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Dezember 2008

Chronologie der Ereignisse


Montag, 1. Dezember, bis Sonntag, 7. Dezember
  • Die UN-Untersuchungskommission zum Mord an dem früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri kommt mit ihren Ermittlungen nach eigenen Angaben gut voran. Es gebe "neue Informationen", die möglicherweise zu weiteren Mitgliedern jenes Netzwerks führen könnten, das für das tödliche Attentat im Jahr 2005 verantwortlich sei, hieß es in dem am 2. Dez. in New York vorgelegten 11. Zwischenbericht der Kommission.
  • Bei einem Treffen mit EU-Abgeordneten am 2. Dez. ist die israelische Außenministerin Zipi Livni wegen der Siedlungspolitik ihres Landes unter Beschuss geraten. Israel müsse mehr tun, um den Ausbau der Siedlungen im besetzten Westjordanland zu verhindern, forderten die Mitglieder des außenpolitischen Ausschusses während ihrer Gespräche mit Livni in Brüssel. Andernfalls sei der Friedensprozess mit den Palästinensern bedroht.
    Die Kadima-Vorsitzende erklärte, dass ein Ausbau der Siedlungen nicht länger Bestandteil der israelischen Politik sei. Zugleich verteidigte sie die vielfach umstrittenen Sicherheitsvorkehrungen gegen palästinensische Extremisten. Israel ist an engeren politischen und wirtschaftlichen Kontakten zur Europäischen Union sehr interessiert.
  • Nach der Räumung eines von jüdischen Siedlern besetzten Hauses in Hebron hatte es am 4. Dez. Proteste und Ausschreitungen gegeben. Ultranationalistische Siedler griffen Palästinenser an, zerstörten Olivenhaine und zündeten Autos sowie zwei Häuser an. Drei Palästinenser wurden durch Schüsse verletzt.
  • Aus Furcht vor weiteren Ausschreitungen nach der Räumung des besetzten Hauses in Hebron sind die Sicherheitsvorkehrungen am 5. Dez. verstärkt worden. Das südliche Westjordanland wurde abgesperrt, der Zugang zum Tempelberg in Jerusalem für Palästinenser streng beschränkt.
    Palästinenser demonstrierten im Gazastreifen und in Hebron. Das südliche Westjordanland wurde zu einer geschlossenen militärischen Zone erklärt, um Israelis davon abzuhalten, nach Hebron zu gelangen. Dutzende junge Palästinenser verbrannten Autoreifen und warfen Steine auf israelische Militärstützpunkte in Hebron. Soldaten feuerten Tränengaspatronen. Im Gazastreifen demonstrierten 2000 Menschen gegen jüdische Siedler. Der UN-Gesandte für den Nahen Osten, Robert Serry, äußerte in einer Mitteilung die Besorgnis, dass eine weitere Eskalation der Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern bevorstehen könnte. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates.
  • Eine israelische Menschenrechtsorganisation hat einen Vergleich zwischen Israels Umgang mit den Palästinensern im Westjordanland und dem früheren Apartheid-Regime in Südafrika gezogen. Die Ungleichbehandlung von Palästinensern und Israelis im Westjordanland in finanzieller Hinsicht, bei Dienstleistungen und beim Zugang zu natürlichen Ressourcen sei eine "starke Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes", kritisierte die Vereinigung für Bürgerrechte in Israel in einem Bericht, der am 6. Dez. veröffentlicht wurde.
    Für die etwa 2,3 Millionen Palästinenser im Westjordanland gelte militärisches, für die dortigen 250.000 israelischen Siedler hingegen ziviles Recht, kritisiert die Menschenrechtsorganisation u. a.
Montag, 8. Dezember, bis Sonntag, 14. Dezember
  • Der UN-Berichterstatter zur Menschenrechtslage in den Palästinensergebieten, Richard Falk, hat Israels dortige Politik als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" verurteilt. Die Vereinten Nationen müssten sich dringend dafür einsetzen, dass die Zivilbevölkerung in den Palästinensergebieten "nicht kollektiv bestraft" werde, erklärte Falk am 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte am 10. Dez. in Genf. Israels derzeitiger Umgang mit den Palästinensern "läuft auf ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinaus", kritisierte er.
    Zudem forderte der UN-Berichterstatter, der Internationale Strafgerichtshof solle prüfen, ob israelische Politiker und Militärführer für die Belagerung des Gazastreifens wegen Verletzung des internationalen Kriegsrechts angeklagt werden müssten. Die Kritik der in der Regel zurückhaltenden UNO an Israels Vorgehen habe ein Ausmaß erreicht, wie es zuletzt während des Apartheid-Regimes in Südafrika erreicht worden sei. "Und trotzdem hält Israel die Belagerung des Gazastreifens in ihrer ganzen Raserei aufrecht und lässt dabei kaum genügend Lebensmittel und Treibstoff hinein, um massenhaften Hunger und Krankheit zu bekämpfen", erklärte Falk.
  • Zum ersten Mal seit fünf Jahren will der Weltsicherheitsrat eine Nahost-Resolution verabschieden, die zum Frieden zwischen Israel und den Palästinensern aufruft. Hinter verschlossenen Türen berieten die 15 Mitglieder des höchsten UN-Gremiums am 13. Dez. über einen von den USA eingebrachten und von Russland unterstützten Entwurf für eine entsprechende Entschließung. Die Abstimmung wird für den 16. Dez. erwartet.
    Offenbar findet die Resolution die nahezu einhellige Zustimmung der Ratsmitglieder. Dem Entwurf zufolge sollen Israelis und Palästinenser aufgerufen werden, ihren Verpflichtungen nachzukommen, die sie vor gut einem Jahr auf der Friedenskonferenz von Annapolis eingegangen waren. Der Sicherheitsrat würde außerdem seinen Wunsch nach einem friedlichen Nebeneinander zweier demokratischer Staaten, Israel und Palästina, bekräftigen.
