USA - Israel - Palästina: Keine Verhandlungen, nur Gewalt
Die Spur des eigentlichen Problems führt zurück nach Washington
Der folgende Text von Noam Chomsky wurde in ZNet veröffentlicht (Red Pepper) und am 2. Mai 2002 in der jungen welt in einer deutschen Übersetzung veröffentlicht.
Von Noam Chomsky
»Es ist eingetreten, was wir befürchtet haben«, stellte der
Soziologe Baruch Kimmerling von der Hebräischen Universität
vor einem Jahr fest. Juden und Palästinenser »regredieren in
den Zustand abergläubischer Stammesfehden ..., der Krieg
erscheint als unvermeidliches Schicksal, als übler
Kolonialkrieg«. Nach dem israelischen Überfall auf die
Flüchtlingslager in diesem Jahr schrieb sein Kollege Zeév
Sternhell: »Ein Menschenleben ist nichts wert im kolonialen
Israel. Die Führung schämt sich nicht mehr, von Krieg zu
sprechen, während sie in Wirklichkeit eine Sorte von
Kolonialpolitik betreibt, die an die Übernahme der
Schwarzenviertel in Südafrika durch die weiße Polizei während
der Apartheid erinnert.«
Beide betonen das Offensichtliche: Es gibt keine Symmetrie
zwischen den ethno-nationalen Gruppen, die da regredieren.
Der Konflikt hat seinen Ursprung in den Gebieten, die seit 35
Jahren unter strenger militärischer Besatzung stehen. Der
Eroberer ist eine militärische Großmacht und agiert mit
massiver militärischer, ökonomischer und diplomatischer
Unterstützung der globalen Supermacht. Die Eroberten sind
allein und schutzlos, viele überleben nur noch mit Mühe in
elenden Lagern, sind im Lauf der Zeit dem immer brutaleren
Terror ausgesetzt gewesen, der aus den üblen Kolonialkriegen
bekannt ist, und begehen jetzt aus Rache selbst schreckliche
Grausamkeiten.
»Auf ewig abhängig ...«
Die »Friedensverhandlungen« von Oslo haben die Modalitäten
der Besatzung verändert, das Grundkonzept aber ist
geblieben. Kurz bevor er Mitglied der Ehud-Barak-Regierung
wurde, schrieb der Historiker Shlomo Ben-Ami: »Die
Vereinbarungen von Oslo hatten eine neokoloniale Grundlage -
sie beruhten darauf, daß die einen auf ewig von den anderen
abhängig sein würden.« Kurz darauf, im Sommer 2000 in Camp
David, war er bereits selbst einer der Mitverfasser der
US-amerikanisch-israelischen Vorschläge, die an eben diesen
Bedingungen festhielten und dafür hohes Lob in der
US-Berichterstattung ernteten. Die Palästinenser und ihr übler
Führer bekamen die Schuld für ihr Versagen und die daraus
folgende Gewalt zugeschoben. Das aber ist böswillige
»Täuschung«, schreibt Kimmerling zusammen mit allen
anderen ernsthaften Kommentatoren.
Es ist wahr, Clinton/Barak haben sich einer Befriedung im
Bantustan-Stil ein paar Schritte weit genähert. Unmittelbar vor
Camp David waren die Palästinenser auf der Westbank in
mehr als 200 versprengte Gebiete gesperrt. Clinton/Barak
schlugen eine Verbesserung vor: die Zusammenlegung zu drei
Gebieten, alle säuberlich getrennt sowohl voneinander als
auch von dem vierten Gebiet - einem kleinen Teil von
Ost-Jerusalem, dem Zentrum des Austauschs und des
palästinensischen Lebens in der Region. Das Konzept für das
fünfte Gebiet - Gaza - war völlig unklar, außer in bezug darauf,
daß die Bevölkerung praktisch eingesperrt bleiben sollte.
Verständlich also, daß man in der amerikanischen
Mainstream-Presse weder Landkarten noch irgendwelche
Einzelheiten der Vorschläge findet.
