Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

USA rüsten am Golf gegen Iran auf

Verbündete Staaten im Nahen Osten sollen Waffen für 63 Milliarden Dollar erhalten *

Angesichts des wachsenden regionalen Einflusses Irans plant die US-Regierung laut einem Zeitungsbericht milliardenschwere Waffenlieferungen an Verbündete im Nahen Osten.

Wie die »Washington Post« unter Berufung auf namentlich nicht genannte Regierungsvertreter berichtete, soll Israel Militärhilfe in Höhe von 30 Milliarden Dollar und Ägypten im Umfang von 13 Milliarden Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren erhalten. Zusammen mit geplanten Waffenlieferungen über 20 Milliarden Dollar an Saudi-Arabien und andere Golfstaaten wären dies die größten Waffengeschäfte der Regierung Bush, hieß es. Ziel der Militärhilfe und der Waffenverkäufe sei es, mit den USA kollaborierende Staaten in der Region gegen den zunehmenden Einfluss Teherans zu wappnen. »Wir haben ein waches Auge auf die Bedürfnisse unserer Verbündeten und auf das, was jedermann als Muskelspiel eines aggressiveren Irans betrachtet«, sagte ein ranghohes, an den Verhandlungen beteiligtes US-Regierungsmitglied. Unter den teils hoch entwickelten Waffensystemen, die an Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Katar, Bahrain und Oman geliefert werden sollen, seien auch solche, die nicht allein für Verteidigungszwecke eingesetzt werden könnten. Der israelische Premier Ehud Olmert äußerte Verständnis für die US-Waffenlieferungen. Israel könne »den amerikanischen Wunsch, gemäßigte arabische Staaten durch Waffenverkäufe zu stärken, verstehen«, zitierte ihn die Zeitung »Haaretz«. Die den Plänen zufolge um 25 Prozent ausgeweitete Militärhilfe für Israel würde außerdem die Sicherheit des jüdischen Staates bedeutend verstärken.

Einzelheiten zu den Waffenlieferungen sollen an diesem Montag vor der Abreise von Verteidigungsminister Robert Gates und Außenministerin Condoleezza Rice in den Nahen Osten veröffentlicht werden. Führende Mitglieder des US-Kongresses hätten bereits Zustimmung signalisiert, hieß es.

Unterdessen befürchtet Iran trotz des Festhaltens an seinem Atomprogramm offenbar keinen Militärschlag der USA. Die USA seien »nicht in der Lage, sich auf einen neuen militärischen Konflikt einzulassen«, sagte Außenminister Manuschehr Mottaki in einem am Sonntag veröffentlichten Interview des Nachrichtenmagazins »Focus«. Die US-Armee sei bereits mit der Lage in Irak überfordert. »Nicht einmal 170 000 amerikanische Soldaten können dort die eigene Sicherheit oder die des Irak gewährleisten«, erklärte Mottaki.

Zu dem Atomprogramm seines Landes erklärte Minister Mottaki dem Magazin, es komme für Iran »nicht mehr in Frage«, dieses zu beenden, selbst dann nicht, wenn die UNO-Sanktionen ausgesetzt würden.

* Aus: Neues Deutschland, 30. Juli 2007

Weitere Meldungen zum Thema

Berlin geht auf Distanz

Politiker von SPD und Union haben die amerikanischen Pläne für milliardenschwere Waffenlieferungen in den Nahen Osten scharf kritisiert. "Präsident George W. Bush verfügt offenbar über die Gabe, in der Außenpolitik immer exakt den falschen Ansatz zu wählen", sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil am Montag in Berlin. Es sei gefährlich, die instabile Lage in der Krisenregion durch solche Lieferungen weiter zu belasten. Zudem sei es kurzsichtig und verantwortungslos, zur Lösung der Konflikte der Region nur auf die Lieferung von Waffen zu setzen, kritisierte Heil.

Auch die Union kritisierte Bushs Pläne. "Wenn man in ein Pulverfass weitere explosive Gegenstände hineingibt, erhöht man das Risiko und macht die Region nicht sicherer", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), der "Frankfurter Rundschau" (Ausgabe vom 31. Juli). Polenz sprach von einer Strategie mit hohem Risiko. "Die von den USA beabsichtigte Wirkung - Iran zu signalisieren, ein auf militärischer Macht gegründetes Hegemonialstreben werde nicht zum Erfolg führen - kann in Teheran auch die falsche Reaktion auslösen: dass man sich nämlich dort noch mehr anstrengt und schneller hochrüstet."

