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Oktober 2009

Chronologie der Ereignisse


Donnerstag, 1. Oktober, bis Sonntag, 4. Oktober
  • Israel hat am 2. Oktober 19 Palästinenserinnen aus der Haft entlassen. Die Frauen überquerten in Jeeps des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz die Grenzübergänge zum Gaza-Streifen und Westjordanland, wo sie unter großem Jubel von Familienangehörigen in Empfang genommen wurden. Viele Frauen warfen bei ihrer Ankunft überglücklich Kusshände in die Menge. Manche weinten Freudentränen. "Die Situation im Gefängnis war sehr schwierig", sagte die 33 Jahre alte Leila Buchari. Israel hatte zuvor die Echtheit eines einminütigen Videos mit Aufnahmen des heute 23 Jahre alten Soldaten Gilad Schalit geprüft. Dem israelischen TV-Sender Channel 10 zufolge zeigt die kurze Aufnahme Schalit gesund und munter. Im Lauf des Tages veröffentlichte der Sender Channel 2 das Video. Der 23-jährige sagte dort: "Ich möchte euch sagen, dass ich mich in gesundheitlicher Hinsicht gut fühle und dass mich die Mudschaheddin der Kassam-Brigaden ausgezeichnet behandeln". Seit der Entführung Schalits im Juni 2006 hat Schalits Familie nur drei Briefe und eine Audio-Botschaft erhalten. Das letzte Lebenszeichen stammt vom Juni vergangenen Jahres.
Montag, 5. Oktober, bis Sonntag, 11. Oktober
  • Aus Furcht vor neuen Ausschreitungen in Jerusalem sind vor allem in der Altstadt die Polizeikräfte am 5. Oktober erheblich verstärkt worden. Der israelische Rundfunk meldete, auch im arabischen Ostteil der Stadt seien erheblich mehr Polizisten im Einsatz als sonst, um neue Gewalt zu verhindern. Am 4. Oktober waren bei Auseinandersetzungen zwischen arabischen Gläubigen und der Polizei mehrere Palästinenser und ein Polizist verletzt worden. Mehrere Palästinenser wurden festgenommen. Die Palästinenser sind erbittert darüber, dass Israel den Tempelberg während des jüdischen Laubhüttenfests für arabische Gläubige unter 50 gesperrt hat. Sie verehren den Ort, auf dem die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom stehen, als «Haram al-Scharif» (Edles Heiligtum).
  • Wenige Stunden nach seiner Festnahme am 6. Oktober, im arabischen Viertel Wadi Dschos im von Israel annektierten Ostteil der Stadt, hat Israel den Führer der Islamischen Bewegung im Lande, Scheich Raed Salach, wieder freigelassen. Laut israelischen Medien darf er aber Jerusalem 30 Tage lang nicht betreten. Salach war festgenommen worden, nachdem er Muslime dazu aufgerufen hatte, zur Verteidigung des Tempelbergs nach Jerusalem zu eilen. Dort war es seit Tagen immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen muslimischen Gläubigen und der Polizei gekommen.
  • Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen soll in der kommenden Woche über einen israelkritischen UN-Bericht über die Gaza-Offensive beraten. Wie Diplomaten am 8. Oktober in New York sagten, hat sich der UN-Sicherheitsrat auf den Kompromiss verständigt, die monatliche Debatte zur Lage im Nahen Osten vom 20. auf den 14. Oktober vorzuziehen. Die arabischen Ländern wollen den Termin nach Diplomatenangaben nutzen, um auch den Gaza-Bericht zum Thema zu machen. Eine Sondersitzung zum sogenannten Goldstone-Bericht hätten die westlichen Länder abgelehnt.