Niemand kann im Ernst bezweifeln, daß die Rolle der USA
weiterhin ausschlaggebend sein wird. Deshalb ist das
Verständnis von entscheidender Bedeutung, worin diese Rolle
bisher bestanden hat und wie sie im Inneren wahrgenommen
wurde. Die Herausgeber der New York Times (vom 7. April)
haben die Version der Tauben präsentiert und den
Präsidenten für seine »bahnbrechende Ansprache und die
Formulierung seiner herausragenden Vision« gepriesen. Deren
erste Forderung ist die sofortige »Beendigung des
palästinensischen Terrorismus«. Einige Zeit später folgen der
Stopp, dann der Rückzug der jüdischen Siedlungen und die
Verhandlung über neue Grenzen, um die Besatzung zu
beenden und die Errichtung eines palästinensischen Staates
zu ermöglichen. Falls der palästinensische Terror aufhört, wird
Israel ermutigt werden, »das historische Angebot der
Arabischen Liga über vollständigen Frieden und die
Anerkennung im Austausch für einen israelischen Rückzug
ernster zu nehmen«. Aber vorher müssen die
palästinensischen Führer erst beweisen, daß sie
»verhandlungsberechtigte diplomatische Partner« sind.
Die wirkliche Welt hat wenig Ähnlichkeit mit dieser Schilderung
der Lage, die nur den eigenen Interessen dient und geradezu
wortwörtlich aus den 80er Jahren übernommen ist, als die USA
und Israel verzweifelt versucht hatten, den Angeboten der
PLO zu Verhandlungen und einer politischen Lösung
auszuweichen, indem sie an dem Credo festhielten, es werde
keine Verhandlungen mit der PLO geben, keinen zusätzlichen
palästinensischen Staat (Jordanien war ja bereits ein
palästinensischer Staat) und »keinerlei Änderung des Status
von Judäa, Samaria und Gaza, es sei denn in Übereinstimmung
mit den grundlegenden Richtlinien der israelischen Regierung«
(der Plan der Peres-Shamir-Koalition im Mai 1989, unterstützt
von Bush senior im Baker-Plan vom Dezember 1989). All dies
blieb im US-Mainstream unveröffentlicht wie auch schon
regelmäßig zuvor, während in derselben Zeit die Palästinenser
für ihren einseitigen Hang zum Terror denunziert wurden, der
die humanitären Bemühungen der USA und ihrer Verbündeten
ständig untergrabe.
In der wirklichen Welt ist und bleibt die größte Barriere gegen
die »herausragende Vision« die einseitige Ablehnungshaltung
der USA. An dem »historischen Angebot der Arabischen Liga«
ist wenig Neues. Es wiederholt die grundlegenden
Forderungen einer Resolution des Sicherheitsrates vom Januar
1976, die damals buchstäblich von der ganzen Welt
unterstützt wurde - einschließlich der führenden arabischen
Staaten, der PLO, Europa und dem Sowjetblock - tatsächlich
also von allen, die eine Rolle spielten.
Israel war dagegen, und die USA legten ihr Veto ein und
verbannten die Resolution damit aus der Geschichte. Diese
Resolution sprach sich für eine politische Lösung auf der Basis
der international anerkannten Grenzen aus - »mit
angemessenen Vereinbarungen ... zur Garantie ... der
Souveränität, der territorialen Unverletzlichkeit und der
politischen Unabhängigkeit aller Staaten in der Region und
ihres Rechts darauf, innerhalb sicherer und anerkannter
Grenzen in Frieden zu leben« - eine Modifikation der
UN-Resolution 242 also (die auch von den USA offiziell so
ausgelegt wird) - erweitert um die Aufnahme eines
palästinensischen Staates. Seither sind ähnliche Initiativen von
arabischen Staaten, der PLO oder Europa von den USA jedes
Mal abgeblockt und in öffentlichen Kommentaren meist
unterdrückt und verleugnet worden.
