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März 2006

Chronologie der Ereignisse

Mittwoch, 1. März, bis Sonntag, 5. März
  • In Gaza-Stadt starb am 1, März ein höherer Dschihad-Kommandant bei einer mysteriösen Autoexplosion. Die palästinensische Seite ging von einem israelischen Raketenangriff aus, was die Armee bestritt. Das Fahrzeug war in einer belebten Gegend unterwegs. Die Wucht der Detonation ließ Fensterscheiben platzen und die Stromversorgung zusammen brechen. Zuletzt hatte Israel im Februar Kämpfer von Dschihad und der Al-Aksa-Brigaden gezielt getötet. Der radikalislamische Dschihad, die sich an den Waffenstillstand gehalten hat, schwor blutige Rache.
  • Ebenso wurden am 1. März zwei Angriffe auf Israelis in der Westbank gemeldet. Im ersten Fall wurde ein Mann an einer Tankstelle von zwei Unbekannten aus nächster Nähe erschossen. Zu der Tat bekannten sich die Al-Aksa-Brigaden der Fatah. Die israelische Polizei schloss aber kriminelle Motive nicht aus. Nach bekanntem Muster palästinensischer Militanter verlief eine Schießerei aus einem fahrenden Wagen, bei der ein Israeli nahe einer Siedlung schwer verletzt wurde.
  • In Ost-Jerusalem nahm die israelische Polizei am 1. März den ranghohen, dort lebenden Hamas-Abgeordneten Mohammed Abu Teir und zwei seiner Mitarbeiter beim Besuch eines Krankenhauses fest. Zur Begründung hieß es, die Männer hätten sich politisch illegal betätigt. Israel hat der Hamas jegliche Aktivitäten in Jerusalem untersagt.
  • Der UN-Nahostgesandte Alvaro de Soto warnte am 1. März vor Wirtschaftssanktionen gegen die amtierende Autonomie-Regierung. Deren Kollaps könnte "alle Hoffnungen auf einen palästinensischen Staat in einem vernünftigen Zeitrahmen beenden", hieß es in seinem Bericht an den Sicherheitsrat. Außerdem würden die Palästinenser das Ausbleiben von Finanzmitteln als Bestrafung für das Ergebnis ihrer demokratischen Parlamentswahl verstehen. Zur Konfliktlösung sei ein "glaubwürdiger politischer Horizont nötig", so der UN-Gesandte. Soto schlug vor, Bemühungen wie die saudische Friedensinitiative, verabschiedet von der arabischen Liga Anfang 2002, wieder zu beleben. Sie propagiert eine Zwei-Staaten-Lösung entlang der 67er Grenzen.
  • Israelische Soldaten haben am 3. März im Westjordanland einen palästinsischen Jugendlichen erschossen. Der 15jährige wurde während einer israelischen Militäraktion im Flüchtlingslager Ein Beit Elma in Nablus tödlich getroffen, wie palästinensische Sicherheits- und Rettungskräfte berichteten. Das Opfer hielt sich auf dem Dach des Hauses seiner Familie auf. Ein 18jähriger Palästinenser wurde von den israelischen Soldaten durch Schüsse verletzt.
  • Die Zündung von Feuerwerkskörpern in der christlichen Basilika von Nazareth am 3. März hat heftige Tumulte in der nordisraelischen Stadt ausgelöst. Dabei wurden mindestens acht Menschen verletzt, unter ihnen fünf Polizisten. Gezündet wurden die Feuerwerkskörper von einem offenbar psychisch gestörten Ehepaar, das zusammen mit einer weiteren Frau in der Kleidung von Pilgern in die Kirche gekommen war. Zum Zeitpunkt der Attacke war die Basilika der Verkündigung voll mit Menschen, die sich zu Beginn der Passionszeit zu Gebeten versammelten. Eine aufgebrachte Menschenmenge bedrängte die Täter mehrere Stunden lang, ehe die Polizei sie in Sicherheit bringen konnte. Der Angriff habe keine nationalistischen Motive, sagte der Minister für öffentliche Sicherheit, Gideon Esra. Der Mann sei Jude, die Frau Christin. Er stehe in Kontakt mit der christlichen Gemeinde von Nazareth, um die Wogen zu glätten.
  • Die Hamas führte am 3. März in Russland erstmals Gespräche mit einem im Nahost-Friedensprozess engagierten Staat. Die sechsköpfige Delegation wurde von dem im Exil lebenden Hamas-Anführer Chalid Maschaal geleitet. Wie das Außenministerium in Moskau am Abend mitteilte, hätten die Hamas-Vertreter die Bedingung gestellt, dass auch Israel der Gewalt abschwören müsse. Ähnlich äußerte sich ein führender Hamas-Vertreter nach den umstrittenen Gesprächen mit der russischen Regierung in Moskau. Die Hamas sei optimistisch mit Blick auf eine Verlängerung der Waffenruhe, die seit März 2005 gilt. Bedingung sei jedoch, dass Israel "seine Aggressionen, Hinrichtungen und Festnahmen" einstelle sowie palästinensische Gefangene freilasse. "Der Ball liegt nun in Israels Spielfeld", sagte Essat al-Reschek. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die radikal-islamische Palästinenserbewegung Hamas zur Umsetzung der Vereinbarungen mit Israel aufgerufen. Die Palästinenser könnten dabei auf die Unterstützung Russlands zählen, sagte Lawrow.
  • Der russische Präsident Wladimir Putin hat am 4. März US-Präsident George W. Bush angerufen und mit ihm über die Gespräche seiner Regierung mit der Hamas-Bewegung sowie über den Atomkonflikt mit dem Iran gesprochen. Wie der Kreml mitteilte, hätten sich beide während des 15minütigen Gesprächs darauf verständigt, ihre Politik in diesen und anderen Fragen weiter zu koordinieren.
  • Der amtierende israelische Ministerpräsident Ehud Olmert will nach der Parlamentswahl 17 Siedlungen im Westjordanland auflösen, wie einer seiner Mitarbeiter am 5. März bestätigte. Teil des Planes sei es, Siedler aus den isolierten Außenposten in die großen Siedlungsblöcke nahe der Grenze umzusiedeln, zitierte die Zeitung Jediot Ahronot Avi Dichter. Es werde sich nur um eine "zivile Trennung, nicht um einen militärischen Rückzug" handeln, sagte er. Olmert hat in den vergangenen Wochen mehrfach angedeutet, er werde einseitige Schritte unternehmen, um die künftigen Grenzen zu den palästinensischen Gebieten festzulegen, da man mit einer Hamas-geführten Regierung nicht verhandeln werde. In den 17 Siedlungen, die Olmert auflösen will, leben 15.000 der insgesamt 235.000 israelischen Siedler.