  • Begleitet von neuen Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern hat der US-Nahostgesandte George Mitchell einen weiteren Anlauf zur raschen Wiederaufnahme von Friedensgesprächen genommen. «Es gibt natürlich Schwierigkeiten, die immer wieder auftauchen», sagte Mitchell zu Beginn einer neuen Vermittlungsmission am 8. Oktober in Jerusalem. Die USA fühlten sich aber einem umfassenden Frieden in der Region verpflichtet, weil es dazu keine Alternative gebe. Während Israels Präsident Schimon Peres bei der Wiederaufnahme von Verhandlungen ebenfalls aufs Tempo drückt, zeigt sich Außenminister Avigdor Lieberman skeptisch. «Wir müssen Klartext reden», sagte Peres nach einem Gespräch mit Mitchell. «Ich glaube, die Erwartungen werden immer höher und die Zeit immer kürzer. Es gibt eine Reihe von Elementen, die die Aussichten auf einen Frieden abtöten wollen.» Statt einer Konfliktlösung sprach sich der ultra-rechte Außenminister Avigdor Lieberman erneut für ein Konfliktmanagement aus. «Wer glaubt, dass es möglich ist, ein Abkommen mit den Palästinensern zur Beendigung des Konfliktes in den kommenden Jahren zu erreichen, der versteht die Realität nicht und verbreitet eine Illusion», sagte Lieberman dem israelischen Rundfunk. Besser sei ein Teilabkommen zu erreichen, das besonders schwierige Fragen wie die Zukunft Jerusalems, die Flüchtlingsfrage und die Grenzziehung offen lässt. Die Palästinenser lehnen diese Idee von einer Zwischenlösung seit langem ab. Mitchell wird am 9. Oktober mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprechen.
  • Die israelische Polizei ist wegen befürchteter Unruhen im Zusammenhang mit dem Konflikt um den Jerusalemer Tempelberg und einem palästinensischen Generalstreik am 9 Oktober in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden. Ein hoher Polizeioffizier sagte im israelischen Hörfunk, in Jerusalem und im Norden des Landes seien nach "Demonstrationsaufrufen von Extremisten" tausende Polizisten im Einsatz. "Jeder Unruhestifter" werde die "Härte des Gesetzes" zu spüren bekommen. Die Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte zu Demonstrationen und einem Generalstreik "zur Verteidigung Jerusalems" in den Palästinensergebieten aufgerufen. Damit solle angesichts der israelischen Maßnahmen der arabische Charakter Jerusalems und die "Verbundenheit der palästinensischen Volks mit seinen muslimischen und christlichen Heiligtümern" unterstrichen werden, hieß es in einer Erklärung der Fatah.
  • Nach zwei Wochen der Teilsperre hat Israel am 11. Oktober den Tempelberg in Jerusalem wieder für alle muslimischen Gläubige und andere Besucher geöffnet. Ein Polizeisprecher sagte, die Situation sei wieder wie vor Beginn von Krawallen in Jerusalems Altstadt vor zwei Wochen. Die Polizei hatte in dem Zeitraum nur Muslimen, die älter als 50 Jahre alt und im Besitz eines israelischen Ausweises sind, Zugang zur Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg gewährt. Sie begründete das damit, sie befürchte neue Gewalt.
Montag, 12. Oktober, bis Sonntag, 18. Oktober
  • Mehr als 330 Palästinenser sitzen nach Angaben israelischer Menschenrechtsorganisationen vom 14. Oktober in Israel ohne Prozess in Haft. Unter den 335 Gefangenen in sogenannter Verwaltungshaft seien auch ein Minderjähriger und drei Frauen, erklärte die Menschenrechtsgruppen Betselem und Hamoked. Einer der Gefangenen befinde sich seit fast fünf Jahren ohne Prozess hinter Gittern, 28 weitere seien seit zwei bis vier Jahren inhaftiert. Die Menschenrechtsorganisationen warfen Israel vor, gegen internationales Recht zu verstoßen, das eine Verwaltungshaft nur in "sehr seltenen Fällen" erlaube. Die Inhaftierten hätten zudem keine Möglichkeit, sich angemessen zu verteidigen, da die Armee den Gefangenen in vielen Fällen keinen Einblick in die Anklageschriften gewähre. Die Verwaltungshaft basiert auf einem Notstandsgesetz aus dem Jahr 1945 aus der Zeit des britischen Mandats in Palästina, das immer noch in Kraft ist. Auf dessen Grundlage billigten israelische Militärrichter zwischen August 2008 und Juli 2009 nach Angaben von Betselem und Hamoked 95 Prozent der Haftanträge von Militärkommandeuren.
