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15. bis 30. November 2004

Chronologie der Ereignisse

Montag, 15. November, bis Sonntag, 22. November
  • US-Außenminister Colin Powell wird in der kommenden Woche zu Gesprächen in den Palästinensergebieten erwartet. Powell werde am 23. November in Ramallah und vermutlich auch in Gaza mit der neuen Palästinenserführung zusammentreffen, sagte der palästinensische Chefdiplomat Nabil Schaath am 15. Nov. der Nachrichtenagentur AFP.
  • Die niederländische EU-Ratspräsidentschaft hat den friedlichen Machtwechsel in der Palästinenserführung nach dem Tod von Präsident Jassir Arafat begrüßt. Außenminister Ben Bot äußerte sich im Namen der EU am 15. Nov. "sehr zufrieden" mit dem "ruhigen und friedlichen" Machtübertragung auf eine Interimsführung. "Das ist ein sehr ermutigendes Zeichen", sagte Bot. Der Minister bezeichnete eine "demokratisch gewählte Führung" als "äußerst wichtig". Diese Führung solle mit Israel verhandeln.
  • Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia hat Frankreich aufgefordert, ihm den Ärztebericht zur Todesursache von PLO-Chef Jassir Arafat zu übermitteln. Das erklärte Kureias Büro am 15. Nov. in Ramallah.
  • Die radikalen El-Aksa-Brigaden haben sich gegen PLO-Chef Mahmud Abbas als neuen Palästinenserpräsidenten ausgesprochen und wollen sich stattdessen für den inhaftierten Palästinenserführer Marwan Barghuti einsetzen. "Wir unterstützen Abu Masen (Abbas) nicht bei der Präsidentenwahl und haben entschieden, die Kandidatur von Marwan Barghuti zu befürworten", sagte ein Sprecher der Gruppe am 16. Nov. der Nachrichtenagentur
  • Trotz wachsenden Drucks will Frankreich der neuen Palästinenserführung keine Informationen über die Todesursache von Präsident Jassir Arafat geben. Nur die nächsten Angehörigen könnten über die Krankheit des Verstorbenen informiert werden, sagte der französische Außenminister Michel Barnier am 16. Nov. im Radio.
  • Nach der Organisation Islamischer Dschihad hat auch die radikalislamische Hamas ihren Boykott der palästinensischen Präsidentschaftswahl angekündigt. "Die Präsidentschaftswahl ist illegal", sagte der Hamas-Chef im Gazastreifen, Mahmud Sahar, am 16. Nov. in Gaza kurz vor einem Treffen mit dem neuen PLO-Chef Mahmud Abbas vor Journalisten. "Diese Wahl ist eine Verlängerung des Oslo-Prozesses, der bereits gescheitert und zu Ende ist", sagte Sahar in Bezug auf die 1993 in Oslo unterzeichneten Verträge zur palästinensischen Autonomie.
  • Der scheidende US-Außenminister Colin Powell wird Anfang nächster Woche in den Nahen Osten reisen, um den Friedensprozess neu zu beleben. (Powell hatte am 15. Nov. seinen Rücktritt erklärt.) Stationen sind Israel und das Westjordanland, wie Außenamtssprecher Richard Boucher am 16. Nov. in Washington mitteilte. Den Angaben zufolge wird Powell am Sonntag und Montag Gespräche mit israelischen und palästinensischen Vertretern führen. Es werde darum gehen, wie der Friedensprozess vorangebracht werden könne, sagte Boucher. Nach dem Tod des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat in der vergangenen Woche war von verschiedenen Seiten die Hoffnung auf einen Neuanfang geäußert worden.
  • Die Bundesregierung hat angekündigt, dass sie mit der designierten US-Außenministerin Condoleezza Rice "konstruktiv" zusammenarbeiten wolle. Es gebe auf deutscher Regierungsseite "kein negatives Vorurteil" gegenüber der voraussichtlichen Nachfolgerin von Colin Powell, betonte der Berliner Beauftragte für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Karsten Voigt (SPD), am 16. Nov. bei einem Besuch in Washington. Die Bundesregierung sehe nach der US-Wahl die Zeit für einen "Neuanfang" in den Beziehungen zu den USA gekommen und wolle mit Präsident George W. Bush und dessen neuer Regierung im Dialog die gemeinsamen Interessen definieren.
  • Die NATO hat Israel erstmals zu gemeinsamen Manövern eingeladen. Das berichtet die israelische Tageszeitung "Haaretz" am 17. Nov. Vorgesehen sei eine Teilnahme an mulinationalen Übungen und Anti-Terror-Manövern. Damit wolle die Allianz ihren so genannten Mittelmeerdialog ausweiten. Er umfasst auch Ägypten, Jordanien, Mauretanien, Algerien, Marokko und Tunesien.
  • Die französische Regierung will die Gründung eines Palästinenserstaates "so früh wie möglich". Außenminister Michel Barnier lehnte gegenüber der Pariser Tageszeitung "Le Figaro" vom 17. Nov. die von US-Präsident George W. Bush genannte Frist bis Anfang 2009 ab. "Ich glaube, dass nicht bis 2009 gewartet werden muss", sagte Barnier, der zugleich daran erinnerte, dass der internationale Friedensplan (Roadmap) die Gründung des Palästinenserstaates für Mitte 2005 vorsieht.