  • Ein führender Vertreter der israelischen Regierungspartei Kadima hat dem designierten palästinensischen Ministerpräsidenten Ismail Hanija mit Inhaftierung und Tötung gedroht. "Wenn Hanija und seine Leute an der Macht sind und ihre Politik des Terrors und der Morde fortsetzen, werden sie sich hinter Gittern wiederfinden oder sich zu Scheich Jassin gesellen", sagte der Kadima-Politiker Avi Dichter am 5. März im israelischen fernsehen. Damit spielte er auf das Schicksal des Hamas-Führers Scheich Ahmed Jassin an, der vor zwei Jahren von Israel getötet wurde. Dichter ist ein Vertrauter von Israels Interims-Ministerpräsident Ehud Olmert und ein führender Kandidat für die Parlamentswahl am 28. März.
Montag, 6. März, bis Sonntag, 12. März
  • Auf der ersten Arbeitssitzung des neu gewählten Palästinenserparlaments am 6. März ist es zum Eklat zwischen der radikalislamischen Hamas und der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gekommen. Die Hamas-Mehrheit im Parlament setzte mit großer Mehrheit eine Reihe von Entscheidungen der vorherigen Volksversammlung außer Kraft. Dabei ging es vor allem um Postenbesetzungen, die die Fatah kurz vor dem Ablauf der letzten Legislaturperiode durchgesetzt hatte. Die Abgeordneten der Fatah verließen vor der Abstimmung aus Protest die Sitzung.
  • Nach dem Eklat am Vortag setzte das palästinensische Parlament seine Sitzung am 7. März ohne die Abgeordneten der bisher regierenden Fatah fort, die in einem Streit um die Aufhebung früherer Erlasse aus dem Abgeordnetenhaus ausgezogen waren. Die Fatah rief in dem Streit das Verfassungsgericht an und will Parlamentssitzungen bis zu einer Entscheidung fernbleiben.
  • Der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas hat dem palästinensischen Ministerpräsidenten Ismail Hanija für den Fall neuer Anschläge seiner radikal-islamischen Hamas mit gezielter Tötung gedroht. "Niemand ist immun, auch nicht Ismail Hanija", sagte Mofas am 7. März dem israelischen Armeesender. Die Politik der gezielten Tötungen sei "richtig, und sie wird fortgesetzt". Die bei der Parlamentswahl siegreiche Hamas wies die Warnung zurück und bezeichnete ein solches Vorgehen als Terrorismus.
  • Am 7. März wurden im Gazastreifen zwei Palästinenser und drei jugendliche Passanten beerdigt, die am Vortag bei einem israelischen Raketenangriff getötet worden waren. Tausende Trauernde gaben den Getöteten das letzte Geleit auf dem Weg von einem Krankenhaus in Gaza zu den Gräbern. Der radikale Islamische Dschihad kündigte Israel Rache an.
  • Frankreich hat Israel aufgefordert, die Politik der gezielten Tötungen in den palästinensischen Gebieten zu beenden. "Wir verurteilen diese Praxis, die dem internationalen Recht zuwider läuft", kritisierte ein Sprecher des Pariser Außenministeriums. Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas hatte heute eine gezielte Tötung des palästinensischen Ministerpräsidenten Ismail Hanija nicht ausgeschlossen.
  • Frankreich hat Israel für seine Politik der gezielten Tötungen in den palästinensischen Gebieten scharf kritisiert. Diese Praxis müsse beendet werden, forderte der Sprecher des Pariser Außenministeriums, Jean-Baptiste Mattéi, am 7. März. Gezielte Tötungen "stärken nur die radikalsten Kräfte der palästinensischen Gesellschaft zu einer Zeit, in der man Anhängern einer Verhandlungslösung eine Chance geben muss", sagte er.
  • Die Bundesregierung hat Israel aufgerufen, nicht zu einer Eskalation der Lage im Nahen Osten beizutragen. Deutschland habe es "immer verurteilt, wenn es terroristische Gräueltaten gegen Israel gegeben hat", sagte Außenamtssprecher Martin Jäger am 8. März in Berlin. Trotzdem fordere Deutschland die israelische Regierung auch immer auf, die Folgen ihres Handelns für den Friedensprozess in Nahost zu bedenken. Dies gelte auch bei der gezielten Tötung von radikalen Palästinenserführern, sagte Jaeger: "Natürlich fordern wir unsere israelischen Freunde dringend auf, alles zu unterlassen, was zu einer weiteren Zuspitzung der Entwicklung führen kann." Der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas hatte dem designierten palästinensischen Regierungschef Ismail Hanija am Vortag indirekt mit gezielter Tötung gedroht.
  • Mindestens 15.000 Palästinenser seien im Zuge des Mauerbaus umgesiedelt worden, sagte John Dugard, UNO-Berichterstatter zur Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten. "Mit dieser neuen Generation von Umgesiedelten entsteht eine neue Kategorie von Flüchtlingen", hält Dugard in seinem Bericht an die UNO-Menschenrechtskommission fest, der am 8. März veröffentlicht wurde. So habe der Mauerbau zum Beispiel in Ost-Jerusalem "grosse Konsequenzen". Familien werden auseinandergerissen und palästinensische Bewohner aus der Stadt getrieben. Aber auch der Zugang zu Spitälern, Schulen oder Arbeitsplätzen werde erschwert. Obwohl der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag die israelische Sperranlage 2004 als illegal bezeichnet hatte, hat Israel inzwischen 275 Kilometer der 670 Kilometer langen Mauer gebaut.
  • Die israelische Armee hat am 9. März den für die palästinensische Wirtschaft wichtigen Grenzübergang Karni zwischen dem Gazastreifen und Israel wieder geöffnet. Die Entscheidung sei trotz bestehender Sicherheitsbedenken getroffen worden, teilte die israelische Armee mit. Falls es neue Warnungen vor Anschlägen gebe, könnte der Übergang erneut geschlossen werden. Israel hatte den Kontrollpunkt am 21. Februar wegen Informationen über einen drohenden palästinensischen Anschlag geschlossen.
  • Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas und sein rumänischer Kollege Teodor Astanasiu haben am 9. März einen Vertrag unterzeichnet. Zudem bot Israel den Rumänen Unterstützung im Kampf gegen den Terror an. Bei Mofas' Besuch in Bukarest sprachen die beiden Verteidigungsminister über internationale Militäreinsätze, die Lage im Nahen Osten und das iranische Atomprogramm. Dies teilte Astanasiu nach dem Gespräch mit. Zudem erwäge Rumänien, F-16-Kampfflugzeuge von Israel zu erwerben. Eine Entscheidung soll bis Ende des Jahres fallen. Über den Inhalt des Abkommen wurden keine Einzelheiten mitgeteilt. Die Zusammenarbeit wurde für die nächsten fünf Jahre festgelegt, wie die Tageszeitung "Ha´aretz" berichtet. Für das israelische Angebot bedankte sich Astanasiu. Israel habe auf dem Gebiet der Terrorbekämpfung "wahrscheinlich die beste Erfahrung in der Welt". Derzeit hat Rumänien 860 Soldaten im Irak stationiert. Zudem wollen die USA in diesem Jahr Stützpunkte in dem südosteuropäischen Land einrichten. Experten befürchten deshalb, dass dort die Gefahr von Terroranschlägen steigen wird. (israelnetz.de)
  • Zwei Drittel der israelischen Araber sind zufrieden mit dem Wahlsieg der Hamas im Januar - gleichzeitig sprechen viele jedoch Israel das Existenzrecht zu. Das geht aus einer Studie der Universität Haifa hervor, die am 9. März veröffentlicht wurde. Die Mehrheit der arabischen Wähler sei für die Existenz eines jüdischen, demokratischen Staates. "Aber sie sind gegen einen zionistischen Staat, also einen Staat, der seine jüdische Mehrheit sichern will", sagte Sammy Smooha, einer von drei Soziologen, die die Umfrage durchführten, gegenüber der "Jerusalem Post". Das Jüdisch-Arabische Zentrum und die Schule für Politikwissenschaften an der Universität Haifa hatte Anfang März 500 Araber befragt, die bereits bei den vergangenen Wahlen teilgenommen hatten. 69,5 Prozent sahen das Existenzrecht Israels als legitim an. Darin gebe es keinen Unterschied zu ähnlichen Umfragen in den Jahren 2003 und 2004, sagte Smooha. Nur 3,4 Prozent der israelischen Araber fanden, dass die israelische Regierung sie wie alle andere Bürger behandle. Etwa 49 Prozent sagten jedoch, die Regierung behandle sie wie Bürger zweiter Klasse. 24 Prozent hatten das Gefühl, wie Feinde im Land behandelt zu werden, denen nicht dieselben Rechte zugesprochen würden wie anderen. (israelnetz.de)
  • Der britische Außenminister Jack Straw hat in einem Fernseh-Interview gesagt, wenn die internationale Gemeinschaft die Nuklear-Bedrohung des Iran abgewendet habe, müsse sie sich mit Israel beschäftigen. "Ich will einen atomwaffenfreien Nahen Osten", sagte der Minister in dem Interview am 9. März. "Dies ist die Politik der Regierung Ihrer Majestät (Königin Elisabeth, d.R.). Daran arbeiten wir. In den vergangenen Jahren haben wir sichergestellt, dass zwei der Länder im Nahen Osten, die eine nukleare Bedrohung darstellten, Libyen und Irak, ihre Atomwaffen abgeschafft haben." Er fügte hinzu: "Wenn man einen atomwaffenfreien Nahen Osten will, muss man die Bedrohung durch den Iran wegschaffen, ebenso wie die rhetorische Aufforderung, Israel von der Landkarte zu wischen (...) und wenn man das getan hat, können wir mit Israel fortfahren."
    In Israel prüfte man diese Worte sorgfältig, wollte sie jedoch zunächst nicht öffentlich thematisieren, berichtet die "Jerusalem Post". Ein Regierungsvertreter aus Jerusalem sagte jedoch: "Dies ist nicht die Zeit, darüber zu diskutieren." Israel habe deutlich gemacht, dass es für einen atomwaffenfreien Nahen Osten sei. Doch die Diskussion darüber könne erst in der Zukunft neu angestoßen werden, wenn Israel mit allen Ländern in der Region Friedensverträge unterzeichnet habe.
  • Israel will den Iran unbedingt am möglichen Bau einer Atombombe hindern. "Wir können die Möglichkeit einer Atombombe in iranischen Händen auf keinen Fall hinnehmen", sagte der israelische Übergangsregierungschef Ehud Olmert am 10. März im öffentlichen israelischen Rundfunk. Ziel sei es, dass die internationale Gemeinschaft den Iran an der Entwicklung nicht-konventioneller Waffen hindere. Israel habe daran mitgearbeitet, dass der Atomstreit vor den UN-Sicherheitsrat gebracht wurde. Allerdings gelte in dieser Frage der Grundsatz: "Mehr arbeiten und weniger reden", fügte Olmert hinzu.
  • Der Anführer der islamischen Hamas, Chaled Maschaal, hat die Absichten des israelischen Übergangsregierungschefs Ehud Olmert zur Grenzfestlegung als "Kriegserklärung" bezeichnet. "Es handelt sich nicht um einen Friedensplan, sondern um eine Kriegserklärung" an die palästinensische Bevölkerung, sagte Maschaal am 10. März der Nachrichtenagentur AFP in der syrischen Hauptstadt Damaskus.
  • Gemeinsam wollen Deutschland und Ägypten den Friedensprozess im Nahen Osten fördern und auch nach dem Wahlsieg der radikal-islamischen Hamas ein friedliches Zusammenleben zwischen Israel und Palästina unterstützen. Diese Position vertraten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der ägyptische Präsident Husni Mubarak am 11. März nach einem gut zweistündigen Gespräch in Berlin. Die bei den Wahlen in den palästinensischen Autonomiegebieten siegreiche Hamas müsse akzeptieren, dass Gewalt kein Mittel zur Lösung von Problemen ist, sagte Merkel. Mubarak betonte nach seinem ersten Treffen mit Merkel als Bundeskanzlerin die Notwendigkeit, dass sich alle regionalen Kräfte verbinden müssten, um die Friedensbemühungen zwischen Israel und den Palästinensern voranzubringen. Die Hamas muss nach Angaben Mubaraks die bereits unterzeichneten Abkommen auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung ("Road Map") akzeptieren. Dies sei die "elementare Voraussetzung für einen palästinensischen Staat", ergänzte Merkel. Beide wollen den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas unterstützen. Merkel sagte, sie habe großes Verständnis für die schwierige wirtschaftliche Lage der palästinensischen Bevölkerung. "Gewalt kann aber kein Mittel sein."
  • Die demnächst regierende Palästinenser-Organisation Hamas will am bewaffneten Kampf gegen Israel festhalten. Das gehe aus dem Präsident Machmud Abbas vorgelegten Regierungsprogramm hervor, hieß es am 12. März aus Palästinenserkreisen. In ihren Leitlinien fordere Hamas unter anderem das Ende der israelischen Besatzung, die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge sowie einen Palästinenserstaat mit Jerusalem als Hauptstadt. Nur dann werde es Verhandlungen mit Israel geben.
    Ein Sprecher der bisher regierenden Fatah kritisierten das Programm. Es fehle die ausdrückliche Verpflichtung, alle Verträge mit Israel einzuhalten. Die Leitlinien widersprechen auch den Forderungen der Europäischen Union, die als Bedingung für eine Fortsetzung der Hilfszahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde einen bedingungslosen Gewaltverzicht fordert.