  • Israel ist nach eigenen Angaben dazu bereit, den sechsmonatigen Waffenstillstand mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen zu erneuern, sollte diese Angriffe gegen den jüdische Staat einstellen. Der israelische Gesandte Amos Gilad werde deshalb nach Kairo für Gespräche reisen, teilte ein hoher Beamter des Verteidigungsministeriums am 14. Dez. in Jerusalem mit.
    Es sei wichtig, dass sich der Sicherheitsrat selbst dazu äußere, sagte der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Zalmay Khalilzad, in New York vor Journalisten. Zuvor hatte er den Textentwurf, der auch von Russland unterstützt wird, den Botschaftern der Mitgliedstaaten des Gremiums vorgelegt. Es sei sehr wichtig, dass die "Dynamik" beibehalten werde, sagte Khalilzads russischer Kollege Witali Tschurkin.
    Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte in Rahmallah, seine Regierung wolle sich auch im kommenden Jahr für die Schaffung eines eigenen Palästinenserstaates einsetzen. Abbas wird am 19. Dez. in Washington von dem scheidenden US-Präsidenten George W. Bush empfangen.
  • Der im Exil lebende Chef der Palästinenserorganisation Hamas, Chaled Meschaal, hat am 14. Dez. eine Verlängerung des Waffenstillstands im Gazastreifen definitiv ausgeschlossen. Der Waffenstillstand sei auf ein halbes Jahr begrenzt worden und werde am 19. Dez. enden, sagte Meschaal in einem Interview mit dem TV-Sender El Kuds in Damaskus. In Anbetracht der Tatsache, dass der Feind seine Verpflichtungen nicht einhalte und dass die Blockade der Palästinensergebiete anhalte, werde die Hamas die Waffenruhe nicht erneuern.
    Laut Meschaal dauerten die Diskussionen in den Palästinensergruppen aber noch an. Eine offizielle Antwort werde "in den kommenden Tagen" gegeben.
  • Zum 21. Gründungstag der Hamas am 14. Dez. haben sich tausende Anhänger der radikalislamischen Palästinenserorganisation in Gaza versammelt. Seit dem Morgengrauen kamen tausende Menschen aus allen Teilen des Gazastreifens in Bussen in die Stadt, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Viele schwenkten Flaggen der Organisation, die 1987 nach dem Beginn der ersten Intifada gegründet worden war. Mit der Massenkundgebung will die Hamas, die den Gazastreifen seit Juni vergangenen Jahres kontrolliert, ihre Stärke beweisen.

    Trotz des Waffenstillstands kam es immer wieder zu Feuergefechten zwischen palästinensischen Kämpfern und der israelischen Armee. Die Lage im Gazastreifen ist besonders gespannt, seit Israel die Blockade des Gebiets wegen zunehmender Raketen- und Granatenangriffe Anfang November weiter verschärfte. Ein israelischer Armeevertreter teilte mit, dass nach zwei Raketenangriffen und einem Granatbeschuss die Grenzübergänge des Gazastreifens am 14. Dez. geschlossen bleiben würden. Bei den Angriffen auf den Süden Israels war am 13. Dez. niemand verletzt worden und auch kein Sachschaden entstanden.
Montag, 15. Dezember, bis Sonntag, 21. Dezember
  • Zum ersten Mal seit fünf Jahren hat der UN-Sicherheitsrat wieder eine Nahost-Resolution verabschiedet. 14 der 15 Sicherheitsratsmitglieder stimmten am 16. Dez. in New York für die Entschließung 1850, die dem Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern neuen Schwung geben soll. Bei der Abstimmung enthielt sich lediglich Libyen als einziges arabisches Land in dem Gremium der Stimme. Israel begrüßte die Resolution und forderte die palästinensische Autonomiebehörde auf, schärfer gegen die Hamas vorzugehen.
    Die von Russland und den USA eingebrachte Resolution fordert Israelis und Palästinenser auf, "ihre Verpflichtungen zu erfüllen" und "alle Schritte zu unterlassen, die das Vertrauen untergraben oder das Ergebnis der Verhandlungen beeinträchtigen könnten". Ziel sei ein "umfassender, gerechter und dauerhafter Friede im Nahen Osten".
    Die radikalislamische Palästinensergruppe Hamas und die gemäßigte Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas setzten unterdessen ihren Machtkampf fort. Abbas kündigte in Ramallah an, "sehr bald" Präsidentschaft- und Parlamentswahlen im Gazastreifen und im Westjordanland einberufen zu wollen. Er verlangte von der Hamas erneut, den Dialog mit seiner Fatah-Partei wieder aufzunehmen.
    Die israelische Armee flog zwei Luftangriffe gegen Angreifer im Norden des Gazastreifens. Verteidigungsminister Ehud Barak kündigte an, in Folge des Beschusses würden die Kontrollpunkte zwischen Israel und dem Gazastreifen geschlossen bleiben.
  • Aus dem Gazastreifen sind am 17. Dez. sieben Raketen auf den Süden Israels abgefeuert worden. Wie ein israelischer Armeesprecher sagte, gab es jedoch keine Schäden oder Verletzte. Die radikalislamische Hamas kündigte an, einen am 19. Dez. ablaufenden sechsmonatigen Waffenstillstand mit Israel nicht verlängern zu wollen.
  • Kurz vor Ende der Waffenruhe für den Gazastreifen hat die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern weiter angehalten. Wie die israelische Armee am 18. Dez. mitteilte, schlugen im Süden Israels erneut Raketen aus dem Palästinensergebiet ein, was mit Luftangriffen vergolten wurde. Die radikalislamische Hamas schloss eine neue Waffenruhe aus, während Israel mit einer Großoffensive im Gazastreifen drohte.