  • Die israelische Luftwaffe hat am 14. Oktober zwei Schmugglertunnel im südlichen Gazastreifen bombardiert. Dabei sind drei Palästinenser verletzt worden. Ein israelischer Armeesprecher bezeichnete den Angriff als eine Reaktion auf den Raketenbeschuss Israels durch militante Palästinenser. Beide Tunnel würden für den Schmuggel von Waffen aus Ägypten in den Gazastreifen genutzt. Israel hält die Grenzübergänge zum Gazastreifen seit Ende der Militäroffensive im Januar für den normalen Warenverkehr geschlossen.
  • Der palästinensische Außenminister Riad al-Malki bestand am 14. Oktober in der von Arabern beantragten Sitzung im Weltsicherheitsrat in New York darauf, dass sich alle wichtigen UN-Gremien mit dem sogenannten Goldstone-Report zum Gaza-Krieg befassen. Die israelische UN-Botschafterin Gabriela Shalev konterte, unter diesen Bedingungen werde es keine Wiederaufnahme der Friedensgespräche geben. «Der Goldstone-Bericht ist ein Hindernis für Friedensgespräche. Wir werden sie nicht wieder aufnehmen, solange dieser Bericht auf dem Tisch liegt, solange uns Kriegsverbrechen vorgeworfen werden», sagte sie nach der Sitzung vor Journalisten. Sie nannte den Bericht des südafrikanischen Menschenrechtlers Richard Goldstone «einseitig, voreingenommen und deshalb falsch». In dem Untersuchungsbericht heißt es, dass im Gazakrieg Anfang dieses Jahres von beiden Seiten Kriegsverbrechen begangen wurden. Allerdings habe Israel auf die Raketenangriffe der Hamas-Milizen mit unangemessener Härte reagiert und dabei hunderte palästinensischer Zivilisten getötet. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte Israel und die Palästinenser am selben Tag gemahnt, die Vorwürfe unverzüglich und glaubhaft zu untersuchen. Dieser Forderung schlossen sich auch die USA, Frankreich und Großbritannien an. Washington kritisierte allerdings einen zu starken Akzent des Berichts auf mögliche Fehler von israelischer Seite.
  • Israel hat die Beratungen im UN-Menschenrechtsrat über den Goldstone-Bericht zu Kriegsverbrechen während der Gaza-Offensive scharf kritisiert. Eine Annahme des vorgelegten Resolutionsentwurfs käme einer "Belohnung des Terrorismus" gleich, sagte der Vertreter Israels bei der Sitzung des Rates am 15. Oktober in Genf. Der Goldstone-Bericht legt der israelischen Armee und bewaffneten Palästinensergruppen Kriegsverbrechen zur Last. Eine Annahme der von palästinensischer Seite eingebrachten Resolution durch den Menschenrechtsrat wäre "ein deutliches Zeichen für Terroristen anderswo", dass sie ungestraft davonkommen könnten, sagte der israelische Vertreter Aharon Leschno Jaar. Israels Präsident Schimon Peres sagte in Jerusalem, "wir werden nicht akzeptieren, dass eine uns feindlich gesinnte Mehrheit im UN-Menschenrechtsrat über uns urteilt". Sein Land untersuche seine Kriege und benötige dafür keine "Richter von außen", sagte Peres.