  • Der Chef der israelischen Likud-Partei, Benjamin Netanjahu, hat den Eintritt in eine vom amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert geführte Regierung ausgeschlossen. Die Rechtskonservativen lehnen Pläne Olmerts ab, sich einseitig aus Teilen des besetzten Westjordanlands zurückzuziehen. Netanjahu bezeichnet das Vorhaben als Kapitulation vor der Gewalt extremistischer Palästinenser. "Sicherlich werden wir nicht in einer Regierung sitzen können, die sich an diesen Leitlinien ausrichtet", sagte Netanjahu am 12. März der israelischen Zeitung "Maariw".
  • Laut einem Arbeitspapier der EU-Kommission droht den Palästinensern die Streichung von 50 Prozent der EU-Gelder, sollte die Hamas die Voraussetzungen der Union nicht erfüllen. Diese lauten: Anerkennung des Existenzrechts Israels, Aufgabe des bewaffneten Kampfes, Einhaltung der Vereinbarungen von Oslo und Umsetzung der Roadmap. Die USA fordern dasselbe - wobei Washington allerdings von der Ächtung der Hamas vorerst nicht abrücken will. (Wiener Zeitung, online, 12. März)
Montag, 13. März, bis Sonntag, 19. März
  • Die israelische Armee nahm in der Nacht zum 13. März im Westjordanland zwei mit Sprengsätzen ausgerüstete Palästinenser fest. Die beiden jungen Männer wurden nach Armeeangaben an einer Straßensperre in Beit Iba in der Nähe von Nablus aufgegriffen. Sie transportierten demnach 20 Kilogramm Sprengstoff in einer Tasche.
  • Der ägyptische Präsident Husni Mubarak hat Israel und die islamische Hamas zu sofortigen Gesprächen nach der Regierungsbildung in den palästinensischen Autonomiegebieten aufgerufen. Beide Seiten müssten ihre harten Positionen aufgeben, um Gewalt und Chaos zu vermeiden, mahnte Mubarak am 13. März nach Gesprächen mit dem österreichischen Präsidenten Heinz Fischer in Wien. Zugleich bat er die internationale Staatengemeinschaft, die Palästinenser auch weiterhin finanziell zu unterstützen. Mubarak appellierte an die Hamas, im Umgang mit Israel das Prinzip Land für Frieden anzuwenden. Des weiteren müsse sie jeglicher Gewalt abschwören. Letztlich gehe es darum, die internationalen Bedingungen für eine Anerkennung der Bewegung zu erfüllen. Das palästinensische Volk müsse jedoch in jedem Falle weiter unterstützt werden, forderte Mubarak, der von seinem Besuch in Berlin nach Wien weitergereist war.
  • Die israelischen Streitkräfte haben ihre Alarmbereitschaft an der Grenze zum Libanon erhöht. Das teilte ein Militärsprecher am 13. März mit. Nähere Einzelheiten wurden nicht genannt. Der Militärrundfunk berichtete jedoch unter Berufung auf Geheimdienstberichte, die libanesische Hisbollah-Miliz plane Angriffe oder Entführungen israelischer Soldaten an der Grenze. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, angesichts des bevorstehenden jüdischen Purim-Festes und der israelischen Parlamentswahl in zwei Wochen sei eine Hisbollah-Offensive derzeit wahrscheinlicher.
  • Nach dem gewaltsamen Eindringen der israelischen Armee in das Gefängnis von Jericho am 14. März haben Palästinenser aus Protest mehrere Ausländer entführt und zwei britische Kulturzentren gestürmt.
    Israelische Soldaten drangen nach eigenen Angaben in das Gefängnis im Westjordanland ein, um den wegen Mordes an einem israelischen Minister verurteilten Extremistenchef Ahmed Saadat festzunehmen. Den Einsatz habe Übergangsregierungschef Ehud Olmert angeordnet. Nur wenige Minuten nach dem Abzug von britischen Beobachtern aus dem Gefängnis umstellten die israelischen Truppen die Anlage mit Panzern und Dutzenden Geländewagen. Bei anschließenden Schusswechseln wurden nach palästinensischen Angaben zwei Sicherheitsmänner getötet und 23 weitere verletzt. Per Lautsprecher wurde der Chef der radikalen Organisation Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), Saadat, aufgerufen, sich zu ergeben.
    Saadat und vier weitere PFLP-Mitglieder sitzen wegen des Mordes an dem israelischen Tourismusminister Rechavam Seevi im Oktober 2001 ein. Seit 2002 sind sie dort unter US-britischer Aufsicht. Laut israelischem Rundfunk hatte es Informationen gegeben, wonach Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Saadat freilassen wollte. Ein Militärsprecher sprach von 180 Festnahmen, darunter sei keiner der Gesuchten. Großbritannien verteidigte den Abzug der britischen Wächter aus dem Gefängnis. Dieser sei aus Sorge um ihre Sicherheit erfolgt, erklärte Außenminister Jack Straw.
    Nach dem Militäreinsatz entführten bewaffnete Unbekannte den örtlichen Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) im südlichen Gazastreifen. Der Schweizer wurde nach IKRK-Angaben aus seinem Büro in Chan Junis verschleppt. Aus der US-Arabischen Universität in Dschenin wurde ein US-Lehrer entführt. Bewaffnete Anhänger der PFLP entführten zudem zwei französische Mitarbeiterinnen von Ärzte der Welt (Médecins du Monde) im Gazastreifen, wie die Organisation in Paris bestätigte.
    Aus einem Hotel in Gaza verschleppten Bewaffnete vier Menschen, darunter drei Ausländer, wie ein AFP-Reporter berichtete. Laut Zeugen handelte es sich um zwei koreanische Journalisten und ihren Dolmetscher.
    Hunderte Palästinenser stürmten das britische Kulturzentrum in Gaza und steckten das Gebäude in Brand. Auch in Ramallah nahmen Demonstranten das dortige britische Kulturzentrum ein.
  • Angesichts der zunehmend explosiven Lage in den Palästinensergebieten haben führende Vertreter der EU Israel und die Palästinenser am 15. März aufgefordert, eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern. Dies sei nicht die "Zeit für Schnellschüsse", sagte der österreichische Vize-Außenminister Hans Winkler vor dem Europaparlament in Straßburg. Auch alle internationalen Institutionen seien nun gefordert, damit der Friedensprozess nicht ganz gestoppt werden, sagte er im Namen des österreichischen EU-Vorsitzes. Kommissionspräsident José Manuel Barroso verurteilte nachdrücklich "jede Gewalt, egal aus welcher Ecke sie kommt." Auch er forderte "alle Akteure" auf, sich zurückzuhalten.