    Nach israelischen Armeeangaben schlugen am frühen Morgen des 18. Dez. im Süden des Landes neun Raketen und Mörser ein, verursachten aber keine Schäden. Erst am Vortag hatten radikale Palästinenser 20 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert, von denen eine zwei Menschen in der Stadt Sderot verletzte.
    Israel vergalt den Beschuss mit mehreren Luftangriffen, bei denen ein 47 Jahre alter Palästinenser starb. Ein Angriff richtete sich gegen Raketenwerfer bei Dschabalija im Gazastreifen, wie die Armee mitteilte. Zugleich hielt Israel die Grenzübergänge in das von der Hamas kontrollierte Gebiet weiter geschlossen. Das UN-Büro für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) erklärte, es könne derzeit kein Mehl mehr in den Gazastreifen geliefert werden.
    Hamas-Sprecher Fausi Barhum bekräftigte, es gebe "keine Möglichkeit, die Waffenruhe mit Israel zu erneuern". Israel selbst habe sie zerstört, und die Hamas sehe sich gezwungen, auf die Angriffe Israels zu reagieren. Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak schloss ein groß angelegtes militärisches Vorgehen im Gazastreifen nicht aus. Allerdings sei es unnötig, etwas zu "überstürzen", sagte der Chef der Arbeitspartei. Wenn die Lage jedoch "unerträglich" werde, dann "werden wir nicht zögern zu handeln".
  • Der sechsmonatige Waffenstillstand für den Gazastreifen endet heute (19. Dez.). Die radikalislamische Hamas, die das Gebiet am Mittelmeer seit dem Sommer 2007 kontrolliert, lehnte eine Verlängerung der Waffenruhe ab. Die israelische Regierung zeigte sich zwar an einer Verlängerung interessiert, drohte aber zugleich mit einem großen Militäreinsatz.
    "Die Waffenruhe ist zu Ende gegangen und wird nicht erneuert, weil der zionistische Feind die Bedingungen nicht eingehalten hat", erklärten die Essedin-el-Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Hamas. Israel müsse die Konsequenzen des nicht verlängerten Waffenstillstands tragen, da es die Zusage zu einem Ende der Blockade des Gazastreifens nicht eingehalten habe. Jede neue Aggression gegen den Gazastreifen werde eine "Konfrontation großen Ausmaßes auslösen", warnte die Hamas. "Wir werden sehr hart zurückschlagen".
    Der französische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Bernard Kouchner erklärte, er sei "zutiefst besorgt" über die Situation im Gazastreifen. Die internationale Gemeinschaft dürfe und könne nicht tatenlos zusehen. Das russische Außenministerium warnte vor neuen zivilen Opfern. Anders als Israel, die USA und die EU akzeptiert Russland die Hamas als Gesprächspartner. Im Machtkampf der Palästinenser schlug Moskau sich jedoch auf die Seite von Präsident Mahmud Abbas, den Chef der gemäßigten Fatah-Organisation.
  • Bei einem israelischen Luftangriff sind am 20. Dez. in Gazastreifen ein Palästinenser getötet und drei weitere verwundet worden. Der Angriff ereignete sich in der Nähe der Stadt Dschbalja, wo mutmaßliche Mitglieder der El-Aksa-Brigaden, dem bewaffneten Arm der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, einen Raketenangriff vorbereiteten, wie palästinensische Rettungskräfte und Augenzeugen berichteten. Es wurde dabei auch ein Zivilist verletzt.
  • Israel drohte der Hamas indirekt mit Krieg. Eine verantwortungsvolle Regierung "treibt einen Krieg nicht voran, weicht ihm aber auch nicht aus", sagte der scheidende Regierungschef Ehud Olmert zu Beginn der wöchentlichen Sitzung des Kabinetts am 21. Dez. Vom Gazastreifen aus waren zuvor erneut mehrere Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert worden.
    "Wir werden angemessene Schritte einleiten", sagte Olmert, nachdem sich im Kabinett die Stimmen für ein entschlossenes Vorgehen gegen die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen bereits gemehrt hatten. Israel müsse "mit Stärke" antworten, forderte etwa Handelsminister Eli Jischaï. Es müsse die strategische Entscheidung getroffen werden, die Hamas von der Macht im Gazastreifen zu vertreiben, sagte Vize-Ministerpräsident Haïm Ramon. Arbeitsminister Ehud Barak äußerte sich zurückhaltender: "Kriegerische Äußerungen" seien trotz der inakzeptablen Lage im Gazastreifen "schädlich und unangebracht".
    Die israelische Regierung bereite nun gegen die "Bedrohung" durch die Hamas einen "Gegenschlag" vor, sagte ein ranghoher Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, Reservegeneral Amos Gilad, dem staatlichen Rundfunk. Es müsse nur noch über den Zeitpunkt und das Ausmaß des Einsatzes entschieden werden.
  • Militante Palästinenser feuerten am Vormittag des 21. Dez. weitere Raketen und Granaten auf Israel. Dabei wurde nach Angaben des Roten Kreuzes im Süden des Landes ein Mensch verletzt. Die israelische Armee reagierte mit einem Luftangriff.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas reiste am 21. Dez. nach Russland, das in den vergangenen Tagen den Ton gegenüber der Hamas verschärft hatte. In Moskau wollte Abbas am Montag (22. Dez.) mit Präsident Dmitri Medwedew und Außenminister Sergej Lawrow über die Rolle Russlands im Nahost-Friedensprozess beraten.