  • Die Bundesregierung will mit der neuen US-Außenministerin Condoleezza Rice konstruktiv zusammenarbeiten. Er sehe der Zusammenarbeit "durchaus gerne entgegen", sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) der Wochenzeitung "Die Zeit" (Vorabbericht am 17. Nov.). Gleichzeitig betonte er aber, er werde Vorgänger Colin Powell vermissen, "weil er unser Land kennt und ihm freundschaftlich verbunden ist". Die USA rief er auf, künftig "sorgfältiger als je in der Vergangenheit mit den Partnern, die nachher zur Verfügung stehen müssen, zu reden".
  • Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia hat die Einbeziehung der arabischen Bevölkerung Ost-Jerusalems zur Bedingung für die im Januar geplanten Wahlen gemacht. Die Autonomiebehörde werde einen Wahlgang ohne Ost-Jerusalem nicht akzeptieren, sagte Kureia am 17. Nov. dem katarischen Fernsehsender El Dschasira. Für die Palästinenser handele es sich um eine "grundlegende Angelegenheit". Kureia betonte, er selbst sei bei der letzten palästinensischen Parlamentswahl 1996 als Abgeordneter für Jerusalem gewählt worden. Dies habe in Übereinstimmung mit dem Osloer Abkommen von 1993 gestanden.
  • Israelische Soldaten haben in der Vergangenheit möglicherweise systematisch die Leichen von Palästinensern geschändet. Die israelische Zeitung Jediot Ahronot berichtete am 17. Nov. auf ihrer Internetseite von Fällen, in denen die Soldaten mit Körperteilen gespielt oder mit kugeldurchsiebten Leichen für Erinnerungsfotos posiert hätten. Der vollständige Bericht soll am 19. Nov. in der Print-Ausgabe der Zeitung erscheinen. Die israelischen Streitkräfte bezweifelten die Genauigkeit der Darstellung und versprachen eine Untersuchung. Grundsätzlich seien solche Fälle jedoch ein klarer Bruch der ethischen Regeln, hieß es in einer Erklärung der Streitkräfte. (AP 18.11.2004)
  • Ein israelischer Panzer hat im südlichen Gazastreifen in der Nacht zum 18. Nov. drei ägyptische Polizisten getötet. Die Panzerbesatzung habe im Grenzbereich zwischen dem Gazastreifen und Ägypten, wo immer wieder Waffen in die Palästinensergebiete geschmuggelt werden, "drei verdächtige Gestalten" ausgemacht und das Feuer eröffnet, berichtete das israelische Militärradio am Donnerstag. Dem Rundfunk zufolge handelte es sich bei dem Vorfall offenbar um einen Beurteilungsfehler seitens der Soldaten; eine Untersuchung sei eingeleitet worden.
    Israel hat sich noch am selben Tag offiziell bei Ägypten für den Tod dreier Polizisten durch eine israelische Panzergranate entschuldigt. Die ägyptische Regierung werde sofort über die Ergebnis einer Untersuchung zu dem irrtümlichen Beschuss unterrichtet, sagte ein Mitarbeiter von Ministerpräsident Ariel Scharon in Jerusalem.
  • Nach mehr als zwei Jahren Haft hat die israelische Armee einen Anführer der radikalen Palästinenserorganisation Hamas freigelassen. Der 50-jährige Hassan Jussef wurde am 18. Nov. aus dem Militärgefängnis Ofer bei Ramallah entlassen. Gemeinsam mit Familienangehörigen ging Jussef sofort nach Ramallah zum Grab des verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat, wo er einen Kranz niederlegte. Er überbringe eine "Botschaft aller Gefangenen der verschiedenen Bewegungen: Kein Waffenstillstand, keine Entspannung und kein echter Friede ohne eine Regelung der Frage der Gefangenen und ohne Wiederherstellung aller Rechte des palästinensischen Volkes", sagte Jussef.
  • Beim Einsturz eines Schmugglertunnels im Süden des Gazastreifens sind am 18. Nov. mehrere Palästinenser verschüttet worden. Ursache für das Unglück in der Nähe von Rafah war nach palästinensischen Angaben starker Regen. Fünf Mitglieder einer Familie seien unter den Erdmassen begraben worden. Aus israelischen Militärkreisen verlautete, Palästinenser hätten in Richtung eines israelischen Kontrollpostens gegraben, als der Tunnel einstürzte. Die Streitkräfte seien bei den Rettungsarbeiten behilflich.
  • Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia hat die verschiedenen politischen Strömungen in den Palästinensergebieten zu einem Ende des "bewaffneten Chaos" aufgerufen. Auch bewaffnete Demonstrationen müssten ein Ende haben, sagte Kureia am 18. Nov. der Nachrichtenagentur AFP in Gaza. "Jeder muss Recht und Ordnung respektieren." Bei einem Treffen mit den Vertretern mehrerer militanter Gruppen hätten diese mit ihm darin übereingestimmt, dass sowohl im Gazastreifen als auch im Westjordanland die Sicherheit wieder hergestellt werden müsse.