    Massive Kritik an Israel kam aus dem Europaparlament. Der Armee-Einsatz in Jericho sei "unnütz und illegal" gewesen, sagte Parlamentspräsident Josep Borrell am 15. März in Straßburg. Die israelische Regierung rechtfertigte die Militäraktion. Verteidigungsminister Schaul Mofas widersprach Darstellungen, der Einsatz sei aus Wahlkampfgründen erfolgt.
  • Im Westjordanland protestierten am 15. März tausende Palästinenser gegen die Verschleppung Saadats. Ein Aufruf zum Generalstreik wurde vor allem im Gazastreifen befolgt. Die letzten der im Gazastreifen entführten Ausländer kamen am 15. März wieder frei. Die drei Journalisten, zwei Franzosen und ein Südkoreaner, wurden palästinensischen Sicherheitskräften übergeben.
  • Die Aussichten für die palästinensische Volkswirtschaft haben sich nach den israelischen Sanktionen und angesichts drohender Kürzungen der internationalen Hilfen infolge des Wahlsiegs der Hamas weiter verdüstert. Im schlimmsten Fall werde die Arbeitslosenquote dieses Jahr auf rund vierzig Prozent steigen, hieß es in einem Bericht der Weltbank für Geberländer. Der Prozentsatz der unter der Armutsgrenze lebenden Menschen könnte dabei auf 67 Prozent anwachsen. Die Weltbank umriss vier Szenarien und ging für den schlimmsten und zugleich wahrscheinlichsten Fall davon aus, dass Israel weiterhin die Steuereinnahmen zurückhält, die es der Palästinenserführung schuldet, und dass westliche Regierungen ihre Hilfe nach dem Hamas-Sieg kürzen. Selbst im besten und unwahrscheinlichsten Fall seien die wirtschaftlichen Aussichten für die Palästinenser "nicht gut", hieß es. (AFP, 16. März)
  • Der IDF Soldat Ido Shapira, 20, aus Haifa, wurde am 15. März bei einem schweren Schusswechsel zwischen israelischen Soldaten und bewaffneten Palästinensern in Jenin im Westjordanland am Donnerstag Morgen erschossen. Die IDF Kräfte unternahmen eine "Verhaftungsoperation gegen Terroristen" des Islamischen Jihad und den Al Akqsa Märtyrer Brigaden, die verdächtig waren, in den kommenden Tagen Terroranschläge in Israel vorzubereiten. Bei dem Schusswechsel wurde Ido getötet, die fünf "Terroristen" konnten verhaftet werden. Ido Shapira, der seine Eltern und zwei Schwestern hinterlässt, wird heute (am 16. März) um 17.30 Uhr auf dem Militärfriedhof in Haifa beigesetzt.
    Meldung einen Tag später:
    Nach den ersten Ergebnissen der Untersuchung des Kommandeurs der Zentralfront hat sich herausgestellt, dass es unmöglich ist, dass Ido Shapira von dem Feuer der gesuchten Terroristen, die sich in dem umstellten Haus verbarrikadiert hatten, getroffen wurde. Die Zahal setzt ihre Untersuchungen fort. (17. März, ynet)
  • Bei einem Angriff auf israelische Soldaten bei Nablus am Hawara Checkpoint sind am 16. März aus einem vorbeifahrenden Wagen zwei Soldaten beschossen und verletzt worden. Sie sind in das Beilinson Krankenhaus in Petach Tikva gebracht worden.
  • Eine israelische Rechtskommission hat keine Einwände gegen einen Prozess in Israel gegen den Chef der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), Ahmed Saadat. Nach Ansicht der Kommission gebe es kein rechtliches Hindernis für ein Verfahren gegen Saadat und vier weitere PFLP-Mitglieder wegen des Mordes an dem israelischen Tourismusminister Rechavam Seevi im Jahr 2001, sagte eine Sprecherin des Justizministeriums am 16. März. Eine Verurteilung widerspräche auch nicht den mit der Palästinenserführung geschlossenen Abkommen. Die Experten empfahlen, die bei der Stürmung des Gefängnisses von Jericho Festgenommenen vor ein israelisches Zivilgericht zu stellen.
  • Der von der israelischen Armee festgenommene Chef der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), Ahmed Saadat, verweigert die Aussage beim Verhör. Saadat und seine Kameraden würden seit Mittwoch befragt, sagte sein Anwalt Hassan Mahmud nach einem Besuch bei seinem Mandanten in einer israelischen Haftanstalt in der Nähe von Jerusalem am 16. März. Der PFLP-Chef habe den israelischen Beamten gesagt, dass er nicht mit ihnen reden werde, weil sie ihn "entführt" hätten. Die Ermittler hätten Saadat zu zwei Themen befragt: Zur Ermordung des israelischen Tourismusministers Rechavam Seevi im Jahr 2001, für die der Anführer der Volksfront mitverantwortlich sein soll, sowie zu "den militärischen Aktivitäten der PFLP". "Er hat sich geweigert zu antworten." Sein Mandant sei gesund und werde nicht misshandelt, fügte der Anwalt hinzu.
  • Der Hamas-Spitzenpolitiker und designierte palästinensische Regierungschef Ismail Hanija hält ein Friedensabkommen mit Israel für denkbar. Im US-Fernsehsender CBS sagte Hanija am 16. März auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, eines Tages im Weißen Haus ein solches Abkommen zu unterzeichnen: "Wir wollen es hoffen." Allerdings müsse Israel einen Palästinenserstaat unter Einschluss von Gazastreifen, Westjordanland und Ost-Jerusalem anerkennen. Das sei die Voraussetzung für Gespräche.
  • Der im Koma liegende israelische Ministerpräsident Ariel Sharon soll nach der Parlamentswahl am 28. März 2006 in eine Rehabilitationsklinik verlegt werden. Das berichtete der Sender Channel 10 am 18. März. Sharon liegt seit seinem schweren Schlaganfall am 4. Januar auf der Intensivstation der Jerusalemer Hadassah-Klinik. Sharon wurde sieben Mal operiert; die Chancen auf seine Genesung werden als gering eingestuft. Dessen ungeachtet spielt Sharon im Wahlkampf eine große Rolle: Die von ihm gegründete Kadima-Partei verwendet Aufnahmen von ihm in Fernsehspots und auf Plakaten.