Montag, 22. Dezember, bis Freitag, 26. Dezember
  • Am 22. Dez. zeigte sich Israel gegenüber der UNO entschlossen, auf Angriffe aus dem Gazastreifen notfalls mit militärischen Mitteln zu reagieren. Ihr Land werde "nicht zögern, militärisch zu handeln, wenn es nötig ist", schrieb die israelische UN-Botschafterin Gabriela Schalew laut Diplomatenangaben an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Außenministerin Zipi Livni werde in diesem Zusammenhang bald die ausländischen Botschafter in Israel einberufen.
    Auch das israelische Außenministerium bereitete die Öffentlichkeit auf mögliche Gegenangriffe auf militante Palästinenser im Gazastreifen vor. "Die Welt muss verstehen, dass die Lage im Süden Israels für hunderttausende Bürger wegen der Raketen unerträglich ist", sagte Außenamtssprecher Jigal Palmor mit Blick auf die Raketen- und Granatenangriffe aus dem Gazastreifen. "Entweder die internationale Gemeinschaft greift ein, oder wir müssen selbst handeln." Angaben von Mitarbeitern des Verteidigungsministeriums zufolge beschränkt sich Israel derzeit auf punktuelle Militäreinsätze, schließt aber umfassendere Operationen nicht aus.
    Die Hamas und andere Palästinenserorganisationen im Gazastreifen akzeptierten unterdessen eine 24-stündige Feuerpause. Auf Bitten Ägyptens hätten sie sich bereit erklärt, die Raketen- und Granatenangriffe auf Israel für einen Tag einzustellen, sagte Hamas-Vertreter Aiman Taha der Nachrichtenagentur AFP. Im Gegenzug seien Hilfslieferungen aus Ägypten zugesagt worden.
    Taha hatte zuvor gesagt, die Hamas habe das Recht, gegen die israelische "Besatzung" mit allen Mitteln bis hin zu Selbstmordattentaten zu kämpfen.
  • Der im Westjordanland regierende Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sollte im Verlauf des 22. Dez. in Moskau den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew und Außenminister Sergej Lawrow treffen. Abbas werde seiner Forderung Nachdruck verleihen, dass Israel seine Siedlungsaktivitäten einstellen und "einen Rückfall der Verhandlungen zum Ausgangspunkt verhindern" müsse, sagte der palästinensische Nahost-Unterhändler Sajeb Erakat. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert wurde derweil in Ankara erwartet. Dort wollte er nach Diplomatenangaben am Abend mit dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan über die Bemühungen der Türkei sprechen, bei den indirekten Friedensgesprächen zwischen Israel und Syrien zu vermitteln.
  • Die Hamas hat am 24. Dez. nach Militärangaben mehr als 70 Raketen sowie Mörsergranaten in das israelische Grenzgebiet gefeuert. Verletzt wurde niemand, es entstand aber erheblicher Sachschaden. Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak drohte mit Vergeltung, die israelische Luftwaffe flog am Abend nahe Rafah einen Luftangriff auf radikale Palästinenser. Ein 23-jähriges Mitglied des bewaffneten Arms der Hamas wurde getötet, vier weitere Palästinenser wurden verletzt.
    UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich besorgt angesichts der wachsenden Gewalt. Er verurteilte in New York die Raketenangriffe seitens militanter Palästinenser auf Israel und appellierte an die radikalislamische Hamas, diese "sofort einzustellen". Alle Lager müssten zusammenarbeiten, um die humanitäre Situation im Gazastreifen zu verbessern, sagte er mit Blick auf die eingeschränkten Lieferungen aus Israel.
  • Die israelische Außenministerin Zipi Livni ist am 25. Dez. zu einem Besuch in Ägypten eingetroffen. Die Chefin der Kadima-Partei wollte mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak über das Ende der Waffenruhe mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen beraten, wie das staatliche israelische Radio berichtete.
  • Trotz anhaltenden Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen hat Israel am 26. Dez. wieder Hilfslieferungen in das Gebiet zugelassen. Mehr als 80 Lastwagen mit Nahrungmitteln und Treibstoff passierten die Grenzübergänge in Karni de Nahal Os und Kerem Schalom, wie ein israelischer Armeesprecher mitteilte. Darunter seien etwa fünf Transporter aus Ägypten, das immer wieder versucht, zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas zu vermitteln.
    Wenige Stunden vor Öffnung der Übergänge waren erneut mehrere Raketen und Mörsergranaten aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert worden. Nach Armeeangaben wurde dabei niemand verletzt.
  • Ein israelisches Militärgericht verurteilte am 26. Dez. den Chef der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), Ahmed Saadat, zu 30 Jahren Haft. Als Führer einer "illegalen terroristischen Organisation" sei Saadat verantwortlich und schuldig für alle Taten der PFLP, hieß es aus israelischen Militärkreisen.
    Die israelische Armee hatte im März 2006 das Palästinensergefängnis in Jericho gestürmt und Saadat und vier weitere PFLP-Mitglieder festgenommen. Saadat war von den palästinensischen Sicherheitskräften nach dem tödlichen Anschlag auf den israelischen Tourismusminister Rechavam Seevi im Oktober 2001 festgenommen und in Jericho inhaftiert worden.
    In Israel sollte Saadat ursprünglich wegen der Planung des Mordes an Seevi im Jahr 2001 angeklagt werden. Doch wurde dies fallengelassen, stattdessen wurde gegen die vier ebenfalls festgenommenen PFLP-Mitglieder ermittelt.
Samstag, 27. Dezember
  • Das israelische Militär hat am 27. Dez. Stellungen der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen aus der Luft angegriffen. Israelische Flugzeuge hätten gleichzeitig mindestens 30 Stellungen in Gaza bombardiert, berichteten ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP und ein Vertreter der palästinensischen Sicherheitskräfte. Mindestens 20 Palästinenser seien bei den Angriffen verletzt worden. Zuvor hatte der israelische Präsident Schimon Peres begrenzte Militärschläge gegen die radikalislamische Hamas befürwortet. "Wenn sie aufhören zu schießen, werden wir es auch tun, falls nicht, müssen wir die nötigen Schritte einleiten", sagte Peres dem Nachrichtenmagazin "Focus".