  • Israelische Soldaten haben ein ranghohes Mitglied des militärischen Flügels der radikalislamischen Hamas-Bewegung in Gazastreifen schwer verletzt. Der 46-jährige Ghanem el Haschasch sei im südlichen Gazastreifen von Geschossen in Kopf und Brust getroffen worden, teilten Ärzte am 18. Nov. mit. Zum Zeitpunkt der Schüsse sei Haschasch gerade aus einer Moschee in Rafah gekommen. Das Feuer sei von Soldaten von einem Wachturm der nahe gelegenen jüdischen Siedlung Morag aus eröffnet worden.
  • Mit einer diplomatischen Offensive wollen die Mitglieder des so genannten Nahost-Quartetts den Friedensprozess im Nahen Osten neu beleben. Kommende Woche werden mehrere Außenminister zu Gesprächen mit der israelischen und der palästinensischen Führung erwartet, wie Vertreter Israels und der Palästinenser am 18. Nov. mitteilten. Der palästinensische Außenminister Nabil Schaath kündigte Besuche seiner Kollegen aus Großbritannien und Russland, Jack Straw und Sergej Lawrow, für nächste Woche im Westjordanland an. Bereits am 22. Nov. wird dort US-Außenminister Colin Powell mit der palästinensischen Führung sprechen. Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer wird zu Gesprächen erwartet.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon ist offenbar bereit, der neuen palästinensischen Führung in Friedensgesprächen entgegenzukommen. Die militanten Gruppen müssten entwaffnet werden, dies sei aber ein "komplizierter Prozess", sagte Scharon am 19. Nov. Kommentatoren in Israel werteten die Äußerungen als Kehrtwende. PLO-Führer Mahmud Abbas sagte, die Frage, wie mit Extremisten umzugehen sei, müsse in Verhandlungen mit Israel erörtert werden.
    Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon sieht sich Kritik aus seiner Partei ausgesetzt, er sei seit dem Tod von Jassir Arafat zu nachgiebig mit den Palästinensern umgegangen. Landwirtschaftsminister Israel Kaz und Vize-Handelsminister Michael Ratson warfen Scharon am 19. Nov. im Radio vor, von der Forderung nach einer Auflösung terroristischer Strukturen abgewichen zu sein. Scharon sei den Palästinensern zu weit entgegengekommen, als er von den Nachfolgern des Palästinenserpräsidenten die Einstellung anti-israelischer Propaganda und nicht einen Stopp anti-israelischer Angriffe gefordert habe.
  • Rund 3.000 libanesische Studenten und christliche Aktivisten haben am 19. Nov. friedlich gegen den syrischen Einfluss auf ihr Heimatland protestiert. Zu den Demonstrationen hatte der im französischen Exil lebende Oppositionsführer Michel Aoun aufgerufen, und zwar anlässlich des Jahrestages der libanesischen Unabhängigkeit am Montag. Rund um Universitäten und an großen Kreuzungen in Beirut wurden etwa 1.000 Sicherheitskräfte in Stellung gebracht. Der Amtssitz von Ministerpräsident Omar Karami wurde abgeriegelt. Die Regierung hatte die Demonstrationen verboten. Dennoch verhielten sich Polizisten und Soldaten auf Anweisung des Innenministeriums zurückhaltend. Die Demonstranten zogen mit Rufen wie "Syrer raus" durch Beiruts Innenstadt. Auf Spruchbändern und Plakaten war zu lesen: "Nein zur Hegemonie" oder "Freiheit, Souveränität, Unabhängigkeit".
  • Die Registrierung der Kandidaten für die palästinensische Präsidentschaftswahl hat am 20. Nov. begonnen. Bewerber haben bis zum 1. Dezember Zeit, sich in die Listen für die Wahl am 9. Januar eintragen zu lassen. Die Listen liegen bei der Zentralen Wahlkommission in Ramallah und Gaza sowie bei den regionalen Wahlbüros aus. Voraussetzung ist ein Mindestalter von 35 Jahren und die Zahlung von 3.000 Dollar (2.300 Euro). Unabhängige Kandidaten müssen zudem 5.000 Unterschriften vorweisen.
  • Einen Tag vor der Nahostreise von US- Außenminister Colin Powell haben die Palästinenser auf die Realisierung des internationalen Friedensfahrplans für die Region gedrungen. Die so genannte Road Map müsse bis Ende nächsten Jahres verwirklicht werden. Das sagte der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia am 20. Nov. in Ramallah. Er bekräftigte seine Forderung, ein eigener palästinensischer Staat müsse, wie im Friedensfahrplan vorgesehen, noch bis Ende 2005 ausgerufen werden. Kureia wies die Aussage von US-Präsident George W. Bush zurück, der erst 2009 oder sogar später einen palästinensischen Staat für möglich hält.
  • Israelische Soldaten haben am 20. Nov. im Gazastreifen einen Palästinenser erschossen. Wie aus palästinensischen Sicherheitskreisen verlautete, wollte der Mann in die israelische Siedlung Netzarim eindringen. Ein israelischer Militärsprecher erklärte, die Soldaten hätten das Feuer eröffnet, als sie eine Person in einem für Palästinenser verbotenen Gebiet in der Nähe der Siedlung entdeckt hätten.
  • Zwei Jugendliche starben am 20. Nov. bei einem Militäreinsatz in Nablus, berichten palästinensische und israelische Medien. Einer der beiden kam demnach während einer Demonstration ums Leben, bei der Jugendliche Steine und Sprengsätze auf die Soldaten warfen. Der zweite Jugendliche wurde kurz darauf erschossen.