Kritik kam auch von der FDP und von den Grünen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte in Berlin, die Spannungen im Nahen Osten sollten "bevorzugt auf politischem Wege" abgebaut werden. Dem Ministerium lägen aber noch keine direkten Informationen über die Absicht Washingtons vor, sondern nur Medienberichte.

Danach wollen die Vereinigten Staaten mit den Waffenlieferungen und Rüstungshilfen mehrere verbündete Länder im Nahen Osten stärken. Vorrangiges Ziel ist es, den zunehmenden Einfluss Irans in der Region einzudämmen. Zu den Empfängern sollen neben Israel auch Saudi-Arabien, Ägypten, Kuweit und andere Golfstaaten zählen. Allein Israel soll laut den Worten von Ministerpräsident Olmert Waffen im Wert von 30 Milliarden Dollar erhalten können. Das Abkommen wäre das größte Rüstungsgeschäft in der Amtszeit von Präsident Bush.

Quellen: Frankfurter Rundschau, 31. Juli 2007; FAZ-net

Condoleezza Rice verteidigt Aufrüstung

Angesichts heftiger Kritik aus dem In- und Ausland hat die amerikanische Außenministerin Rice die geplanten Waffenverkäufe an gemäßigte arabische Staaten verteidigt. Es handele sich nicht um ein Tauschgeschäft, um sich die Unterstützung dieser Länder im Irak zu sichern, betonte sie in der Nacht zum Dienstag. Vielmehr seien die vorgesehenen Waffenlieferungen das Ergebnis einer jahrelangen Partnerschaft. Mit ihnen solle die strategische Bedeutung der Empfänger anerkannt werden.

Rice traf am 31. Juli gemeinsam mit dem amerikanischen Verteidigungsminister Gates im ägyptischen Badeort Scharm al Scheich ein, um im Rahmen einer Nahost-Friedenskonferenz mit arabischen Außenministern zusammenzukommen. Beobachter rechneten damit, dass dabei auch das umstrittene Waffengeschäft erörtert wird.

Wie Rice kurz vor der Abreise aus Washington ankündigte, schnüren die Vereinigten Staaten ein Paket aus Waffenverkäufen und Militärhilfe für verbündete arabische Länder. Im Rahmen dieses Programms soll auch Saudi-Arabien mit neuen Rüstungsgütern versorgt werden, was besonders umstritten ist.

Für Ägypten, das wie Jordanien einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen hat, sind Rüstungslieferungen im Wert von 13 Milliarden Dollar vorgesehen. Die Militärhilfe für Israel soll um 25 Prozent aufgestockt werden und würde sich damit in den kommenden zehn Jahren auf 30 Milliarden Dollar belaufen. Genaue Zahlen will das amerikanische Außenministerium in den kommenden Wochen vorlegen.

„Wir haben dieselben Ziele in dieser Region, was Sicherheit und Stabilität betrifft“, sagte Frau Rice mit Blick auf die Empfängerländer. Dazu gehöre auch die einmütige Überzeugung, dass Iran die schwerwiegendste Bedrohung für die gemeinsamen Interessen darstelle. Hier gelte es, ein Gleichgewicht zu schaffen. Verteidigungsminister Gates bezeichnete es als ein Ziel seiner Nahost-Reise, deutlich zu machen, dass die Vereinigten Staaten auch weiterhin eine starke militärische Präsenz in der Golfregion unterhielten.

Der Iran warf den USA vor, Angst und Schrecken in der Region verbreiten zu wollen. Ziel der US-Regierung sei es, den Nahen Osten zu spalten, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Mohammad Ali Hosseini, in Teheran. "Tatsächlich braucht die Gegend um den Persischen Golf allerdings Sicherheit, Stabilität, Frieden und regionale Entwicklung."

Quellen: Agenturmeldungen vom 30. und 31. Juli 2007, FAZ-net und Kölner Stadanzeiger




Zurück zur Seite "Naher Osten"

Zur Iran-Seite

Zur Seite "Rüstung, Aufrüstung, Rüstungsexport"

Zurück zur Homepage