    Auf die Frage, ob damit begrenzte militärische Operationen gemeint seien, antwortete der Friedensnobelpreisträger: "Je nach Notwendigkeit und nach unseren Prinzipien. Wir unterstützen keine brutalen Bestrafungsaktionen, sind sehr vorsichtig, um keine Zivilisten zu treffen."
    Es mache Israel kein Vergnügen, die Bevölkerung in dem Palästinensergebiet leiden zu sehen. Eine dauerhafte Wiederbesetzung des Gazastreifens schloss Peres jedoch aus. Ein Abkommen mit den Palästinensern im Jahr 2009 hält er trotz der jetzigen Eskalation für nicht ausgeschlossen. Es sei schon einiges erreicht worden, sagte Peres dem Magazin. Als Beispiel nannte er den Grenzverlauf zwischen Israel und einem palästinensischen Staat. "Es geht nur noch um zwei bis drei Prozent des Territoriums. Das ist lösbar." Der 85-Jährige machte aber zugleich deutlich, dass die Hamas als Gesprächspartner dabei nicht in Betracht komme: "Die will nicht verhandeln."
    In dem Interview sandte der israelische Präsident auch ein Friedenssignal Richtung Damaskus. Auf die Frage, ob er zu Syriens Staatschef Bascher el Assad reisen würde, der sich für einen direkten Dialog ausgesprochen habe, sagte Peres: "Ich wäre hocherfreut. Krieg ist nicht unser Ziel. Unser größter Sieg wird es sein, wenn wir den Frieden erreichen. Wir arbeiten hart daran."
  • Bei den massiven israelischen Luftangriffen im Gazastreifen am 27. Dez. sind nach ersten Angaben von Rettungskräften mindestens 70 Menschen getötet worden. Israelische Kampfflugzeuge bombardierten gleichzeitig Dutzende Stellungen der radikalislamischen Hamas in Gaza. Laut palästinensischen Sicherheitskräften wurden über Gaza hinaus Ziele im ganzen Gazastreifen angegriffen. Die israelische Armee bestätigte die Angriffe, die um 11.30 (10.30 Uhr MEZ) begannen.
    "Mindestens 145 Menschen sind bei den Angriffen gestorben, im ganzen Gazastreifen hat es Hunderte Verletzte gegeben", sagte der Gesundheitsminister der Hamas, Bassem Naim. Nach Angaben des Hamas-Hörfunks kamen mindestens 155 Palästinser ums Leben, die meisten in der Stadt Gaza im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens. Der Sprecher der Hamas-Sicherheitskräfte sagte, dass mehr als hundert der Getöteten Polizisten seien. Unter ihnen befinde sich auch der Polizeichef von Gaza, General Taufik Dschaber.
    Im südisraelischen Netivot wurde ein Israeli durch eine Palästinenser-Rakete getötet.
  • Die israelische Armee drohte, die Angriffe fortzusetzen und auszuweiten, wenn es sein müsse. "Wir haben die Zivilbevölkerung des Gazastreifens vorgewarnt", sagte ein Armeesprecher. Verantwortlich für die Angriffe sei allein die Hamas, die sich hinter der Zivilbevölkerung verstecke. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte die israelischen Luftangriffe und rief nach Angaben seines Sprechers die internationale Gemeinschaft zum Eingreifen auf.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sich "sehr besorgt" über die Eskalation der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern gezeigt. "Der Gazastreifen droht erneut in einer Spirale der Gewalt zu versinken", sagte er in einem vorab veröffentlichten Gespräch der "Bild am Sonntag". Steinmeier forderte die radikalislamische Hamas zum "sofortigen und dauerhaften" Ende der Raketenangriffe auf Israel auf. Zugleich verlangte er von Israel, dessen Luftwaffe am Samstag den Gazastreifen angegriffen hatte, Zurückhaltung.
    Der Außenminister verurteilte das Vorgehen der Hamas scharf. Für die einseitige Aufkündigung der Waffenruhe mit Israel durch die Hamas fehle der Bundesregierung "jedes Verständnis", sagte Steinmeier der "BamS". Die radikale Palästinenserorganisation betreibe ein "zynisches Spiel mit den Menschen, für die sie vorgibt, Verantwortung übernommen zu haben." Die Hamas hatte mit Raketenangriffen auf den Süden Israels auf die israelischen Luftangriffe reagiert.
    Steinmeier betonte, Deutschland respektiere das "legitime Recht" Israels, sich selbst zu verteidigen. "Gleichzeitig appelliere ich an die israelische Seite, bei den Militäraktionen das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu respektieren und alles zu tun, um zivile Opfer zu vermeiden", sagte der Außenminister zu "BamS".
  • UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat ein sofortiges Ende aller Gewalt im Nahen Osten gefordert. Die Zahl der Toten stieg nach den israelischen Luftangriffen auf den Gazastreifen nach Angaben der Rettungskräfte auf mindestens 205. Hunderte Menschen seien verletzt worden, sagte der Chef der Rettungskräfte, Muawija Hassanein. Da die israelische Luftwaffe am Abend weiter Angriffe flog, wird mit neuen Opfern gerechnet. Die Hamas rief zur Vergeltung auf und feuerte Dutzende Raketen auf Israel ab.