  • Nach dem Scheitern der Koalitionsgespräche mit gemäßigteren Palästinenserparteien will die islamische Hamas die künftige Regierung allein bilden. Die Hamas-Führung einigte sich am Wochenende 18./19. März auf eine Kabinettsliste, die der designierte Ministerpräsident Ismail Hanija dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas zur Billigung vorlegen will. Abbas sagte, er werde die Kabinettsliste prüfen und sie dann vorschriftsgemäß an das palästinensische Parlamemt weiterleiten. Aus dem Umfeld des Präsidenten verlautete am 19. März, Abbas werde die Liste angesichts der klaren Hamas-Mehrheit im Parlament voraussichtlich billigen. Möglicherweise werde er mit seiner Zustimmung aber bis zur israelischen Parlamentswahl am 28. März warten. Nach Angaben aus Kreisen der Hamas sollen mehrere Schlüsselressorts an ausgewiesene Hardliner der Hamas-Organisation gehen. Fraktionschef Mahmud el Sahar ist demnach als Außenminister vorgesehen, der kürzlich aus israelischem Gewahrsam entlassene Omar Abdul Rasek soll Finanzminister werden. Hanija räumte ein, dass die Hamas mit ihrem Vorhaben gescheitert sei, die künftige Regierung durch die Einbindung von Abbas' Fatah und anderen gemäßigten Parteien auf eine breitere Grundlage zu stellen. Lediglich mit der linksorientierten Volksfront zur Befreiung Palästines (PFLP) werde noch verhandelt.
  • Der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas hat die künftig von der radikal-islamischen Hamas-Bewegung gebildete palästinensische Regierung erneut scharf kritisiert. Mofas sagte nach israelische Medienangaben vom späten Abend des 19. März, wenn Palästinenserpräsident Mahmud Abbas weiterhin eine wichtige Rolle spielen wolle, müsse er die Regierung der Hamas ablehnen. Diese Regierung verwandele die Autonomiebehörde in eine "Terrorbehörde".
Montag, 20. März, bis Sonntag, 26. März
  • Der Vorsitzende der rechtsextremen Partei "Jüdisch-Nationale Front", Baruch Marsel, hat die "gezielte Tötung" des Friedensaktivisten Uri Avnery gefordert. Laut einem Bericht des israelischen Rundfunks rief Marsel am 20. März die israelische Armee dazu auf, Avnery zu töten. Er spielte damit auf die Praxis der "gezielten Tötung" von Terroristen durch die israelischen Sicherheitskräfte an. Avnery sei "eine Schlange, die das Land gefährlich weit nach links" ziehe, so Marsel. Marsel war Mitglied der inzwischen verbotenen rechtsradikalen "Kach"-Partei. Er lebt in Hebron. Umfragen zeigen, dass seine Partei wahrscheinlich keinen Sitz in der Knesset erhalten wird. Der Vorsitzende der Friedensorganisation "Schalom Achschaw" ("Frieden Jetzt"), Jariv Oppenheimer, verlangte von Oberstaatsanwalt Menachem Masus, gegen Marsel zu ermitteln. "Marsel hat vergessen, dass er nur Immunität genießt, wenn er in die Knesset gewählt wurde - und nicht vorher", erklärte "Schalom Achschaw" am Montagabend. "Marsel unternimmt alles, um Schlagzeilen zu machen und Menschen zu erschrecken." Avnery ist der Gründer der Friedensbewegung "Gusch Schalom" (Friedensblock). Er wurde 1923 in Beckum im Münsterland geboren und ging 1933 ins damalige Palästina. Er war in drei Amtsperioden Knesset-Abgeordneter. (Quelle: Israelnetz Nachrichten, 21. März)
  • Eine Woche vor der israelischen Parlamentswahl verliert die Kadima-Partei von Übergangsregierungschef Ehud Olmert laut Umfragen an Rückhalt unter den Wählern. In einer vom öffentlichen israelischen Fernsehen am 20. März veröffentlichten Umfrage bleibt die Partei aber weiter stärkste Kraft. Bei dem Votum am 28. März kann die von dem im Koma liegenden Regierungschef Ariel Scharon gegründete Formation demnach mit 35 Mandaten im 120 Sitze umfassenden Parlament rechnen. Das sind fünf Sitze weniger als in einer vorige Woche erhobenen Umfrage.
  • Israel hat am 21. März erneut den Grenzübergang Karni zum Gazastreifen geöffnet, um Lebensmitteleinfuhren in das Autonomiegebiet zu ermöglichen. Nach Angaben eines Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP war der Übergang seit 09.00 Uhr passierbar, allerdings nur von Israel aus. John Ging, Leiter der UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinensergebiete, bezeichnete die Maßnahme als völlig unzureichend. Die Kapazitäten des Grenzübergangs würden nur zu zehn Prozent ausgenutzt. Die Bevölkerung im Gazastreifen benötige dringend 8.000 Tonnen Mehl für die kommenden zwei Monate. Seit einigen Tagen ist Brot im Gazastreifen rationiert. Seit Freitag seien die Treibstoffreserven der UNO aufgebraucht, sagte Ging.
    Die ägyptische Regierung hat am 22. März einen Konvoi aus 150 Lastwagen mit Nahrungsmittelhilfe in den Gazastreifen geschickt. Die Lkw bringen Mehl, Zucker und Reis in den Gazastreifen, wo nach der Schließung der Grenzen durch Israel eine ernste Lebensmittelknappheit herrscht. Bis Mittwochabend sollten die gesamten Hilfslieferungen in dem Palästinensergebiet eintreffen, hieß es weiter. Die ersten 25 Lastwagen hätten bis Mittag die Grenze passiert.
  • Mit der Festnahme von zwei mutmaßlichen palästinensischen El-Kaida-Kämpfern haben israelische Sicherheitskräfte Militärangaben zufolge Attentatspläne in Ost-Jerusalem vereitelt. Die beiden Palästinenser seien bereits im Dezember 2005 in Nablus im Westjordanland gefasst worden, verlautete am 22. März aus Militärkreisen. Sie seien von El-Kaida-Kadern in Jordanien rekrutiert worden und hätten einen Doppelanschlag in einem jüdischen Viertel Ost-Jerusalems verüben sollen. Den Angaben zufolge hätte sich einer der Männer in einem Restaurant in die Luft sprengen sollen, der zweite hätte bei der Ankunft der Rettungskräfte eine Autobombe zünden sollen. Die Festnahme sei aus ermittlungstaktischen Gründen geheimgehalten worden, inzwischen seien die Verdächtigen vor einem israelischen Militärgericht angeklagt worden.
