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Bushs erfolgreicher Cowboy-Ritt durch den Nahen Osten

Von Maria Appakowa, Moskau *

Ein Friedensabkommen zwischen den Israelis und Palästinensern soll bis Ende des Jahres erreicht werden.

Diese optimistische Prognose gab George W. Bush nach den Verhandlungen in Jerusalem und Ramallah ab. Doch bei den Einschätzungen zur Regelung innerhalb der Palästinensergebiete war er vorsichtiger: Der US-Präsident zeigte sich darüber nicht sicher, ob Palästinserpräsident Mahmud Abbas eine Versöhnung mit der Hamas in absehbarer Zukunft erreichen kann.

Von Bushs erstem Besuch im Heiligen Land wurden keine konkreten Ergebnisse erwartet. Die US-Administration schien sich eher um den Atomstreit mit Iran als um die palästinensisch-israelische Lösung zu kümmern. Die Iraner haben selbst mit dem mysteriösen Zwischenfall mit US-Schiffen im Persischen Golf Öl ins Feuer gegossen. Bush nutzte den Anlass und erging sich wieder einmal in zornigen Reden gegen Teheran. Auch für die meisten Journalisten und Experten war das Thema Iran viel interessanter als die nebelhaften Aussichten einer palästinensisch-israelischen Regelung. Zumal Bush während des Besuchs nichts grundsätzlich Neues gesagt hat und die Konfrontation zwischen dem Iran und den USA die Situation im Nahen Osten bestimmt. Doch der Widerspruch liegt darin, dass es für Bush angesichts dieser Konfrontation Ehrensache ist, ein Friedensabkommen zwischen den Palästinensern und Israelis zu erreichen.

"Ein Friedensabkommen kann noch in diesem Jahr herbeigeführt werden. Ich werde alles in meinen Kräften Stehende tun, um das durchzusetzen", versicherte Bush.

Je häufiger der US-Präsident einen Palästinenserstaat bis zum Ende seiner Amtszeit verspricht, desto fester glaubt er selber dran. Noch ein wenig, und er wird bereit sein, mit der Hand auf der Bibel darauf zu schwören.

Seit langem hat kein Politiker gewagt, mit solcher Sicherheit über einen Frieden im Nahen Osten zu sprechen. Und zwar nicht abstrakt, sondern in einem festen zeitlichen Rahmen. Die zahlreichen Abkommen und internationalen Resolutionen forderten von den verfeindeten Parteien die Einhaltung von Verpflichtungen zu bestimmten Fristen, doch alles blieb auf dem Papier.

Diplomaten und Politiker mit viel mehr Erfahrung haben etliche Lanzen für eine Friedensregelung gebrochen. Doch Bush kann, so sonderbar es auch klingt, mit seiner Cowboy-haften Kühnheit Erfolg haben - er glaubt nämlich an seine historische Mission. Und im Gegensatz zu den früheren "Friedensstiftern" stolpert er nicht über solche "Kleinigkeiten" wie die Spaltung der Palästinenser, die israelische Siedlungspolitik, die Beschüsse Israels aus dem Gazastreifen und so weiter.

Denselben Weg ging Bush beim Sturz des Saddam-Hussein-Regimes im Irak: Für die demokratischen Ideale, ohne detaillierte Überlegungen, wie das Land nach der Invasion leben wird. Saddam ist zweifellos ein "Übel", Freiheit und Demokratie ein "Wohl" - kann es da noch Zweifel geben? Bei seinen Überlegungen über die palästinensisch-israelische Regelung lässt er sich durch eine ähnliche Logik leiten. Die Friedensabkommen sind eine hervorragende Sache, ein Palästinenserstaat objektive Notwendigkeit. Warum sollte das nicht schon jetzt geschehen? Für Bush wäre das ein moralischer Sieg über die "Kräfte des Bösen": Der Hamas, der Hisbollah, der Al-Qaida, den zahlreichen terroristischen Gruppierungen, die im Irak und im ganzen Nahen Osten aktiv sind. Und die Hauptsache für den amerikanischen Staatschef: Ein Sieg über Iran.