    Ban sei "zutiefst besorgt über die schwere Gewalt und das Blutvergießen in Gaza sowie die anhaltende Gewalt in Südisrael", erklärte ein Sprecher des UN-Generalsekretärs in New York. Angesichts der israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen und der anhaltenden Raketenangriffe radikaler Palästinenser auf Israel fordere Ban "ein sofortiges Ende aller Gewalt". Zugleich habe der Generalsekretär seine Forderung bekräftigt, Hilfslieferungen für die Not leidende Zivilbevölkerung in den Gazastreifen hineinzulassen.
  • Ziele der israelischen Angriffe waren laut Armeesprecher Avi Benjahu Waffenarsenale, Ausbildungslager, Regierungsbüros und Kommandozentralen der Hamas. Es gebe keine Frist für ein Ende des Einsatzes, der auf einen Kabinettsbeschluss hin begonnen habe, sagte Benjahu im Armeehörfunk.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas forderte bei einem Besuch beim saudiarabischen König Abdallah II. in Riad das Ende der israelischen Luftangriffe. Die Arabische Liga kündigte für Sonntag eine Dringlichkeitssitzung an.
  • Der französische Staatschef und EU-Ratsvorsitzende Nicolas Sarkozy verlangte ein unverzügliches Ende der Raketenangriffe auf Israel sowie der israelischen Bombardements. Die USA riefen Israel auf, zivile Opfer zu vermeiden. Allerdings müsse die Hamas die Raketenangriffe einstellen, wenn die Gewalt ein Ende haben solle, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Gordon Johndroe. Russland forderte beide Seiten zum Gewaltverzicht auf.
Sonntag, 28. Dezember
  • Der UN-Sicherheitsrat hat am 28. Dez. von Israel und der radikalislamischen Hamas ein sofortiges Ende der Kämpfe im Gazastreifen gefordert. Die 15 Mitglieder des Gremiums riefen in einer nicht bindenden Erklärung zu "einer sofortiger Einstellung aller Gewalt" auf. Die Konfliktparteien müssten "sofort alle militärischen Aktivitäten stoppen", hieß es in der Stellungnahme weiter, die der derzeitige Vorsitzende des Sicherheitsrats, der kroatische UN-Botschafter Neven Jurica, verlas.
    Unterdessen genehmigte die israelische Regierung einen Hilfstransport in den Gazastreifen. Barak habe die Erlaubnis erteilt, dass über den Grenzübergang Kerem Schalom ein Konvoi mit Medikamenten und anderen Hilfsgütern in das Palästinensergebiet fahren dürfe, teilte sein Sprecher in Jerusalem mit. Die übrigen Grenzposten blieben geschlossen. Die Hilfslieferungen werden den Angaben zufolge von internationalen Hilfsorganisationen zusammengestellt. Israelischen Medienberichten zufolge will Barak mit seiner Entscheidung die internationale Kritik an den israelischen Luftangriffen im Gazastreifen dämpfen.
  • Ägypten erklärte sich indes bereit, mit Israel und der Hamas über eine Feuerpause zu verhandeln. Ägypten unternehme große Anstrengungen, um die Lage im Gazastreifen zu verbessern, sagte Außenminister Ahmed Abul Gheit nach einem Gespräch mit Palästinenser-präsident Mahmud Abbas. Am Mittwoch sollen die arabischen Außenminister in Kairo zusammenkommen. Dabei soll es um einen Plan für eine Feuerpause und einen neuen dauerhaften Waffenstillstand gehen.
  • Zehntausende Menschen demonstrierten am 28. Dez. in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa gegen Israels Luftangriffe im Gazastreifen. Auch in der syrischen Hauptstadt Damaskus protestierten tausende Menschen gegen Israel. In Ägypten beteiligten sich mehr als 50.000 Menschen an den Demonstrationen.
  • Israel droht nun auch mit einer Bodenoffensive. Die Armee sei notfalls zum Einsatz von Bodentruppen bereit, erklärte Verteidigungsminister Ehud Barak am 28. Dez. und ordnete die Mobilisierung tausender Reservisten an. "Wenn es notwendig ist, Truppen aufmarschieren zu lassen, um unsere Bürger zu schützen, werden wir das tun", wurde Barak von seinem Sprecher zitiert. Mit den Luftangriffen will Israel die ständigen Raketenangriffe auf sein Territorium vom Gazastreifen aus unterbinden.
    Die israelische Armee begann damit, Panzer und Soldaten an der Grenze zum von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Gazastreifen zusammenzuziehen. In der Nähe des Übergangs Eres fuhren mehrere Panzer begleitet von Militärtransportern auf. Die Regierung beschloss zudem, mehr als 6000 Reservisten zu mobilisieren.
  • Im Süden Israels gingen am 28. Dez. erneut rund 20 Raketen nieder. Erstmals wurde auch eine Ortschaft getroffen, die mehr als 30 Kilometer vom Gazastreifen entfernt liegt. So weit reichte bislang noch kein Raketenangriff der Hamas-Kämpfer.
  • Der libysche Staatschef Muammer el Gaddafi hat die "feige" Haltung der arabischen Länder gegenüber der israelischen Militäraktion im Gazastreifen angeprangert. Nach Berichten der staatlichen libyschen Nachrichtenagentur Jana kritisierte Gaddafi vor allem die Pläne, am Freitag einen Sondergipfel der Arabischen Liga einzuberufen. Er werde nicht an einer Veranstaltung teilnehmen, "auf der seit langem eine zerkratzte Schallplatte gespielt wird", sagte Gaddafi in einer Rede vor Anhängern. "Diese feige und defätistische Haltung ist eine Schande."
    Gaddafi rief die arabischen Länder zudem auf, ihre 2002 auf den Weg gebrachte Friedensinitiative für den Nahen Osten zu beenden.
