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Signal aus Helsinki für Nahen Osten ohne Kernwaffen

Zivilgesellschaftliche Organisationen und Friedensaktivisten trafen sich zu Konferenz

Von Thomas Kachel *

Friedensengagierte aus aller Welt berieten in Helsinki über eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten. Inge Höger, die für die Fraktion der LINKEN im Bundestag an der Konferenz teilnahm, äußerte die Hoffnung, »dass die Konferenz ein Signal für Wiederaufnahme der Regierungskonferenz setzt«.

»We are outraged!« Der ehemalige arabische Knesset-Abgeordnete war einer der vielen Teilnehmer der Konferenz zivilgesellschaftlicher Unterstützer für eine atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten am Wochenende in Helsinki, die sich empörten. Der Grund: Im September hatte die israelische Regierung ihre Teilnahme an der Folgekonferenz für die Bildung einer solchen Zone von Libyen bis Iran recht abrupt abgesagt. Hastig entschieden daraufhin aber auch die Schirmherren - Russland, USA, Großbritannien und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon - die Konferenz, die für Dezember in Helsinki geplant war, auf unbestimmte Zeit zu vertagen.

Das hielt zivilgesellschaftliche Organisationen und Friedensaktivisten von IPPNW bis ICAN, die sich für die massenvernichtungswaffenfreie Zone engagieren, nicht davon ab, sich zu treffen. Im Gegenteil, auf der Konferenz wurde klar, dass die Art und Weise, wie der Prozess der Regierungskonferenz gestoppt wurde, eine Trotzreaktion bei den NGOs ausgelöst hat. Steht einem Land das Recht zu, einen Prozess zu blockieren, auf den sich alle anderen Länder der Region einlassen wollen, fragte Professor Mohsen Masserat, der aus Deutschland angereist war. In dieser Atmosphäre wurden die Fragen der technischen Details, wie des Verifizierungssystems, eher als Nebenschauplatz wahrgenommen - man wollte in Helsinki vor allem ein politisches Statement setzen.

In der Abschlussdeklaration fordern die zivilgesellschaftlichen Akteure die Schirmherren unmissverständlich auf, die Regierungskonferenz so schnell wie möglich einzuberufen, dies »erhöhe den Druck auf die nicht-teilnehmenden Länder«. Das Papier kritisiert das Atomwaffenmonopol Israels, fordert die umfassende Umsetzung des Vertrags über Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen und die Einhaltung der UN-Charta mit ihrem Verbot der Gewaltandrohung zwischen Staaten - ein Verweis auf die jüngste iranische Rhetorik.

Der finnische Außenminister, der die Konferenz zum Ende besuchte, ermutigte die Teilnehmer zu »Geduld und langem Atem«. Viel Zeit bleibt indes nicht, wenn man die politische Wetterlage betrachtet, in der eine solche Zone realisiert werden müsste: Die Nachfolgekonferenz zum Kernwaffensperrvertrag hat sich eine Frist bis 2015 gesetzt. Zwar hat Iran seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer kernwaffenfreien Zone erst jüngst bekräftigt. Es werden sich aber auch die Unsicherheiten bezüglich der Zielsetzung des iranischen Atomprogramms weiter verstärken. Eine große Chance zur Schaffung von Vertrauen und gegenseitiger Sicherheit durch Abrüstung in der Region würde vertan.

Inge Höger, die für die Fraktion der LINKEN im Bundestag an der Konferenz teilnahm, äußerte die Hoffnung, »dass die Konferenz ein Signal für Wiederaufnahme der Regierungskonferenz setzt«.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 18. Dezember 2012


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