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Golfstaaten wollen Atomwaffen ächten

Recht auf nichtmilitärische Nukleartechnologie bekräftigt / Debatte über regionale Konflikte

Von Karin Leukefeld *

In Riad berieten die sechs Mitglieder des Golfkooperationsrates über die Befreiung der Region von Massenvernichtungswaffen und die Eindämmung der andauernden Konflikte.

»Die Staaten der Golfregion haben das Recht auf die friedliche Entwicklung von Atomtechnologie«, heißt es im Abschlusskommuniqué des Gipfeltreffens des Golfkooperationsrates (GCC), das am Sonntag in der saudiarabischen Hauptstadt Riad zu Ende ging. Der Rat wiederholte seine Forderung, dass der Nahe Osten zu einer Zone ohne Massenvernichtungswaffen werden müsse.

Der Streit um das iranische Atomprogramm müsse friedlich gelöst werden und Israel dem Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen beitreten. Israel gilt als einziges Land im Nahen Osten, das über Atomwaffen verfügt, äußert sich dazu aber nicht. Der Rat werde eine Studie in Auftrag geben, »um ein gemeinsames Programm für die friedliche Nutzung von Nukleartechnologie« aufzustellen, erklärte Abdulrahman Al-Attiyah, der GCC-Generalsekretär, dessen Amtszeit um weitere drei Jahre verlängert wurde.

Im Golfkooperationsrat sind Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Katar, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate zusammengeschlossen. Der saudische Außenminister Prinz Saud al-Faisal sagte, man habe sich auch darauf geeinigt, ein gemeinsames Truppenkontingent aufzustellen, um ein militärisches Schutzschild um die arabische Halbinsel zu bauen. Die Entwicklung eines zivilen Atomprogramms sei allerdings »keine Drohung«. »Wir kündigen unsere Absicht an, damit es keine Missverständnisse gibt. Wir handeln nicht geheim, sondern offen.« Keiner der Golfstaaten habe die Absicht, in den Besitz von Atombomben zu kommen.

Der Bericht der Baker-Hamilton-Kommission zu Irak wurde von den GCC-Staaten als zwiespältig bewertet. Nicht gute Vorschläge seien wichtig, sondern die Frage, was umgesetzt würde und auf welche Weise, sagte der saudische Außenminister. Der Druck auf die irakische Regierung sei zu groß, »wir sehen nicht, wie sie die Anforderungen erfüllen soll«. Besonders bedrohlich sei die militärische Stärke der Milizen, deren Entwaffnung die GCC-Staaten forderten.

Auch um die Lage in Libanon ging es bei dem Treffen in Riad. Auf die Frage, ob sich Saudi-Arabien vermittelnd in die Spannungen zwischen Libanon und Syrien einschalten werde, erklärte der saudische Außenminister, es sei besser, wenn die Libanesen »ihre Angelegenheiten selber regeln« würden.

Als zentrales Problem in der Region bezeichneten die Golfstaaten den ungelösten israelischpalästinensischen Konflikt. Das Palästinenserproblem habe »die Luft vergiftet«, so Prinz Saud. Die israelischen »Willkürmaßnahmen« müssten ein Ende haben, eine internationale Konferenz solle den festgefahrenen Friedensprozess wieder in Gang bringen. Man hoffe, dass dann auch endlich die arabischen Friedensvorschläge berücksichtigt werden. Zuletzt hatte Katar Anfang des Jahres einen Friedensvorschlag vorgelegt, der bisher von Israel ignoriert wurde. Ohne einen unabhängigen palästinensischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt werde es keinen Frieden im Mittleren Osten geben, so die Meinung der Golfstaaten.

Bereits zum Auftakt des Gipfels hatte der saudische König Abdullah auf die verschiedenen Konflikte in der Region angespielt. Der Nahe und Mittlere Osten sei ein »Pulverfass«, das mit dem nächsten kleinen Funken in die Luft fliegen könne, warnte Abdullah. Als größte Gefahren hatte der Monarch den israelisch-palästinensischen Konflikt und die Lage in Irak bezeichnet. Die Palästinenser litten unter einer »schrecklichen Besatzung« durch Israel, während die internationale Gemeinschaft »wie Augenzeugen ihrer blutigen Tragödie« beiwohne.

* Aus: Neues Deutschland, 12. Dezember 2006


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