Kämpfer über die gleiche Grenze nach Syrien eingeschleust, über die syrische Flüchtlinge nach Jordanien strömen. Für die humanitäre Hilfe der Flüchtlinge haben die USA, westliche Staaten und die Golfmonarchien zuletzt im Januar 2013 eine Milliarde US-Dollar bereitgestellt; das Geld erreicht die Menschen allerdings nur zögerlich.

* Aus: junge Welt, Samstag, 23. März 2013


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