  • Lebensläufe von fast drei Millionen NS-Opfern können jetzt auf der Webseite der israelischen Gedenkstätte Jad Vaschem nachgelesen werden. Es handelt sich um die umfassendste Datensammlung dieser Art, wie die Holocaust-Stätte in Jerusalem am 21. Nov. mitteilte. Die neue Webseite, die am 22. Nov. offiziell gestartet wird, ist die digitalisierte Version der 50-jährigen Forschungsergebnisse von Jad Vashem. Sie ist in hebräischer und englischer Sprache verfügbar.
  • Bei einem Schusswechsel zwischen israelischen Soldaten und palästinensischen Kämpfern sind am 21. Nov. im Westjordanland drei Palästinenser getötet worden. Das verlautete übereinstimmend aus palästinensischen und israelischen Quellen. Einer der Toten sei ein örtlicher Anführer der El-Aksa-Brigaden, dem bewaffneten Flügel der Fatah-Organisation, der seit Monaten von der israelischen Armee gesucht worden sei, hieß es von palästinensischer Seite. Nach Angaben des israelischen Militärs eröffneten die drei Palästinenser das Feuer, als sie in ihrem Auto auf eine von der Armee errichtete Straßensperre in Beitunia in der Nähe von Ramallah zufuhren.
  • Zum Auftakt neuer Friedensbemühungen für den Nahen Osten ist US-Außenminister Colin Powell am Abend des 21. Nov. in Israel eingetroffen.
  • Bei der Wahl zur Parteiführung der Likud-Partei von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon hat sich der von Scharon unterstützte Kandidat Tsahi Hanegbi durchgesetzt. Der Minister ohne Geschäftsbereich erhielt bei der Wahl zum Präsidenten des Likud-Zentralkomitees am 21. Nov. 53 Prozent der Stimmen und schlug damit seinen Konkurrenten Usi Landau aus dem Feld. Landau gehörte im Sommer zu den Anführern einer parteiinternen Rebellion gegen Scharons Plan zum Rückzug aus dem Gazastreifen. Daraufhin musste er als Minister zurücktreten. Hanegbi selbst lehnt den Gaza-Abzugsplan zwar ebenfalls ab, beugte sich aber der Autorität von Regierungschef Scharon und der Kabinettsdisziplin.
Montag, 22. November, bis Sonntag, 28. November
  • Israels Regierungschef Ariel Scharon hat einer Teilnahme der in Ost-Jerusalem lebenden Palästinenser an den palästinensischen Präsidentschaftswahlen im Januar grundsätzlich zugestimmt. Seiner Meinung nach sollte Israel den Arabern aus Ost-Jerusalem die Wahl gestatten, wie es bereits in der Vergangenheit erlaubt gewesen sei, erklärte Scharon am 22. Nov. in Jerusalem. Die Frage müsse aber in den "geeigneten" Foren debattiert werden, dann werde eine Entscheidung getroffen.
  • US-Außenminister Colin Powell hat den Palästinensern die Unterstützung der USA für die Präsidentschaftswahl am 9. Januar in Aussicht gestellt. Wie der palästinensische Außenminister Nabil Schaath nach einem Treffen mit Powell am 22. Nov. in Jericho im Westjordanland mitteilte, will die US-Regierung auch beim Abzug israelischer Truppen aus den palästinensischen Städten behilflich sein. An den Gesprächen in Jericho nahmen auf palästinensischer Seite auch Ministerpräsident Ahmed Kureia und PLO-Chef Mahmud Abbas teil.
  • Die israelische Militärstaatsanwaltschaft hat Anklage gegen einen Offizier erhoben, der aus nächster Nähe auf ein verwundetes palästinensisches Mädchen geschossen haben soll. Der Offizier werde der illegale Einsatz seiner Waffe in zwei Fällen vorgeworfen, sagte ein Militärsprecher am 22. Nov. Außerdem wurden Verfahren wegen Behinderung der Ermittlungen, wegen des für einen Offizier unangemessenen Verhaltens und wegen Amtsanmaßung eingeleitet. Der Fall ereignete sich am 5. Oktober.
  • Zur Stabilisierung der Lage in den palästinensischen Gebieten will die Europäische Union Beobachter zur anstehenden Präsidentschaftswahl entsenden. Dies kündigte die neue EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner auf dem Treffen der EU-Außenminister am 22. Nov. in Brüssel an. "Damit wollen wir helfen, die Transparenz zu erhöhen und Vertrauen zu bilden", sagte Ferrero-Walder. EU-Chefdiplomat Jarvier Solana betonte, es sei wichtig, die palästinensische Führung auf höchster Ebene zu legitimieren. Ferrero-Waldner wies darauf hin, dass sich die EU bei der Beobachtung von Wahlen einen guten Ruf erworben habe. Für das Team hat die EU-Kommission bereits 2,5 Millionen Euro bereitgestellt. Die Beobachtermission soll aus Mitgliedern des Europäischen Parlaments bestehen und vom früheren französischen Ministerpräsidenten Michel Rocard geleitet werden. Entsandt werden soll die Mission im Dezember. Die Wahl ist für den 9. Januar geplant. Wie viele Beobachter entsandt werden sollen, ist noch unklar.