Dabei schlägt Bush keine neuen Rezepte vor. Alle Stufen der Nahost-Regelung wurden in groben Umrissen mehrmals präsentiert. Der US-Präsident beteuert einfach: "Wir werden das Problem lösen." Und mögen alle Analytiker der Welt sagen, dass es nicht gelingen kann: Bushs Eifer kann das Unmögliche möglich machen. Die Frage "Wie denn?" scheint angesichts Bushs messianischem Feuer unangebracht. Jetzt sollte anscheinend nicht angenommen werden, ob die Palästinenser und Israelis ein Abkommen unterzeichnen werden oder nicht, sondern darüber, wie sich die Situation nach der Unterzeichnung entwickeln wird.

Hier drängen sich auch Parallelen mit Irak auf, wo die düstersten vor der Invasion der Koalitionstruppen geäußerten Expertenprognosen Wirklichkeit geworden sind. Doch streiten wir und heute darüber, ob das Saddam-Regime gestürzt werden sollte? Es gibt eine neue Realität, mit der man leben muss. Genauso wird sich die palästinensisch-israelische Situation entwickeln. Das einzige, was sich lohnen würde, um die bitteren Fehler wie im Irak zu vermeiden, ist, im Voraus einen genauen Handlungsplan zu erstellen. Ist das aber möglich? Kaum. Heute spricht Bush über "schmerzvolle Zugeständnisse", die die Palästinenser und Israelis auf dem Weg zum Frieden machen sollen. Doch bald bekommt die Welt es mit konkreten und recht schmerzhaften Folgen des Friedens zu tun.

Die Meinung der Verfasserin muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 11. Januar 2008

Bush macht Stimmung gegen Teheran

Reise des US-Präsidenten von anti-iranischer Propaganda geprägt / Golfstaaten skeptisch

US-Präsident George W. Bush hat sich bei seiner Reise durch mehrere Golfstaaten darum bemüht, den internationalen Druck auf Iran zu verstärken.

Abu Dhabi (Agenturen/ND). In den Vereinigten Arabischen Emiraten bezeichnete der US-Präsident Bush Iran am Sonntag als »Bedrohung für alle Länder der Welt«. Er warf Teheran vor, »seine Nachbarn mit Raketen und kriegerischen Reden einzuschüchtern«. Der US-Präsident wandte sich auch direkt an das iranische Volk: »Ihr habt das Recht, unter einer Regierung zu leben, die eure Wünsche hört, eure Begabungen respektiert und euch ermöglicht, für eure Familien ein besseres Leben aufzubauen.« [Hier geht es zur Rede von Bush in Abu Dhabi.]

In seiner Rede zu verschiedenen Problemen im Nahen Osten bezeichnete Bush Iran als »weltweit führenden Staat, der den Terror fördert«.

Bushs Offensive gegen Iran wurde allerdings durch mehrere aktuelle Entwicklungen abgeschwächt. So musste das US-Verteidigungsministerium einräumen, dass ein angeblich bedrohlicher Funkspruch von einem iranischen Kriegsschiff, der am 6. Januar zu einem Zwischenfall in der Straße von Hormus geführt hatte, möglicherweise von einem in der Region bekannten Witzbold unter dem Decknamen »Filipino Monkey« abgesetzt worden war. Außerdem sagte der saudiarabische Außenminister Saud al-Faisal vor Bushs Besuch im Königreich am heutigen Montag, Riad wolle »Harmonie und Frieden zwischen den Staaten der Region«.

Das vom irakischen Parlament verabschiedete Gesetz zur Rehabilitierung früherer Mitglieder der Baath-Partei von Saddam Hussein begrüßte Bush als »wichtigen Schritt« für die Befriedung des Landes. Zugleich zeigte er sich bei einem Soldatenbesuch in Kuwait -- das er am Sonnabend besuchte -- zuversichtlich, dass der Teilabzug der US-Truppen aus Irak planmäßig abgeschlossen wird. Die bis Juli geplante Truppenreduzierung um rund 30 000 Soldaten sei »auf einem guten Weg«, sagte Bush auf dem US-Stützpunkt Arifdschan.

»Herr Präsident, die Region braucht intelligente Initiativen und keine intelligenten Bomben«, kommentierte indes die Kuwaiter Zeitung »Al-Rai« die US-Option eines Angriffs gegen Iran. Zahlreiche Blätter am Golf zitierten zur Begrüßung Bushs prominent diesen Satz. Kuwait werde den US-Amerikanern nicht erlauben, von ihren Stützpunkten im Land Angriffe auf Iran zu fliegen, hieß es.

Neues Deutschland, 14. Januar 2008




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