  • 31 Parteien und Listen bewerben sich am kommenden Dienstag bei den Wahlen zur Knesset um die Stimmen von rund fünf Millionen Israelis. Im scheidenden Parlament waren 13 verschiedene Gruppen vertreten. In allen Umfragen liegt die von Ariel Sharon gegründete neue Kadima-Partei mit ihrem Spitzenkandidaten Ehud Olmert klar an der Spitze, auch wenn ihr inzwischen nur mehr zwischen 34 und 37 der insgesamt 120 Parlamentssitze vorausgesagt werden. Auf den zweiten Platz dürfte die Arbeitspartei von Amir Peretz kommen, die bis zu zwanzig Mandate erreichen könnte. Die Likud-Partei von Benjamin Netanyahu liegt in den Umfragen bei 14 bis 18 Sitzen. Zwölf Sitze sagen die Meinungsforscher der rechtsgerichteten Partei Israel Beiteinu von Avigdor Liebermann voraus, die sich vor allem auf russische Einwanderer stützt und in der bisherigen Knesset mit vier Sitzen vertreten war. (Wiener Zeitung, 23. März)
  • Der Wahlsieg der Hamas hat die Aussicht auf eine friedliche Lösung im Nahen Osten in die Ferne gerückt. Nun liege es an der palästinensischen Regierung zu handeln, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in einer Rede anlässlich der 100-Jahrfeier des "Amerikanisch-Jüdischen Komitees" in Berlin. In seiner Rede vor dem Komitee betonte der deutsche Außenminister die besondere Beziehung zwischen Deutschland und Israel: "Aufgrund unserer Geschichte haben wir Deutschen eine besondere Verantwortung für den Staat Israel." Aus diesem Grund sei die deutsche Außenpolitik dem Ziel verpflichtet, Israels Existenzrecht und ein Leben in gesicherten Grenzen zu wahren, so der Außenminister. Deshalb habe Deutschland die Äußerungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad scharf kritisiert, Israel von der Landkarte radieren zu wollen: "Die Äußerungen des iranischen Präsidenten schockierten uns zutiefst. Sie sind völlig inakzeptabel. Wir verurteilten sie aufs Äußerste. Aus diesem Grund werden wir in Zukunft jeden Versuch, das Existenzrecht Israels oder den Holocaust zu leugnen oder zu minimieren, mit aller Deutlichkeit bekämpfen."
    David Harries, Direktor des Komitees, begrüßte Steinmeiers Aussagen und schloss sich den Forderungen des Ministers an, eine einheitliche internationale diplomatische Front gegen den Iran zu bilden: "Ich befürchte, dass es mit der Zeit mehr Risse in der Einheit geben wird", sagte der Direktor.
  • Israelische Soldaten haben am Morgen des 23. März im Gazastreifen drei Palästinenser getötet. Offenbar wollten sie einen Sprengsatz in der Nähe des Grenzzaunes deponieren. Anschließend teilte die Terrorgruppe Dschihad al-Islami mit, zwei ihrer Mitglieder seien in einer "Dschihad-Mission" ums Leben gekommen. Sie werde sich dafür rächen. (Israelnetz)
  • Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas rechnet trotz des Wahlsiegs der radikalen Hamas mit einem Friedensvertrag mit Israel in weniger als einem Jahr. Er habe geheime Gespräche mit den USA und dem ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Schimon Peres vorgeschlagen, sagte Abbas der israelischen Zeitung Haaretz (24. März). Die Gespräche sollten auf palästinensischer Seite von der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) geführt werden.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat am 25. März der neuen von der islamistischen Hamas geführten Regierung für den Fall radikaler Entscheidungen mit Auflösung gedroht. Abbas werde die Arbeit des künftigen Kabinetts genau beobachten und seine verfassungsmäßigen Rechte nutzen, hieß es in einem Schreiben an Regierungschef Ismail Hanija. Abbas hatte dem Kabinett zugestimmt. Am 27. März soll das Parlament über die Regierung entscheiden. Hanija sagte, es gebe keine Krise im Verhältnis des Präsidenten zur neuen Regierung.
  • Die israelische Armee hat am 25. März eine Reihe von Luftangriffen auf unterschiedliche Ziele im mittleren und nördlichen Gazastreifen geflogen. Nach Augenzeugenberichten gab es keine Opfer. Den Angriffen war ein Raketenbeschuss auf israelisches Gebiet vorangegangen.
  • Ein 16-jähriger Palästinenser ist in der Nacht zum 26. März im Gazastreifen durch Schüsse der israelischen Besatzungsarmee getötet worden. Wie aus palästinensischen Sicherheitskreisen in Gaza verlautete, wurde der Jugendliche in der Region Deir El Balah nahe der Grenze zu Israel erschossen.
  • Zum Ende des Wahlkampf in Israel hat der amtierende Ministerpräsident Ehud Olmert seine Pläne zur Grenzziehung konkretisiert. Die Grenzen sollten nach Absprache mit den USA und der internationalen Gemeinschaft festgelegt werden, sagte Olmert am 26. März bei der letzten Sitzung seines Kabinetts vor der Parlamentswahl am Dienstag (28. März). Die Meinung der Palästinenser werde in dieser Frage nicht unbedingt berücksichtigt, hatte der Interimsregierungschef zuvor im öffentlichen-rechtlichen Rundfunk gesagt.
  • Die islamische Hamas hat die arabischen Staaten gebeten, die palästinensische Autonomiebehörde monatlich mit 170 Millionen Dollar (142 Millionen Euro) zu unterstützen. Davon sollten 115 Millionen Dollar pro Monat für die Auszahlung von Gehältern verwendet werden, sagte der Chef des Hamas-Politbüros, Chaled Maschaal, am 26. März in Kuwait. Diese Summe sei in der Tat viel höher als die Hilfe in Höhe von 55 Millionen Dollar, die der arabische Gipfel in Algier im Jahr 2005 beschlossen hatte. Er hoffe dennoch, "dass unsere arabischen Brüder diese Hilfe so schnell wie möglich leisten", sagte der Hamas-Führer weiter. Schließlich habe die Autonomiebehörde die Februar-Gehälter ihrer Angestellten noch nicht zahlen können.
Montag, 27. März, bis Freitag, 31. März
  • Israel hat am frühen Morgen des 27. März in Gaza-Stadt ein Auto mit palästinensischen "Extremisten" beschossen. Nach Angaben palästinensischer Sicherheitsbeamter wurden drei Menschen verletzt, ein Kommandeur der Al-Aksa-Brigaden sei dem Anschlag entkommen. Laut Augenzeugen wurden über Gaza-Stadt von einer unbemannten israelischen Drohne zwei Raketen auf das Fahrzeug abgefeuert. Die Al-Aksa-Brigaden sind der bewaffnete Arm der Fatah-Bewegung von Präsident Mahmud Abbas.
  • In Israel haben am 28. März die Wahllokale für die Parlamentswahlen geöffnet: Mehr als fünf Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, die 120 Abgeordneten der Knesset zu bestimmen. Der israelische Präsident Mosche Katzav rief seine Landsleute zur regen Teilnahme an der Wahl auf. "Ich rufe die israelischen Bürger zur Erfüllung ihrer Bürgerpflicht auf", sagte Katzav im öffentlichen Rundfunk. "Diese Wahlen gehören zu den wichtigsten in der Geschichte unseres Landes." Das Votum komme einem Referendum zu entscheidenden politischen und wirtschaftlichen Fragen gleich, sagte der israelische Staatschef offenbar mit Blick auf die Pläne von Übergangsregierungschef Olmert zur einseitigen Festlegung der Grenzen Israels zu den Palästinensergebieten.