  • Der UN-Menschenrechtsrat hat den Goldstone-Bericht zu Kriegsverbrechen während der israelischen Gaza-Offensive mit großer Mehrheit angenommen. Der Rat verabschiedete am 16. Oktober eine von palästinensischer Seite eingebrachte Resolution mit 25 Ja-Stimmen bei sechs Gegenstimmen und elf Enthaltungen. Die Palästinenser reagierten mit Genugtuung auf das Votum, Israel kritisierte es scharf. Der UN-Menschenrechtsrat überwies den umstrittenen Bericht an den UN-Sicherheitsrat sowie die UN-Vollversammlung. Fünf der 47 Mitgliedsstaaten, unter ihnen Frankreich und Großbritannien, lehnten eine Teilnahme an der Abstimmung ab. Der französische Botschafter Jean-Baptiste Mattéi sagte der Nachrichtenagentur AFP, Vertreter beider Länder hätten vor dem Votum mit Israel verschiedene Punkte erörtern wollen, die Mitglieder des Menschenrechtsrats hätten jedoch auf sofortige Abstimmung gedrungen. Deutschland hat im Menschenrechtsrat derzeit lediglich Beobachterstatus und damit kein Stimmrecht.
  • Nach der Annahme des Goldstone-Berichts zur israelischen Gaza-Offensive durch den UN-Menschenrechtsrat haben westliche Staaten Sorgen über die Fortsetzung des Nahost-Friedensprozesses geäußert. In einem gemeinsamen Brief an den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu schrieben Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und der britische Premierminister Gordon Brown am 17. Oktober, die internationale Diskussion müsse in einer Weise geführt werden, die eine Verbesserung der Situation vor Ort erlaube. Das umfasse sowohl die Sicherheit Israels und der Palästinenser, als auch die humanitäre Situation im Gaza-Streifen. Sarkozy und Brown schrieben außerdem, der Goldstone-Bericht sei eine "emotionale Angelegenheit" für Israel und die Palästinenser und forderten alle Seiten zu einer gemäßigten Antwort auf. Frieden sei die beste Garantie für die Sicherheit der beiden Konfliktparteien. Von Netanjahu forderten Sarkozy und Brown eine "transparente und unabhängige" Untersuchung.
  • Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte am 17. Oktober in Washington, die USA seien besorgt, dass die Resolution des UN-Menschenrechtsrats zum Goldstone-Bericht die bereits herrschende "Polarisierung und Entzweiung" noch verschärfe. Die Resolution habe einen "unausgeglichenen Fokus" gehabt, daher hätten die USA im UN-Menschenrechtsrat gegen sie gestimmt. Der Sprecher betonte zudem, dass die Annahme des Berichts im UN-Menschenrechtsrat nicht "automatisch" dazu führe, dass der Bericht auch im UN-Sicherheitsrat besprochen würde. Der UN-Sicherheitsrat bestimme selbst seine Agenda. Die USA haben in dem Gremium ein Veto-Recht. Auch der Autor des Berichts, der ehemalige Chefankläger der UN-Tribunale für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda, Richard Goldstone, hatte die Resolution kritisiert. In ihr würden, anders als in seinem Bericht, lediglich die Verbrechen der israelischen Armee explizit erwähnt, nicht aber die der radikalislamischen Hamas, die im Gaza-Streifen herrscht.
  • In der Affäre um die abgefangene Munitionslieferung auf dem deutschen Containerschiff «Hansa India» gerät die Bundesregierung weiter unter Druck. Wie das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» am 17. Oktober vorab berichtete, drängt Israel darauf, dass sich die Deutschen an die Vereinten Nationen wenden und eine Untersuchung des Falls unterstützen. Iran solle sich vor dem Sanktionsausschuss der UNO für die Lieferung von Patronen des Kalibers 7,62 Millimeter nach Syrien verantworten, forderten demnach israelische Diplomaten bei einem Gespräch mit dem Auswärtigen Amt. Nach dem Vorstoß übermittelte Berlin einen Zwischenbericht nach New York. Die Israelis fordern zudem, die Bundesregierung solle aufklären, warum der deutsche Frachter der Hamburger Reederei Leonhardt & Blumberg heimlich Munition transportierte.
Montag, 19. Oktober, bis Sonntag, 25. Oktober
  • Wie aus der Rangliste der Pressefreiheit 2009, die am 20. Oktober, Dienstag von Reporter ohne Grenzen (ROG) http://www.reporter-ohne-grenzen.de veröffentlicht wurde, hervorgeht, ist eine sukzessive Verschlechterung der Situation von Medien und Journalisten in einigen Ländern zu erkennen. Israel verzeichnet einen der stärksten Abstürze von 47 Positionen auf Rang 93, was vor allem durch die Nachrichtenkontrolle während des Gaza-Kriegs bedingt wurde.