Ein Hundeleben sollt ihr führen
Die ablehnende Haltung der USA reicht noch fünf Jahre weiter
zurück bis in den Februar 1971, als Ägyptens Präsident Sadat
Israel einen vollständigen Friedensvertrag als Gegenleistung
für einen Rückzug aus dem ägyptischen Gebiet anbot - ohne
das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat oder das
Schicksal der anderen besetzten Gebiete auch nur zu
erwähnen. Israels Labour-Regierung erkannte das als ein
tatsächliches Friedensangebot, lehnte es aber ab, weil sie
vorhatte, ihre Siedlungen auf den nordöstlichen Sinai
auszudehnen, was sie dann auch mit äußerster Brutalität tat
und damit unmittelbar den Krieg von 1973 verursachte. Israel
und die USA verstanden sehr wohl, daß der Frieden möglich
und mit der offiziellen US-Politik vereinbar war. Aber wie der
damalige Führer der Labour-Partei (und spätere Präsident)
Ezer Weizman erklärte, würden die Folgen Israel nicht
gestatten, »in dem Ausmaß, dem Geist und der Qualität zu
existieren, die es jetzt verkörpert«. Der israelische
Kommentator Amos Elon schrieb, daß Sadat Panik innerhalb
der israelischen politischen Führung verursacht habe, als er
seine Bereitschaft ankündigte, »eine Friedensvereinbarung mit
Israel anzusteuern und seine Unabhängigkeit und
Souveränität innerhalb "sicherer und anerkannter Grenzen"
anzuerkennen«.
Kissinger blockierte den Frieden erfolgreich mit seiner erklärten
Bevorzugung dessen, was er als »Patt« bezeichnete: keine
Verhandlungen - nur Gewalt. Auch Jordaniens
Friedensangebote wurden abgelehnt. Seit dieser Zeit hat die
offizielle US-Politik am internationalen Konsens über den
Rückzug festgehalten - bis auf Clinton, der die
UN-Resolutionen und Erwägungen des internationalen Rechts
praktisch aufgehoben hat. Aber in der Praxis hat die Politik die
Kissinger-Richtlinien befolgt, nämlich Verhandlungen nur dann
zu akzeptieren, wenn sie dazu gezwungen wurde - wie
Kissinger nach der Beinahekatastrophe von 1973, für die er -
mit Ben Amis Vorgaben - die Hauptverantwortung trug.
Danach folgten alle Pläne für die Palästinenser den Richtlinien
Moshe Dayans, einem der Labour-Führer mit etwas größerer
Sympathie für das palästinensische Anliegen. Er gab dem
Kabinett den Rat, Israel solle den Flüchtlingen folgendes
klarmachen: Wir haben keine Lösung; ihr sollt weiter ein
Hundeleben führen; wer will, kann ja gehen - wir werden dann
sehen, wohin dieser Weg führt. Auf heftigen Widerspruch hin
antwortete er mit einem Zitat Ben Gurions: »Wer auch immer
das zionistische Problem von einer moralischen Warte aus
betrachtet, der ist kein Zionist.« Er hätte auch Chaim Weizman
(1874-1952, erster Präsident Israels) zitieren können, der die
Meinung vertrat, das Schicksal von »einigen hunderttausend
Negern in den jüdischen Homelands sei eine Angelegenheit
ohne jede Bedeutung«.
So ist es nicht überraschend, daß das Leitprinzip der
Besatzung exzessive und herabsetzende Demütigung ist -
begleitet von Folter, Terror, Zerstörung von Land, Deportation,
Neubesiedelung und der Okkupation lebensnotwendiger
Ressourcen, vor allem von Wasser. Das ging selbstverständlich
nur mit der entschiedenen Unterstützung der USA, die
während der Clinton-Barak-Jahre noch erweitert wurde. »Die
Regierung Barak hinterläßt Scharons Regierung ein
überraschendes Erbe«, berichtete die israelische Presse, als
der Übergang stattfand: »Die höchste Anzahl von
Wohnungsgründungen in den besetzten Gebieten seit der Zeit
vor den Oslo-Verträgen von 1992, als Ariel Scharon Bau- und
Siedlungsminister war.« Die finanzielle Unterstützung hierfür
kam von den amerikanischen Steuerzahlern und war
erschlichen mit phantastischen Geschichten über die
»Visionen« und den »Großmut« amerikanischer Führer, ständig
vereitelt von Terroristen wie Arafat, die »unser Vertrauen«
verwirkt hätten, und vereitelt durchaus auch von einigen
israelischen Extremisten, die auf deren Verbrechen
überreagiert hätten.