  • Das Zentralkomitee der Fatah-Organisation hat den neuen PLO-Vorsitzenden Mahmud Abbas als Kandidaten für die palästinensische Präsidentschaftswahl benannt. Das Zentralkomitee der vom verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat gegründeten Gruppe habe Abbas am 22. Nov. offiziell nominiert, sagte Sozialministerin Intissar el Wazir in Ramallah. Die Entscheidung müsse am 25. Nov. noch vom Fatah-Revolutionsrat gebilligt werden.
    Nach der Nominierung von Mahmud Abbas als Kandidat für die Nachfolge von Jassir Arafat ist in der Fatah offenbar ein Streit um seine Bewerbung für das Präsidentenamt entbrannt. Unter den jüngeren Fatah-Mitgliedern wurden am 23. Nov. Rufe nach einer Kandidatur des in Israel inhaftierten Politikers Marwan Barghuti laut. Barghuti habe bessere Chancen bei der Abstimmung, begründete der junge Fatah-Flügel seine Ablehnung von Abbas.
  • Am Rande der internationalen Irak-Konferenz im ägyptischen Scharm el Scheich sind die Vertreter des Nahost-Quartetts am 23. Nov. zu Gesprächen über die Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts zusammengekommen. Ein US-Diplomat sagte der Nachrichtenagentur AFP, an dem Treffen seien UN-Generalsekretär Kofi Annan, die Außenminister der USA und Russlands, Colin Powell und Sergej Lawrow, der EU-Außenbeauftragte Javier Solana sowie die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner beteiligt.
    Das internationale Nahost-Quartett will die Palästinenser in der kritischen Übergangsphase nach dem Tod ihres Präsidenten Jassir Arafat unterstützen. Die USA, Russland, Europäische Union (EU) und Vereinte Nationen (UN) sagten ausdrücklich Unterstützung für die Wahl am 9. Januar und die Bildung einer legitimen palästinensischen Führung zu. Das ist nach Angaben aus westlichen Diplomatenkreisen das Ergebnis eines eineinhalbstündigen Treffen des Nahost-Quartetts am 23. Nov. am Rande der Irak-Konferenz im ägyptischen Scharm al-Scheich.
    Das Nahost-Quartett habe auch die Hoffnung geäußert, dass die Gebergemeinschaft breit angelegte Reformen der Verwaltung und mehr Transparenz der palästinensischen Autonomiebehörde honorieren werde, hieß es weiter. Die Staatengemeinschaft wolle den Palästinensern auch bei der Wiederherstellung von Recht und Ordnung helfen. Gleichzeitig sprach sich das Quartett den Angaben zufolge erneut für die in seinem Friedensplan (Road Map) angelegte Zwei-Staaten- Lösung aus, die die Bildung eines Palästinenserstaates vorsieht. Das Quartett habe auch einen von Israel angekündigten einseitigen Rückzug aus dem Gaza-Streifen unterstützt, wenn er auf der Grundlage des Friedensplans erfolge.
  • Der ehemalige israelische Heereschef Rafael Eitan ist im Mittelmeer ertrunken. Medienberichten zufolge fiel der 75-jährige im Sturm von einer Mole in der Nähe der Hafenstadt Aschdod ins Wasser. Eitan arbeitete dort in einem Hafenbauprojekt. Der Exgeneral sei mehr als eine Stunde lang verschollen gewesen, sagte ein Sanitäter am 23. Nov. im Armeeradio. Wiederbelebungsversuche nach seiner Bergung seien erfolglos gewesen. Eitan diente 37 Jahre lang in den israelischen Streitkräften. Von 1978 bis 1983 war er Heereschef. Nachdem er aus der Armee ausgetreten war, gründete er die ultranationalistische Zomet-Partei. In den 90er Jahren war er Landwirtschafts- und Umweltminister. 1991 verkündete Eitan: "Israel darf die besetzten Gebiet nicht zurückgeben, da ansonsten die nationale Wasserversorgung gefährdet ist."
  • In der ersten Sitzung des palästinensischen Parlaments seit dem Tod von Jassir Arafat haben die Abgeordneten am 23. Nov. des Verstorbenen mit einer Schweigeminute gedacht. Arafats Nachfolger an der Spitze der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Mahmud Abbas, versicherte vor dem Parlament, er werde das Engagement des Palästinenserpräsidenten für einen unabhängigen Palästinenserstaat "mit Jerusalem als Hauptstadt" fortsetzen. "Wir werden nicht ruhen, bis das Recht auf Rückkehr umgesetzt und das Drama der Flüchtlinge geregelt ist", fügte Abbas hinzu. Israel beansprucht Jerusalem als alleinige Hauptstadt und lehnt ein Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge ab.
  • Die Armut in Israel nimmt zu: Laut dem am 23. Nov. in Jerusalem vorgestellten Jahresbericht des israelischen Versicherungsinstituts stieg die Zahl der unter der Armutsgrenze lebenden Israelis im Jahr 2003 um 100.000 auf 1,426 Millionen. Das entspreche etwa einem Fünftel der Bevölkerung. Unter den armen Menschen seien 642.000 Kinder. Die ärmste Stadt ist demnach Jerusalem. Von der Armut betroffen sind vor allem alte Menschen, ultra-orthodoxe Juden sowie die arabische Minderheit. Sie müssen mit einem Monatseinkommen von weniger als 400 Dollar (rund 306 Euro) auskommen. Der Direktor des Versicherungsinstituts, Jigal Ben Schalom, machte die Kürzungen der Regierung im Sozialbereich für die Misere verantwortlich.