  • Nach der im Goldstone-Bericht festgehaltenen Kritik am israelischen Vorgehen während der Gaza-Offensive will sich Israel für eine Änderung des internationalen Kriegsrechts stark machen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte seine Regierung auf, Vorschläge für eine entsprechende Initiative zu machen. "Ich möchte eines ganz klar sagen: Niemand wird unsere Fähigkeit und unser Recht beschneiden, unsere Kinder, Bürger und Gemeinden zu verteidigen", sagte Netanjahu nach Angaben eines Regierungsvertreters bei einer Sitzung des Sicherheitskabinetts am 20. Oktober. Verteidigungsminister Ehud Barak unterstützte Netanjahus Vorstoß. Israel müsse Vorschläge zu einer Änderung des internationalen Rechts unterbreiten, um den "Krieg gegen den Terrorismus zu erleichtern", wurde Barak zitiert. Die Regierung müsse sich dafür einsetzen, dass die israelische Armee über die "Freiheit zum Handeln" verfüge.
  • Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu einer Beendigung des Konflikts beider Völker aufgerufen. Bei einer internationalen Konferenz in Jerusalem am 20. Oktober sagte Netanjahu an Abbas gerichtet: «Führen Sie Ihr Volk zum Frieden.» Die Konferenz «Facing Tomorrow» mit rund 3000 Teilnehmern findet zum zweiten Mal statt. US-Präsident Barack Obama beschwor in einer Videobotschaft die Vorteile eines Nahost- Friedens und rief er zu einem positiven Blick in die Zukunft auf.
  • Israel und die USA beginnen am 21. Oktober ihre größte gemeinsame Militärübung zum Schutz Israels vor Raketenangriffen. An dem mehrwöchigen Manöver "Juniper Cobra" werden nach Angaben der israelischen Armee jeweils 1000 Soldaten aus Israel und den USA teilnehmen. Die Übung ist demnach keine Reaktion auf eine veränderte Bedrohungslage, vielmehr begannen die Vorbereitungen bereits vor eineinhalb Jahren. Medienberichten zufolge sollen mehrere Raketenabwehrsysteme getestet werden, die Israel vor Angriffen mit Langstreckenraketen schützen sollen. Das Manöver soll bis zum 5. November andauern.
  • Der palästinensische Nahost-Unterhändler Sajeb Erakat hat die USA aufgefordert, Israel als Verantwortlichen für den Stillstand der Nahost-Friedensverhandlungen anzuprangern. Derzeit tue die israelische Regierung fälschlicherweise so, als sei sie zu Gesprächen über alle strittigen Punkte bereit, sagte Erakat am 21. Oktober nach einem Treffen mit dem Nahost-Beauftragten der US-Regierung, George Mitchell, in Washington. Die USA und die anderen Mitglieder des Nahost-Quartetts hätten aber die "Verantwortung, der internationalen Gemeinschaft zu sagen, welche Seite ihre Verpflichtungen erfüllt und ihren Verpflichtungen nachkommt und welche Seite es ablehnt, ihre Verpflichtungen zu erfüllen". "Israel lehnt es bislang ab, seine Siedlungsaktivitäten, das natürliche Wachstum eingeschlossen, einzustellen, und lehnt es ab, Verhandlungen über Kernthemen wie Jerusalem und Siedlungen und Flüchtlinge aufzunehmen", kritisierte Erakat.