Was Arafat tun muß, um »unser Vertrauen«
wiederzugewinnen, erklärte uns Edward Walker, der offiziell
Verantwortliche des Clinton-Außenministeriums für die Region,
kurz und bündig. Arafat der Abtrünnige muß ohne jede
Zweideutigkeit erklären, daß »wir unsere Zukunft und unser
Schicksal in die Hände der USA legen«, die seit 30 Jahren die
Kampagne zur Aushöhlung der palästinensischen Rechte
betreibt. Ernsthaftere Kommentare gestanden zu, daß das
»historische Angebot« im wesentlichen den saudischen
Fahd-Plan von 1981 wiederholte, behaupteten jedoch
regelmäßig, es würde durch die arabische Weigerung
untergraben, das Existenzrecht Israels anzuerkennen.
Wieder sind die Tatsachen ganz anders. Der Plan von 1981
wurde untergraben durch eine israelische Reaktion darauf, die
selbst die eigene Mainstream-Presse als »hysterisch«
verurteilte. Der Fahd-Plan »bedroht Israels Existenz«, warnte
Premier Schimon Peres, und Präsident Chaim Herzog
behauptete, der »tatsächliche Verfasser« des Fahd-Plans sei
die PLO, und der Plan sei sogar noch extremer als die
Resolution des Sicherheitsrates vom Januar 1976, die auch von
der PLO »vorbereitet gewesen« sei, während er
UN-Botschafter für Israel war. Diese Behauptungen können
kaum stimmen (obwohl die PLO beide Pläne öffentlich
unterstützte), aber sie sind ein Hinweis auf die verzweifelte
Angst der israelischen Tauben vor einer politischen Lösung.
Und die Vereinigten Staaten unterstützen sie darin
entschlossen und unermüdlich.
US-Ausrüstung für den Terror
Damals wie heute führt die Spur des eigentlichen Problems
zurück nach Washington, das Israels Ablehnung einer
politischen Lösung im Sinne des allgemeinen internationalen
Konsens beständig unterstützt hat - ein Konsens, der sich in
»dem historischen Angebot der Arabischen Liga« wiederholt.
Gegenwärtige Abweichungen in der ablehnenden Haltung der
USA sind taktischer Natur und insofern von geringer
Bedeutung. Aus Angst, die Angriffspläne auf den Irak zu
gefährden, unterstützten die Vereinigten Staaten die
UN-Resolution mit dem Aufruf an Israel, sich aus den neu
okkupierten Gebieten »ohne Verzögerung« zurückzuziehen -
was nach Außenminister Colin Powells unverzüglicher
Erklärung soviel heißen sollte wie: so schnell wie möglich.
Der palästinensische Terror muß »sofort« aufhören, aber der
bei weitem extremere, seit 35 Jahren andauernde israelische
Terror kann sich Zeit lassen. Israel eskalierte seine Angriffe
sofort und veranlaßte Powell zu der Äußerung: »Ich bin erfreut
zu hören, daß der Premierminister sagt, er wolle seine
Operationen beschleunigen.« Diese Einstellung der USA mag
sich durchaus wieder ändern, und das wird wieder aus
taktischen Gründen sein.
In der Zwischenzeit fahren die Vereinigten Staaten fort (um mit
den Worten des Präsidenten zu sprechen), »den Terror zu
steigern«, indem sie Israel mit der Ausrüstung für Terror und
Zerstörung versorgen - einschließlich einer neuen Lieferung
der höchstentwickelten Hubschrauber im ganzen US-Arsenal
(Robert Fisk im Independent vom 7. April). Das ist ihre
Standardreaktion auf Greueltaten eines Klientenregimes. Um
nur ein schlagendes Beispiel anzuführen: In den ersten Tagen
der jetzigen Intifada setzte Israel US-Hubschrauber ein, um
zivile Ziele anzugreifen, wobei zehn Palästinenser getötet und
35 verwundet wurden - wohl kaum in Selbstverteidigung. Der
US-Präsident antwortete mit einem Vertrag über »den größten
Kauf von Militärhubschraubern durch die israelische Luftwaffe
innerhalb der letzten zehn Jahre«. (Ha’aretz vom 3. Oktober
2001) und einer Lieferung von Ersatzteilen für die
Kampfhubschrauber vom Typ Apache. Die Presse spielte den
Handlanger, indem sie sich weigerte, über die Fakten zu
berichten. Ein paar Wochen später fing Israel an, auch die
Kampfhubschrauber einzusetzen. Und eine der ersten
Amtshandlungen der Bush-Administration war eine Lieferung
von Apache-Longbow-Hubschraubern - die mörderischsten, die
derzeit erhältlich sind. Das hatte ein paar kleine Notizen auf
den Wirtschaftsseiten zur Folge.