  • Syriens Präsident Baschar el Assad ist bereit, die Friedensverhandlungen mit Israel ohne Vorbedingungen wieder aufzunehmen. Das sagte am 24. Nov. der UN-Beauftragte für den Nahen Osten, Terje Roed-Larsen, in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Assad habe ihm bestätigt, dass er an den Verhandlungstisch zurückkehren wolle und seinem israelischen Gegner dazu die "ausgestreckte Hand" reiche.
    Israel hat das syrische Angebot zu bedingungslosen Friedensgesprächen als bloßes "Propagandamanöver" eingestuft. Es scheine sich um ein taktisches Manöver zu einem Zeitpunkt zu handeln, da die USA Druck auf die syrische Regierung ausübten, sagte ein Vertreter des israelischen Außenministeriums am 24. Nov. Israel nehme das Angebot nicht ernst, da es "nicht von den wirklichen Vermittlern übermittelt wurde, also dem US-Außenministerium oder dem Weißen Haus".
  • Israelische Soldaten haben am 25. Nov. einen Palästinenser im Gazastreifen getötet. Der 30-Jährige sei in Rafah im südlichen Gazastreifen von einer Panzergranate tödlich getroffen worden, teilten palästinensische Ärzte mit. Den Angaben zufolge unternahmen mehrere israelische Panzer einen Vorstoß in der Region.
  • Der israelische Präsident Mosche Katzav hat die Regierung seines Landes aufgefordert, sich mit dem syrischen Angebot zu Friedensgesprächen auseinanderzusetzen. Es sei wichtig und in Israels Interesse, die Beweggründe des syrischen Präsidenten Baschar el Assad zu überprüfen um herauszufinden, "ob er wirklich Frieden mit uns schließen will", sagte Katzav am 25. Nov. der Zeitung "Maariv".
  • In einem Geheimtreffen mit der Hamas-Organisation hat der EU-Außenbeauftragte Javier Solana nach BBC-Informationen versucht, die radikale Palästinenersorganisation zu einem Ende ihrer Gewaltaktionen zu bewegen. Wie der britische Sender am 25. Nov. berichtete, traf sich Solana vor einigen Monaten mit der Hamas, obwohl sie von der EU und der USA als terroristische Gruppe eingestuft wird. Wenn die Hamas dem palästinensischen Volk helfen wolle, dann müsse sie der Gewalt abschwören und eine politische Partei werden, sagte Solana laut BBC bei dem Treffen.
    Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hat den BBC-Bericht dementiert. Solana habe "zu keiner Zeit direkte Kontakte zur Hamas oder zu irgendeiner anderen Organisation unterhalten, die auf der EU-Terrorliste steht", erklärte das Büro des Außenbeauftragten am 25. Nov. in Brüssel.
  • Der von Israel zu lebenslanger Haft verurteilte Palästinenserführer Marwan Barghuti wird nach Angaben der Fatah bei den Wahlen im Januar für die Nachfolge des verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat kandidieren. Wie ein Mitglied der Fatah-Organisation am 25. Nov. in Ramallah mitteilte, übermittelte ein Anwalt Barghutis dessen Entscheidung, sich für das Amt des Präsidenten bewerben zu wollen. Die Präsidentschaftswahl ist für den 9. Januar angesetzt.
  • Israelische Soldaten haben am 25. Nov. im Westjordanland zwei Kommandeure der militanten Hamas-Bewegung getötet. Wie der Armeerundfunk meldete, umstellten die Truppen ein Versteck der Extremisten in Hebron. Während eines Feuergefechts seien die beiden Männer erschossen worden. Ein dritter mutmaßlicher Hamas-Aktivist habe Verletzungen erlitten, er sei festgenommen worden.
  • Der israelische Präsident Mosche Katzav hat sich dafür ausgesprochen, den Bau der Sperranlage zum Westjordanland zu stoppen, falls die palästinensischen Anschläge auf Israelis aufhören. Wenn der "Terrorismus" aufhöre, müsse Israel den Bau der Sperranlage einstellen, sagte Katzav der israelischen Tageszeitung "Maariv" vom 25. Nov. Dies sei im Interesse beider Seiten, erklärte er: "Die Sperranlage kostet uns viel Geld, schafft internationale Spannungen und komplexe juristische Probleme." Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in den Haag hatte den Bau im Juli für illegal erklärt und den Abriss sowie Entschädigungszahlungen für enteignete Palästinenser verlangt.
  • Erstmals seit mehr als eineinhalb Jahren ist ein Abgesandter der Palästinenserführung zu einem direkten Gespräch mit dem in Israel inhaftierten Fatah-Politiker und Präsidentschaftskandidaten Marwan Barghuti zusammengekommen. Der palästinensische Minister Kadura Fares besuchte Barghuti am 26. Nov. im Gefängnis von Beerscheba, um ihn über "die Situation in den Gremien und an der Basis der Fatah" zu informieren. Vermutlich ging es bei dem Gespräch auch um Barghutis Ankündigung vom Vortag, bei der Präsidentschaftswahl im Januar zu kandidieren.