  • Erstmals seit drei Jahrzehnten hat es nach israelischen und ägyptischen Angaben direkte Gespräche über die Atompolitik zwischen dem Iran und Israel gegeben. Wie eine Sprecherin der israelischen Kommission für Atomenergie der Nachrichtenagentur AFP am 22. Oktober sagte, traf sich eine Vertreterin der Kommission im September mehrfach mit einem Vertreter der iranischen Regierung. Der Iran bestritt die Angaben. "Es gab in einem regionalen Zusammenhang mehrere Treffen zwischen einer Vertreterin unserer Kommission und einem iranischen Regierungsvertreter", sagte die Kommissionsprecherin Jael Doron. "Die Treffen fanden hinter verschlossenen Türen statt." Sie seien von Australien organisiert worden. Weitere Einzelheiten könne sie nicht mitteilen. Ursprünglich sei absolute Vertraulichkeit vereinbart worden, die inzwischen aber von dritter Seite durchbrochen worden sei.
  • Unter Berufung auf Regierungskreise in Berlin berichtet die «Hannoversche Allgemeine Zeitung» am 23. Oktober, Israel hoffe auf eine komplette Finanzierung der beiden modernen Korvetten durch den deutschen Staat. Es handele sich um einen dreistelligen Millionenbetrag. Der Auftrag für die Schiffe, die für Radaranlagen schwer erkennbar sein sollen, würde an die Hamburger Werft Blohm + Voss gehen, hieß es. Israel wolle aber nur die Schiffe in Deutschland bestellen, die Waffensysteme sollen aus den USA kommen. Gedacht sei an die Installation eines Raketenabwehrsystems auf See. Die israelische Marine ist bereits mehrfach mit deutscher Hilfe aufgerüstet worden. Zwischen 1999 und 2000 wurden drei U-Boote geliefert. Sie wurden von den Howaldtswerken Deutsche Werft (HDW) in Kiel gebaut. Zwei weitere U-Boote mit Brennstoffzellenantrieb sind derzeit in Kiel im Bau. Sie werden voraussichtlich 2012 ausgeliefert und jeweils mindestens 500 Millionen Euro kosten. In diesem Fall soll die Bundesregierung ein Drittel der Kosten tragen. Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften hat die Polizei den Zugang zum Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem am 25. Oktober abgeriegelt. Den Behörden zufolge stürmten die Beamten die Esplanade, als Demonstranten Steine auf Besucher warfen. Radioberichten zufolge wurden 15 Menschen festgenommen, neun Polizisten und ein Journalist wurden verletzt. Nach Angaben des staatlichen Rundfunks bewarfen die Demonstranten von den Dächern der Altstadt aus auch die Ordnungshüter mit Steinen. Zudem hätten die Palästinenser Öl auf dem Boden verteilt, damit die Beamten darauf ausrutschten. Der Polizeichef von Jerusalem sagte, mehr als hundert palästinensische Jugendliche hätten sich zudem in der El-Aksa-Moschee verschanzt. Berichten zufolge wurde das Gebet an der Klagemauer jedoch nicht gestört. Die Proteste standen offenbar im Zusammenhang mit einem Treffen der rechtsextremen "Organisation zur Verteidigung der Menschenrechte auf dem Tempelberg" am Samstag in Jerusalem. Die Vereinigung, die von Rabbinern und rechtsgerichteten Abgeordneten unterstützt wird, wollte nach Angaben des Rundfunks eine Massendemonstration von Juden auf dem Tempelberg organisieren. Laut Polizei riefen nach dem Treffen auch Palästinenser und Araber zu Protesten auf. Die Sicherheitskräfte verstärkten ihre Patrouillen.
Montag, 26. Oktober, bis Samstag, 31. Oktober
  • Der libysche Machthaber Muammar el Gaddafi hat sich für das Recht arabischer Staaten und "auch der Palästinenser" auf den Besitz von Atomwaffen ausgesprochen. "Wenn die Israelis Nuklearwaffen haben und über atomare Kapazitäten verfügen, so haben auch die Ägypter, Syrer und Saudiaraber ein Recht darauf", sagte er. Auch die Palästinenser sollten Atomwaffen haben, sagte Gaddafi dem britischen Fernsehsender Sky News am 26. Oktober: "Denn ihre Kontrahenten oder Feinde verfügen auch über nukleare Kapazitäten - warum also nicht?" Gaddafi fügte hinzu: "Sollten wir diese Situation nicht wünschen, dann müssen wir Israel von seinen Atomwaffen und -kapazitäten entwaffnen".
