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Kräfteverschiebung in Myanmar

Rücktritt des Vizepräsidenten stärkt reformorientierten Staatschef

Von Thomas Berger *

In Myanmar hat Vizepräsident Tin Aung Myint Oo seinen Rücktritt erklärt. Der Schritt erfolgt mit Hinweis auf gesundheitliche Gründe – der Politiker und vormalige General soll an Krebst erkrankt sein. Mit ihm verschwindet einer der wichtigsten sogenannten Hardliner und engsten Vertrauten des früheren Juntachefs Senior General Than Shwe aus der neuen politischen Spitze des südostasiatischen Landes. Der Rücktritt eröffnet dem reformorientierten Präsidenten Möglichkeiten, weitere Unterstützer aus dem eigenen, als liberal geltenden Lager der mit Übermacht regierenden Union Solidarity and Development Party (USDP) in zentrale Positionen zu holen. Einer der möglichen Nachfolger des Zurückgetretenen ist Thura Shwe Mann, derzeit Unterhausvorsitzender im Zweikammernparlament. Er gilt auch als möglichher Kandidat, Thein Sein irgendwann im Präsidentenamt zu beerben und ist der wohl wichtigste Verbündete des Staatschefs, der die frühere Militärdiktatur weiter auf Öffnungs- und Demokratisierungskurs halten will.

Am Mittwoch hat die aktuelle Sitzungsperiode des Parlaments begonnen. Erstmals nahmen daran auch die neugewählten Abgeordneten der oppositionellen Nationalen Liga für Demokratie (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi teil. Sie selbst, gerade erst von ihrer Europareise heimgekehrt, will bis zu ihrem ersten Auftritt im Parlament am Montag noch ausruhen. Wie aus Myanmar verlautete, plant Thein Sein in nächster Zeit einen Umbau der Regierung. Mehrere Ministerien könnten zusammengelegt werden, weitere einflußreiche Hardliner ihre Posten verlieren oder auf weniger relevante Ämter abgeschoben werden.

Unterdessen hat die Shan State Army-North (SSA-North), eine von mehreren Rebellengruppen der ethnischen Minderheit, den Rückzug von zwei Militärbasen verkündet. Damit sollen laufende Friedensgespräche erleichtert werden. Der Präsident hat in einer Rede noch einmal bekräftigt, daß eine Beilegung der bewaffneten Konflikte mit den Minoritäten zentral für die weitere Entwicklung sei.

* Aus: junge Welt, Freitag, 6. Juli 2012


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