  • Der nach langjähriger Haft freigekommene israelische Atomexperte Mordechai Vanunu sucht eine neue Heimat. Er habe bislang vergeblich um Asyl im Ausland gebeten, sagte Vanunu der portugiesischen Tageszeitung "Publico" (Ausgabe vom 26. Nov.). "Jeder Staat, der mir aus Israel heraushilft, ist willkommen." Bislang habe er erfolglos in Großbritannien, Kanada, Dänemark, Frankreich, Irland, Norwegen, Schweden und den USA um Asyl nachgesucht. Vor kurzem erklärte er sich auch bereit, die palästinensische Staatsbürgerschaft anzunehmen.
  • Der in Israel inhaftierte Fatah-Politiker Marwan Barghuti verzichtet auf eine Kandidatur für die Nachfolge des verstorbenen Jassir Arafat als Palästinenserpräsident und ruft statt dessen zur Wahl des PLO-Chefs Mahmud Abbas auf. Das geht aus einer Rede Barghutis hervor, die der palästinensische Minister ohne Geschäftsbereich, Kadura Fares, am 26. Nov. nach einem Besuch im Gefängnis von Beerscheba verlas. Abbas war zuvor von der Fatah, der größten Fraktion innerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), zum offiziellen Kandidaten für die Wahl am 9. Januar nominiert worden.
  • Die palästinensischen Behörden haben eine berüchtigte Einheit der Sicherheitstruppen aufgelöst, die die Bewohner des Gazastreifens systematisch drangsaliert haben soll. Die in der Bevölkerung unter dem Namen "Todesgruppe" bekannte Einheit sei zerschlagen worden, sagte der Chef der Vorbeugenden Sicherheitstruppen, Raschid Abu Schbak, am 27. Nov. in Gaza. Die Auflösung sei erfolgt, weil die Einheit "unerwünscht" geworden sei. Ihre 70 Mitglieder seien in andere Sicherheitstruppen eingegliedert worden. Die Palästinenserführung meine es ernst mit der Reform der Sicherheitskräfte, betonte Schbak.
  • Israelische Soldaten haben im Gazastreifen nach palästinensischen Angaben vier spielende palästinensische Kinder angeschossen. Ein vierjähriges Mädchen wurde von einer Kugel schwer im Nacken verletzt, sagte ein Krankenhaussprecher am 27. Nov. Auch zwei weitere Mädchen im Alter von elf und 16 Jahren sowie ein siebenjähriger Junge erlitten Verletzungen. Der Vorfall ereignete sich im Flüchtlingslager von Rafah nahe der ägyptischen Grenze. Nach Berichten von Bewohnern rannten die Kinder unter strömendem Regen in der Nähe der Grenze herum, als die Soldaten das Feuer eröffneten.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und der neue PLO-Chef Mahmud Abbas wollen sich nach der Wahl eines Nachfolgers für den verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat treffen. Scharon und Abbas erklärten sich in getrennten Interviews mit dem US-Nachrichtenmagazin "Newsweek" grundsätzlich zu einem Treffen bereit, wie Agenturen am 28. Nov. berichteten.
  • Bei einer israelischen Militäraktion im Gazastreifen sind am Abend des 28. Nov. zwei Palästinenser getötet und drei verletzt worden. Im Flüchtlingslager Rafah nahe der ägyptischen Grenzen schoss ein Panzer auf eine Gruppe von drei Männern, die nach Angaben der israelischen Streitkräfte in einer Sperrzone über den Boden robbten. Einer von ihnen wurde tödlich getroffen. Splitter einer Panzergranate trafen außerdem zwei Männer, die in Rafah beim Kartenspiel zusammen saßen, wie palästinensische Augenzeugen berichteten. Ein Arzt kam ums Leben, ein Mitspieler wurde verletzt.
Montag, 29. November, bis Dienstag, 30. November
  • Im Streit um den Haushalt für das kommende Jahr in Israel hat die laizistische Schinui-Partei mit einem Bruch der Koalition gedroht. Seine Partei werde gegen den Haushalt stimmen, kündigte Justizminister Joseph Lapid am 29. Nov. in der Zeitung "Maariv" an. Die Wähler von Schinui hätten ihr den Auftrag gegeben, gegen "Verschwendungen der Orthodoxen" zu kämpfen. Lapid spielte damit auf eine Vereinbarung zwischen Regierungschef Ariel Scharon und zwei orthodoxen Oppositionsparteien an, denen Scharon umgerechnet fast 80 Millionen Euro an Subventionen für ihre Schulen zugesagt hatte, sollten sie für den Haushalt 2005 stimmen. Auch der orthodoxen Schas-Partei habe Scharon möglicherweise Millionen versprochen, mutmaßte Lapid.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat im Parlament drei Misstrauensabstimmungen überstanden. Die Opposition erhielt am Abend des 29. Nov. in der Knesset in Jerusalem für keinen ihrer Anträge die nötige Mehrheit von 61 der 120 möglichen Stimmen, weil sich Abgeordnete der Linkspartei Jahad bewusst enthielten. Die Politiker hatten zuvor erklärt, sie wollten anderen Oppositionsparteien nicht dabei helfen, die Regierung Scharon vor einem Abzug aus dem Gazastreifen zu stürzen.