  • Die Kadima-Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert hat die Parlamentswahl in Israel am 28. März offenbar gewonnen. Die von dem im Koma liegenden Regierungschef Ariel Scharon gegründete Partei errang 29 Abgeordnetensitze und siegte damit nur knapp, wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen unter Berufung auf Nachwahlbefragungen berichtete. Die Arbeitspartei kam demnach auf 22 Sitze, die Likud-Partei des früheren Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auf elf Sitze. Dem privaten Fernsehen zufolge errang die Kadima-Partei 32 Abgeordnetensitze, während Arbeitspartei und Likud auch nach dortigen Nachwahlbefragungen auf 22 beziehungsweise elf Sitze kamen. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 62,3 Prozent und damit auf einem absoluten Tiefstand seit der Gründung des jüdischen Staates, wie die Wahlkommission mitteilte.v
  • Bei der Explosion einer Rakete wurden am Rande eines Kibbuz in der Nähe des Gazastreifens zwei Menschen getötet. Erstmals schoss der Islamische Dschihad vom Gazastreifen aus eine Katjuscha-Rakete auf israelisches Gebiet ab. Die radikale Palästinenserorganisation sprach von einer "Botschaft" an Olmert und Verteidigungsminister Schaul Mofas.
  • Der neue palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija hat den Plan des israelischen Wahlsiegers Ehud Olmert zur einseitigen Grenzziehung zurückgewiesen. Das palästinensische Volk könne Olmerts Plan, die Grenzen ohne Einbeziehung der Palästinenser unilateral festzulegen, nicht akzeptieren, erklärte Hanija am Abend des 28. März im arabischen Fernsehsender El Dschasira in einer ersten Reaktion auf das Wahlergebnis in Israel. Er rief Israel zu "mutigen Schritten" auf, um die Errichtung eines "vollkommen souveränen Palästinenserstaates mit Jerusalem als Hauptstadt" zu ermöglichen. Die Palästinenser wollten "Stabilität, Ruhe, einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden", sagte der Politiker der islamischen Hamas-Bewegung.
  • In der sudanesischen Hauptstadt Khartum sind am 28. März die Mitgliedstaaten der Arabischen Liga zusammengekommen, um vor allem über ihre künftige finanzielle Unterstützung für die Palästinenser zu beraten. Er hoffe, dass die arabischen Länder ihre Gelder für die Palästinenser erhöhen werden, heißt es in einer Rede von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas. Die Außenminister der 22 Liga-Staaten haben bereits versprochen, die Unterstützung der palästinensischen Regierung von 55 Millionen Dollar im Monat beizubehalten. Das Geld reicht aber nicht aus, sollten die Europäische Union (EU) und andere Geldgeber ihre Zahlungen einstellen. Nach Angaben palästinensischer Minister bräuchte die Regierung in diesem Fall mehr als 130 Millionen Dollar im Monat. Eine mögliche Erhöhung der Finanzhilfen ließen die arabischen Staaten bislang offen.
  • Am 29. März lag das Ergebnis der israelischen Parlamentswahlen vom 26. März vor. Demnach erhielt die Kadima-Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert 28 Mandate (von 120 Sitzen in der Knesset). Zweitstärkste Partei wurde die Arbeitspartei mit 20 Sitzen. Die ultraorthodox-orientalische Schas-Partei erhielt 13 Sitze, die ultranationalistische Partei „Unser Haus Israel“ erhielt 12 Sitze. Dann kam erst der Likud-Block von Benjamin Netanyahu mit 11 Mandaten. Die neue Rentner- bzw. Pensionisten-Partei Gil kam auf Anhieb auf 7 Sitze. 6 Mandate erreichte das Vereinigte Thora-Judentum (eine ultraorthodoxe Partei), 4 die linksliberale Merez-Partei. Auf verschiedene arabische Parteien entfielen 10 Sitze; 9 weitere Mandate verteilen sich auf sonstige kleinere Parteien.
    Die Europäische Union gab nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses, das noch keine klare Regierungskoalition erkennen lässt, eine Erklärung heraus, in der es u.a. heißt: „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der Regierung, die von der Knesset gewählt werden wird“.
  • Am 29. März wurde in Gaza-Stadt und in Ramallah das Kabinett der Regierung des designierten Premierministers Ismail Haniyeh von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas vereidigt. Die Zeremonie fand – mit einer Live-Schaltung – an zwei Orten statt, weil Israel die Reise der 14 Kabinettsmitglieder aus dem Westjordanland nach Gaza untersagt hatte.
  • Mit Amtsantritt der neuen Palästinenserregierung ordnete Washington eine Kontaktsperre an. Sie gilt für alle Diplomaten und Vertragsnehmer der US-Regierung und bezieht sich auf alle palästinensische Ministerien, deren Führung an die Hamas übergeht. Kontakte zu Abbas und zu Abgeordneten, die nicht der Hamas angehören, sollen weiterhin möglich sein.
    Auch Kanada zog Konsequenzen aus der Amtseinführung der Hamas-Regierung. Sämtliche Hilfen an die Palästinenser würden eingestellt, erklärte Außenminister Peter MacKay in Ottawa. Hamas müsse die Friedensverträge mit Israel und den Palästinensern unterschreiben, Israel anerkennen und der Gewalt abschwören, sagte MacKay.
  • Bei einem palästinensischen Selbstmordattentat vor der Siedlung Kedumim im Westjordanland sind am 30. März vier Israelis getötet worden. Der Attentäter hatte sich als orthodoxer Jude verkleidet und war per Anhalter in den Wagen eines älteren Ehepaares gestiegen. Das Ehepaar sowie zwei weitere junge Israelis im Alter von 16 und 20 Jahren starben in dem explodierenden Wagen und verbrannten bis zur Unkenntlichkeit. Das Auto explodierte in der Nähe einer Tankstelle. Die "Al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden", eine Untergruppe der palästinensischen Fatah-Bewegung, bekannten sich zu dem Anschlag.
  • Nach dem Tod eines Anführers der palästinensischen Organisation „Volkswiderstandskomitee“ lieferten sich Anhänger der Gruppe am 31. März Gefechte mit palästinensischen Sicherheitskräften. Dabei wurden zwei Menschen erschossen. Mitglieder des Komitees warfen den Sicherheitskräften vor, in die Ermordung ihres Anführers Abu Yussuf Abu Kuka verwickelt gewesen zu sein. Kuka starb bei der Explosion seines Autos im Gazastreifen. Die israelische Armee erklärte, damit nichts zu tun zu haben.
    Die israelische Armee flog am 31. März Angriffe auf den Gazastreifen – als Vergeltung auf den Selbstmordanschlag auf jüdische Siedler vom Vortag.



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