  • Amnesty International (ai) hat Israel vorgeworfen, den Palästinensern eine ausreichende Versorgung mit lebensnotwendigem Trinkwasser zu verweigern. Die Menschenrechtsorganisation forderte die israelische Regierung in einem Bericht auf, ihre "benachteiligende Politik" zu beenden und den Palästinensern einen "gerechten Zugang" zu den Wasserressourcen zu gewähren. Durch die "totale Kontrolle" der Ressourcen schränke Israel den Zugang zu Wasser in den Palästinensergebieten "ernsthaft" ein, kritisierte Amnesty in dem Bericht der am 27. Oktober veröffentlicht wurde. "Israel erlaubt den Palästinensern nur den Zugriff auf einen Bruchteil der gemeinsamen Wasservorräte, die größtenteils im besetzten Westjordanland liegen, während die illegalen israelischen Siedlungen praktisch unbegrenzt versorgt werden." Laut Amnesty verbrauchen die Israelis viermal soviel Wasser wie die Palästinenser. Diese "Ungleichheit" sei in einigen Teilen des Westjordanlands allerdings noch dramatischer. Dort stehe vielen israelischen Siedlern im Vergleich zu den Palästinensern das Zwanzigfache an Wasser zur Verfügung. Diese müssten mit 20 Litern täglich auskommen. "Schwimmbäder, gut bewässerte Wiesen und ein reger landwirtschaftlicher Betrieb in den Siedlungen stehen im Kontrast zu benachbarten palästinensischen Dörfern, wo die Einwohner täglich darum kämpfen müssen, ihren Wasserbedarf zu decken." Der israelische Infrastruktur-Minister Uzi Landau sagte am 27. Oktober, es handele sich um einen «oberflächlichen und lügnerischen Bericht», der die Realität verzerrt darstelle. Israel halte sich an alle Vereinbarungen mit den Palästinensern und liefere ihnen sogar mehr Wasser, als in den bisherigen Verträgen vereinbart worden sei. Die Palästinenser weigerten sich hingegen bisher, Kläranlagen zu bauen, obwohl sie dafür Geld von internationalen Geberländern erhalten hätten. Landau warf den Palästinensern zudem vor, mit Millionen von Kubikmetern Abwasser das gemeinsame Grundwasser zu verschmutzen.
  • Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften in Jerusalem haben sich die Palästinenser am 27. Oktober an den UN-Sicherheitsrat gewandt. Die internationale Gemeinschaft dürfe angesichts der "illegalen und aggressiven" Aktivitäten Israels in Ost-Jerusalem nicht "untätig" bleiben, schrieb der palästinensische Vertreter bei den Vereinten Nationen, Riad Manur, in einem Brief an den UN-Sicherheitsrat. Das Gremium müsse Druck auf die israelische Regierung ausüben, damit sie die "illegalen Aktionen" beende und sich an ihre rechtlichen Verpflichtungen halte.
  • Der Libanon hat am 27. Oktober eine Rakete auf den Norden Israels abgefeuert und damit einen Gegenschlag der israelischen Armee ausgelöst. Das Geschoss vom Typ Katjuscha sei auf einem offenen Feld östlich der Stadt Kiriat Schmona eingeschlagen und habe niemanden verletzt, verlautete aus israelischen Polizei- und Armeekreisen. Laut Augenzeugen in Kiriat Schmona beschoss Israel im Gegenzug den Süden des Libanon. Der Einschlag in Israel habe einen Brand ausgelöst, der aber keine Schäden angerichtet habe, teilte die Polizei mit. Eine Militärsprecherin sagte, der Raketenangriff auf Israel sei "schlimm", verantwortlich dafür sei die libanesische Regierung. Nach Angaben von Augenzeugen in Kiriat Schmona beschoss Israel als Reaktion darauf den Süden des Libanon. Wie ein Vertreter der libanesischen Sicherheitskräfte mitteilte, schlugen acht Raketen in der Nähe des Dorfes Hula ein. Angaben zu möglichen Opfern lagen zunächst nicht vor. Nach Angaben eines AFP-Reporters sperrten Soldaten der UN-Friedenstruppen im Südlibanon (FINUL) und der libanesischen Armee den Zugang zu Hula ab und überwachten das Gelände. Augenzeugen in Hula sagten, sie hätten gehört, wie eine Rakete in ihrer Nähe Richtung Israel abgefeuert wurde.