  • Die Palästinenserführung hat palästinensische Medien angewiesen, gewaltschürende anti-israelische Berichterstattung einzustellen. Private und öffentlich-rechtliche Medien einschließlich Fernseh- und Radiosender sollten laut einer Anordnung der Autonomiebehörde die "Aufstachelung zur Gewalt" beenden, sagte ein ranghoher Behördenvertreter der Nachrichtenagentur AFP am 29. Nov. Demnach erfolgte die Anordnung schon vor einer Woche in Reaktion auf entsprechende Forderungen des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon. Dieser hatte nach dem Tod von Palästinenserpräsident Jassir Arafat am 11. November den "unverzüglichen Stopp" anti-israelischer "Propaganda" in palästinensischen Medien und Schulbüchern gefordert.
  • Ein Gericht in Gaza hat am 29. Nov. zwei palästinensische Kollaborateure zum Tod verurteilt. Mohammed Abu Ganas und sein Sohn Rami wurden wegen Unterstützung Israels beim Mordversuch an Hamas-Führer Abdel Asis Rantisi schuldig gesprochen. Die beiden hatten nach Behördenangaben einem Journalisten gestanden, dem israelischen Geheimdienst für einen Anschlag auf Rantisi im Juni 2003 zugearbeitet zu haben. Der Mordversuch scheiterte, der Hamas-Führer wurde jedoch bei einem gezielten israelischen Luftangriff im April getötet.
  • Ein israelisches Militärgericht hat einen Palästinenser wegen Beteiligung an drei Selbstmordanschlägen zu 48 Mal lebenslänglich verurteilt. Der 28-Jährige wurde für schuldig befunden, die Anschläge geplant und die Attentäter rekrutiert zu haben, wie die israelische Armee am 29. Nov. mitteilte. Bei den Anschlägen in Jerusalem und Aschkelon waren 45 Menschen getötet und über 100 verletzt worden. Das Hamas-Mitglied erhielt für jeden Toten eine lebenslange Freiheitsstrafe plus je einmal lebenslänglich für jeden einzelnen Anschlag.
  • Die israelischen Militärbehörden haben die Baupläne für die umstrittene Sperranlage zu den Palästinensergebieten nach einem Urteil des Obersten Gerichts geändert. Der neue Streckenverlauf schneide auf einem Teilabschnitt weniger tief ins Westjordanland. Das berichtete die israelische Tageszeitung "Haaretz" am 29. Nov. Verteidigungsminister Schaul Mofas habe der Streckenführung zugestimmt. Diese beanspruche statt 90 000 Hektar jetzt 40 000 Hektar Land. Das Gericht hatte sein Urteil Ende Juni damit begründet, die Anlage erschwere das Leben der Palästinenser unverhältnismäßig stark und schränke ihre Bewegungsfreiheit ein.
  • Angesichts der bevorstehenden Präsidentenwahl in den Palästinensergebieten sieht Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) eine "neue Gelegenheit" für einen Frieden in Nahost. Die Hindernisse seien aber gewaltig und sehr schwierig zu überwinden, sagte Fischer am 30. Nov. am Rande des EU-Mittelmeer-Treffens in Den Haag. Von entscheidender Bedeutung sei die Präsidentschaftswahl am 9. Januar, bei der ein Nachfolger für den verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat gewählt werden soll. Eine zweite Herausforderung seien die Räumung der jüdischen Siedlungen im Gazastreifen und der Abzug der israelischen Truppen von dort. Drittens müsse es bei israelisch-palästinensischen Verhandlungen substanzielle Fortschritte geben.
  • Israels Ministerpräsident Ariel Scharon hat der oppositionellen Arbeitspartei ein Angebot für eine große Koalition gemacht. Damit sollen vorzeitige Wahlen und ein Scheitern des angekündigten Abzugs aus dem Gazastreifen verhindert werden, erklärten israelische Medien am 30. Nov.
  • Rund 200.000 Menschen haben am 30. Nov. in Beirut gegen die UN-Resolution 1559 (2004) vom 2. September 2004 protestiert, die jegliche äußere Einflussnahme auf den Libanon verurteilt. "Wir sind an der Seite Syriens und seines Präsidenten Baschar el Assad", riefen mehrere Redner der Menge im Zentrum der libanesischen Hauptstadt zu. Auf Spruchbändern stand "Nein zur UN-Resolution 1559" und "Ja zu privilegierten Beziehungen zwischen dem Libanon und Syrien". Zu der von der Regierung unterstützten Demonstration hatten pro-syrische Parteien aufgerufen. Örtliche Radiosender sprachen von 500.000 Demonstranten. Fotografen der Nachrichtenagentur AFP schätzten die Teilnehmerzahl dagegen auf rund 200.000.
  • In Nablus im Westjordanland haben Unbekannte ein ranghohes Mitglied der palästinensischen Fatah-Bewegung erschossen. Der örtliche Fatah-Führer Nasser Badawi, der auch einem wichtigen studentischen Arm der Organisation vorstand, wurde laut palästinensischen Ärzten und Behörden am 30. Nov. vor seinem Haus von Maskierten aus dem Hinterhalt niedergeschossen. Motiv für die Tat waren Sicherheitskräften zufolge wahrscheinlich Machtkämpfe innerhalb der Organisation.


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