Dem Gedächtnisloch übereignet
Washingtons Neigung zur »Steigerung des Terrors« wurde
erneut im Dezember deutlich, als es im Sicherheitsrat sein Veto
gegen eine Resolution einlegte, die sich für die Verwirklichung
des Mitchell-Plans und für die Entsendung internationaler
Beobachter aussprach. Das ist anerkanntermaßen das
wirkungsvollste Mittel, die Gewalttätigkeiten zu kontrollieren,
wird jedoch von Israel verweigert und von Washington
regelmäßig blockiert. Das Veto fiel in eine 21tägige Periode der
Ruhe, was heißt, daß nur ein israelischer Soldat getötet wurde,
zusammen mit 21 Palästinensern - davon fünf Kinder - und daß
16 israelische Vorstöße in palästinensisch kontrollierte Gebiete
stattfanden (Graham Usher im Middle East International am
25. Januar 2002). Zehn Tage vor dem Veto boykottierten die
USA eine internationale Konferenz in Genf und untergruben sie
auf diese Weise - eine Konferenz, die ein weiteres Mal
beschloß, daß die Vierte Genfer Konvention auf die besetzten
Gebiete angewendet werden müsse, was bedeutet, daß
buchstäblich alles, was die USA und Israel dort tun, ein
schwerer Verstoß dagegen ist - in schlichten Worten ein
Kriegsverbrechen.
Die Konferenz erklärte ausdrücklich die von den Vereinigten
Staaten finanzierten israelischen Siedlungen für illegal und
verurteilte die Praxis »vorsätzlicher Tötung, Folter,
ungesetzlicher Deportation, vorsätzlicher Verweigerung des
Rechts auf ein faires und
ordnungsgemäßes Verfahren, exzessive Zerstörung und
Enteignung von Grund und Boden ..., die ungesetzlich und
mutwillig begangen werden«. Als einer der wichtigsten
Vertragspartner sind die USA dazu gezwungen, all jene zu
verfolgen, die für derartige Verbrechen verantwortlich sind,
einschließlich ihrer eigenen Führungsspitze. Also herrscht dazu
tiefes Schweigen.
Die Vereinigten Staaten haben ihre Anerkennung der Genfer
Konventionen und deren Anwendung auf die besetzten
Gebiete offiziell nicht zurückgenommen, ebensowenig wie ihre
Bezeichnung der israelischen Übergriffe als die einer
Besatzungsmacht. Im Oktober 2000 bekräftigte der
Sicherheitsrat seinen Konsens in dieser Angelegenheit: »Wir
rufen die Besatzungsmacht Israel dazu auf, sich gewissenhaft
an ihre gesetzlichen Verpflichtungen gemäß der Vierten Genfer
Konvention zu halten.« Das Abstimmungsergebnis war 14 zu
null. Clinton enthielt sich - mutmaßlich wollte er sein Veto nicht
gegen eines der Grundprinzipien der internationalen
Menschenrechte einlegen, ganz besonders nicht angesichts
der Bedingungen, unter denen sie zustande gekommen sind:
um die Greueltaten der Nazis formaljuristisch zu ahnden. Auch
all das wurde ganz schnell dem großen Gedächtnisloch
übereignet -ein weiteres Zugeständnis an die Steigerung des
Terrors.
Bevor diese Dinge nicht zur Diskussion zugelassen sind und
ihre Bedeutung nicht verstanden wird, ist es vollkommen
sinnlos, nach einem US-Engagement im Friedensprozeß zu
rufen, und so lange ist die Aussicht auf eine konstruktive
Lösung finster.
Übersetzung: Annette Schiffmann
Aus: junge welt, 2. Mai 2002
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