  • Israel wird der Bundeswehr unbemannte Aufklärungsflugzeuge - sogenannte Drohnen - für den Einsatz in Afghanistan liefern. Die Heron-Drohnen sollen bereits im kommenden Jahr in Afghanistan eingesetzt werden, teilte die Israel Aerospace Industries am 28. Oktober in Jerusalem mit. Es handele sich um ein mehrere Millionen Dollar umfassendes Geschäft, hieß es weiter. Der genaue Preis wurde nicht genannt. Die Heron ist mit einer Spannweite von 16,5 Metern das größte unbemannte Aufklärungsflugzeug Israels. Sie kann bis zu 30 Stunden in der Luft bleiben und eine Flughöhe von bis zu 10.000 Metern erreichen. Ihre Höchstgeschwindigkeit liegt bei 225 Kilometern pro Stunde. Die Drohnen wurden bereits von anderen Staaten gekauft für den Einsatz in Irak und Afghanistan gekauft.
  • Die UN-Vollversammlung berät kommende Woche über den Goldstone-Bericht zum Gazakrieg, der sowohl Israel als auch der im Gazastreifen herrschenden Hamas Kriegsverbrechen vorwirft. Der Präsident des UN-Menschenrechtsrats habe eine entsprechende Bitte arabischer Staaten und der Blockfreien weitergeleitet, sagte der Sprecher der Vollversammlung in New York, Jean Victor Nkolo, am 28. Oktober. Die Sitzung ist demnach für den 4. November geplant.
  • Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die Verhandlungen über einen Kompromiss im Atomstreit mit dem Iran am 30. Oktober als "ersten positiven Schritt in die richtige Richtung" gelobt. Die derzeitigen Bemühungen der US-Regierung, mit anderen Ländern den Iran am Bau einer Atombombe zu hindern, seien begrüßenswert, sagte Netanjahu vor einem Treffen mit dem Nahost-Gesandten der USA, George Mitchell, in Jerusalem. Netanjahus Verteidigungsminister Ehud Barak hatte zuvor hingegen kritisiert, mit dem Angebot, iranisches Uran im Ausland anzureichern, legitimiere die internationale Gemeinschaft Teherans Atomprogramm. Netanjahu will am 31. Oktober US-Präsidentin Hillary Clinton in Jerusalem empfangen.
  • Im Rahmen ihrer jüngsten Nahost-Mission ist US-Außenministerin Hillary Clinton am 31. Oktober in Jerusalem mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zusammengetroffen. Auf einer anschließenden Pressekonferenz erklärte Clinton, Israel mache zurzeit «beispiellose Zugeständnisse», was den Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland betreffe. Die US-Regierung hat bislang einen völligen Siedlungsstopp gefordert, um die Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern wieder auf Kurs zu bringen. Auf der Pressekonferenz sagte Clinton jedoch, es habe niemals Vorbedingungen gegeben, und alles sei immer Gegenstand von Verhandlungen gewesen. «Was der Ministerpräsident angeboten hat mit seiner spezifischen Zurückhaltung in der Siedlungspolitik, ... ist beispiellos im Kontext der Vorstufe von Verhandlungen», sagte Clinton. Die Palästinenser haben indessen bislang geltend gemacht, dass Netanjahu bezüglich der Siedlungen noch nicht eingelenkt habe. Clinton reiste aus Abu Dhabi an, wo sie vorher den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas getroffen hatte. Einer von dessen Berater schätzte die Aussichten auf eine Wiederbelebung des Friedensprozesses anschließend als düster ein. Neue Gespräche seien so lange unwahrscheinlich, wie Israel nicht den Bau von Siedlungen im besetzten Westjordanland vollständig stoppe.



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