  • Die israelische Luftwaffe griff nach eigenen Angaben bei der "Operation Gegossenes Blei" seit Samstagmorgen (27. Dez.) binnen 24 Stunden rund 230 Hamas-Standorte im Gazastreifen an. Dabei wurden laut den neuesten Zahlen der palästinensischen Rettungskräfte mehr als 280 Menschen getötet.
Montag, 29. Dezember
  • Israels Verteidigungsminister Ehud Barak hat der radikalislamischen Hamas am 29. Dez. einen „Krieg bis zum bitteren Ende“ angekündigt. Vize-Generalstabschef Dan Harel ergänzte: „Das Schlimmste ist noch nicht ausgestanden, es steht uns noch bevor.“
    Barak sagte im Parlament, die bisherige Operation werde ausgedehnt, wenn dies notwendig sei. Die Armee erklärte das Gebiet um den Gazastreifen herum gleichzeitig zur militärischen Sperrzone. Dies wurde in israelischen Medien als Hinweis auf eine Bodenoffensive gesehen. Zuvor waren bereits Kriegsschiffe in die Militäroperation einbezogen worden.
    In der Nacht hatte sie die Islamische Universität in Gaza beschossen; dort seien Raketen, Sprengstoff und elektronisches Gerät entwickelt worden, hieß es zur Begründung. "Nach Beendigung der Operation wird es nicht ein stehendes Haus der Hamas im Gazastreifen mehr geben", erklärte Vize-Generalstabschef Dan Harel.
    "Das Ziel der Operation ist der Sturz der Hamas", sagte Vize-Regierungschef Haim Ramon. Hamas-Chef Chaled Maschaal erklärte sich zu einer neuen Waffenruhe bereit, Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah rief indes zu einer neuen Intifada auf.
  • Bei den israelischen Luftangriffen in der Nacht zu Montag (29. Dez.) sind nach palästinensischen Angaben auch sechs Kinder getötet worden. Vier Mädchen aus der selben Familie im Alter zwischen einem und zwölf Jahren wurden demnach in Dschabalija getötet, als die israelische Luftwaffe eine Moschee in der Nähe ihres Hauses angriff.
    Zwei Jungen seien bei einem Angriff in Rafah im Süden des Gazastreifens ums Leben gekommen, teilten die Krankenhausmitarbeiter weiter mit.
  • Angesichts der kritischen Lage berief die französische Ratspräsidentschaft für diesen Dienstag ein Krisentreffen der Außenminister der 27 EU-Staaten in Paris ein. Zuvor hatte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy telefonisch mit seinem ägyptischen Amtskollegen Husni Mubarak über die Situation gesprochen. Anfang Januar werde Sarkozy im Elysée-Palast auch die israelische Außenministerin Zipi Livni empfangen, hieß es.
  • Militante Palästinenser feuerten binnen drei Tagen nach Armeeangaben mehr als 200 Raketen und Mörsergranaten auf israelische Grenzstädte. Allein am 29. Dez. schlugen mehr als 60 Raketen ein. Eine so genannte Grad-Rakete schlug am Abend nach Armeeangaben an einer Bushaltestelle in der Hafenstadt Aschdod ein. Damit haben militante Palästinenser erstmals mitten in die rund 30 Kilometer nördlich vom Gazastreifen gelegene Hafenstadt mit 190 000 Einwohnern geschossen und dort Menschen verletzt.
  • Seit Samstag (27. Dez.) kamen insgesamt vier Israelis bei den Angriffen ums Leben. Ein israelischer Araber starb dabei durch die Explosion einer Grad-Rakete in Aschkalon, zwei weitere Israelis - ein Mann und eine Frau - erlagen am Montag bei Aschdod und in Nachal Oz ihren Verletzungen. Ein Israeli ist am 27. Dez. in der Grenzstadt Netivot bei einem Raketenangriff getötet worden.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und auch das Weiße Haus machten die Hamas für die jüngste Entwicklung verantwortlich. Merkel und der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hätten während eines Telefonats am Sonntagabend (28. Dez.) übereinstimmend festgestellt, dass die Verantwortung "eindeutig und ausschließlich bei der Hamas liegt", sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin.UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warf der internationalen Gemeinschaft mangelndes Engagement im Nahost-Konflikt vor.
  • Ein Sprecher der Hamas lehnte derweil den Aufruf von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ab, in einen Dialog zu treten, um eine Lösung zu finden. Abbas wolle «den palästinensischen Widerstand bloß überzeugen, nicht mehr auf die Verbrechen der Zionisten gegen die standhaften Menschen im Gazastreifen zu antworten», sagte Hamas- Sprecher Fausi Barhum.
  • In zahlreichen arabischen Ländern, aber auch im Westen kam es erneut zu anti-israelischen Protesten. Wegen des Todes von acht palästinensischen Studenten beim UN-Palästinahilfswerk UNRWA sowie wegen schwerer Schäden an UN-Einrichtungen im Gazastreifen protestierten die UN scharf beim israelischen Verteidigungsminister Barak.
    Israel hatte zuvor Vorwürfe unverhältnismäßiger Härte bei den Luftangriffen auf den Gazastreifen zurückgewiesen. Während die Hamas Zivilisten als menschliche Schutzschilder benutze, versuche Israel, die zivilen Opfer auf beiden Seiten gering zu halten, hieß es in einer verbreiteten Erklärung des Außenministeriums. Nach humanitärem Völkerrecht handele es sich bei Raketenabschussrampen und Waffenlagern im Gazastreifen um rechtmäßige militärische Ziele, auch wenn sie inmitten von Wohngebieten lägen.
  • Die Lage im Gazastreifen wurde nach Augenzeugenberichten immer verzweifelter. Im Schifa-Krankenhaus von Gaza werden Verletzte inzwischen auf dem Boden behandelt, weil keine Tragen oder Betten mehr frei sind. UN- Nothilfekoordinator John Holmes nannte die Versorgungslage der Bevölkerung «besorgniserregend».
  • Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat angesichts der Eskalation im Gazastreifen vor einem Flächenbrand im Nahen Osten gewarnt. "Amerikanern, Russen und Europäern, aber auch den arabischen Nachbarn und der UNO muss klar sein, dass die Gefahr eines Flächenbrandes kaum jemals größer war", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, dem Online-Portal Handelsblatt.com.
    Gelinge es nicht, die anhaltende Bedrohung durch Raketenbeschuss für die israelische Bevölkerung zu stoppen, "so dürfte der Konflikt rasch auf andere Länder in der Region, wie zum Beispiel Ägypten und Jordanien überschwappen", warnte Kramer. Er appellierte dabei an die Europäische Union, sich aktiv an der Konfliktlösung zu beteiligen.
  • Der Nahost-Experte Udo Steinbach sagte der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse", Israel könne die Hamas militärisch besiegen, diese werde aber "ihr Haupt wieder erheben". Am Ende würden die israelischen Angriffe zu einer weiteren Radikalisierung unter den Palästinensern und in der arabischen Welt beitragen.
  • Seit Beginn der Angriffe am Samstagmorgen (27. Dez.) wurden nach palästinensischen Angaben mehr als 340 Menschen getötet. Laut UNO waren 60 Zivilisten unter den Todesopfern, darunter 21 Kinder.
Dienstag, 29. Dezember
  • Die israelischen Bodentruppen sind zum Einmarsch in den Gazastreifen bereit. Eine Armeesprecherin sagte am 29. Dez. der Nachrichtenagentur AFP in Jerusalem, die Soldaten hätten ihre Stellungen bezogen, die Möglichkeit einer Bodenoffensive bestehe. "Im Moment jedoch greifen wir ausschließlich aus der Luft oder vom Meer aus an", sagte die Sprecherin. In der Nacht hatte die Luftwaffe eine neue Angriffserie auf den Gazastreifen geflogen. In Israel kamen zwei Menschen durch palästinensischen Raketenbeschuss ums Leben. Die EU will bei einem Sondertreffen der Außenminister über die Lage in der Region beraten.
    Vize-Verteidigungsminister Matan Vilnai sagte, die Streitkräfte seines Landes seien auf einen mehrere Wochen andauernden Kampf eingestellt. Die Hamas verfüge noch über hunderte Raketen, werde aber täglich schwächer. "Wir wollen einen grundlegenden Wandel der Sicherheitslage im Süden Israels erreichen", sagte Vilnai.
  • Nach Angaben des Leiters der Rettungsdienste, Moawija Hassanein, starben seit Beginn der Offensive 360 Menschen, 1690 wurden verletzt. Auf israelischer Seite wurde in der Nacht ein Soldat durch einen Mörser getötet, der auf seinen Stützpunkt in der Nähe des Gazastreifens abgeschossen wurde. Zuvor waren im Süden Israels ein Mann und eine Frau durch palästinensische Raketen ums Leben gekommen.
Mittwoch, 31. Dezember
  • Das israelische Sicherheitskabinett hat den weltweiten Forderungen nach einer Waffenruhe im Gazastreifen eine Absage erteilt. Ein ranghoher israelischer Regierungsvertreter sagte am 31. Dez. der Nachrichtenagentur AFP in Jerusalem, das Sicherheitskabinett habe beschlossen, die Militäroffensive gegen die Hamas im Gazastreifen fortzusetzen. Das Raketenfeuer der Hamas aus dem Gazastreifen und die israelischen Luftangriffe wurden fortgesetzt. Im Bemühen um eine Waffenruhe will eine EU-Delegation in der kommenden Woche nach Israel reisen.
    "Die Regierung hat sich für eine Strategie des Erfolges entschieden", sagte der israelische Regierungsvertreter. Sie verfolge das Ziel, "den vom Gazastreifen ausgehenden Terror zu stoppen". "Wenn wir dieses Ziel erreicht haben, dann werden wir bereit sein, die Möglichkeit eines Waffenstillstands zu diskutieren." Der Regierungsvertreter zitierte Ministerpräsident Ehud Olmert mit den Worten: "Wir haben den Gaza-Einsatz nicht begonnen, nur um ihn - begleitet von denselben Raketenangriffen wie am Anfang - wieder zu beenden."
  • Die israelische Luftwaffe flog in der Nacht zum 31. Dez. 35 Angriffe auf Ziele im Gazastreifen. Von dort wurden 20 Raketen und Granaten über die Grenze nach Israel gefeuert. Zwei Raketen vom Typ "Grad" schlugen in der Nähe der Stadt Beerschewa und damit rund 40 Kilometer entfernt vom Gazastreifen ein.
  • Der im Exil in Damaskus lebende Hamas-Anführer Chaled Maschaal erklärte sich erneut zu einem Waffenstillstand unter der Bedingung bereit, dass Israel die Blockade des Gazastreifens vollständig aufhebt.
  • Israel muss Journalisten nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes des Landes Zugang zum Gazastreifen ermöglichen. Wie die Auslandspressevereinigung (FPA) mitteilte, schränkten die Richter den Umfang der Berichterstattung aber stark ein. Seit Beginn der Luftangriffe im Gazastreifen am Samstag hat Israel keine Journalisten in das Palästinensergebiet gelassen.
  • Bei den israelischen Angriffen starben bislang nach palästinensischen Angaben fast 400 Menschen, etwa 1900 wurden verletzt. Das UN-Büro für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) schätzt, dass mindestens 25 Prozent der getöteten Palästinser Zivilisten waren. Mindestens 42 Kinder seien gestorben, sagte UNRWA-Sprecher Christopher Gunnes.



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