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Myanmar (Birma, Burma)

Grundinformationen zu Geschichte, Wirtschaft und politischen Problemen

Staatsname: Pyidaungzu Myanma Naingngandaw - Union Myanmar

Geografie
Fläche: 678.500 km2
Hauptstadt: Yangon/Ragoon (3,3 Mio. Einw.) (1998)

Bevölkerung
Einwohner: 46,8 Mio. (1998); 41,7 Mio. (Juli 2000); Anmerkung: Möglicherweise infolge der Verbreitung von AIDS nimmt die Bevölkerungsanzahl inzwischen ab, da keine Zuwanderung von außen erfolgt
Bevölkerungsdichte: 69,1 Einw./km2 (1998)
Bevölkerungswachstum: 1,80 % (1998); 0,64 % (2000)
Lebenserwartung: 59,5 Jahre (1998); 54,9 Jahre (2000)
Säuglingssterblichkeit: 75 pro Tausend (2000)
Alphabetisierung: 83,1 % (1995); Anmerkung: die offizielle Statistik wird duch inoffizielle Schätzungen, die bei etwa 30 % liegen, in Frage gestellt
Religion: Buddhistisch (89 %), christlich (4 %), moslemisch (4 %), Stammesreligionen und andere (3 %)
Ethnische Gruppen: Burmesen (68 %), Shan (9 %), Karen (7 %), Rakhine (4 %), Chin (3 %), Mon (2 %), Indian (2 %), andere (5 %)

Politik
Staatsform: Sozialistische Republik, Militärregime
Staatschef: Premierminister und Präsident General Than Shwe (seit April 1992)
Regierungschef: Premierminister und Präsident General Than Shwe (seit April 1992)
Parlament: Volksversammlung mit 485 für vier Jahre gewählten Abgeordneten (Wahl von 1990 vom Militärregime nicht anerkannt)
Politische Parteien: National League for Democracy (NLD), National Unity Party (NUP), Union Solidarity and Development Association (USDA), weitere acht Minoritäten-Parteien

Wirtschaft
Urbanisierung: 26 % (1998)
BIP: 51,5 Mrd. US-Dollar (1998)
BIP/Einw.: 1.100 US-Dollar (1998)
BIP/Sektor: Landwirtschaft: 59 %; Industrie: 11 %; Dienstleistungen: 30 % (1997)

Geschichte/Innenpolitische Entwicklung

Myanmar ist ein ausgesprochener Vielvölkerstaat. 135 Ethnien und deren Subgruppen sind heute in diesem Gebiet ansässig. Seit der Unabhängigkeit (im Jahre 1937 wurde Myanmar eigenständige Kolonie Großbritanniens) im Jahre 1948 kam es immer wieder zu bewaffneten Aufständen der unterdrückten Minderheiten im Land. Als 1962 das Militär in Myanmar die Macht übernahm wurde das Land in die Isolation geführt: Der Sozialismus burmesischer Prägung, der bis in die späten 80er Jahre anhielt, brachte das Land fast an den Rand des wirtschaftlichen Ruins und auch heute noch zählt Myanmar zu den ärmsten Ländern des Kontinents.

Seit den Parlamentswahlen von 1990 kämpft die demokratische Opposition "Aung San Suu Kyi", die 81 Prozent der Parlamentssitze gewann, gegen die Militärdiktatur im Land und fordert die Einlösung des Wahlergebnisses sowie die Abdankung der Junta. Selbst das seit 1996 verhängte Waffenembargo seitens der EU und zahlreiche Wirtschaftssanktionen seitens der USA verhalfen bislang nicht zu einer Wende: das Militär hält nach wie vor an seiner Macht fest und denkt nicht daran, die Vorherrschaft im Land zu teilen, geschweige denn aufzugeben. Myanmar fügt sich in die Reihe der asiatischen Staaten ein, in denen eine starke Exekutive das politische Geschehen dominiert und ein Parlament eher als schmückendes Beiwerk betrachtet werden muss.

Wirtschaft

Myanmar weist einen wirtschaftlichen Mix aus privaten Aktivitäten in Bereichen der Landwirtschaft, Leichtindustrie und Transport sowie staatlich kontrollierte Aktivitäten in den Sektoren Energie, Schwerindustrie und Reishandel auf. Nach drei Dekaden der zentralen Planungswirtschaft, öffnete sich das Land 1989 vorsichtig der Revitalisierung seiner maroden Ökonomie. Staatsunternehmen wurden privatisiert und ausländische Investoren begrüßt. Die wirtschaftliche Liberalisierung bewirkte zunächst einen spürbaren Zustrom an Auslandsinvestitionen, doch froren westliche Länder aufgrund der Menschenrechtsverletzungen und Mißachtung demokratischer Grundsätze die Wirtschaftsbeziehungen sowie die Entwicklungshilfe wieder ein. Südostasiatische Staaten erwarben Lizenzen in den Bereichen Holz, Fischerei und Öl oder gingen joint ventures ein - seit Beginn der asiatischen Wirtschaftskrise hat sich der Zustrom an Kapital aus dieser Region jedoch deutlich verringert.

Myanmar ist insofern ein wirtschaftlich schwaches asiatisches Land, in dem der Lebensstandard sehr niedrig ist, so dass Myanmar den Status eines least developed country inne hat. 23 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze (1997). Angesichts unzureichender Planung, interner Krisen und Konflikte, minimaler ausländischer Investitionsbereitschaft und dem großen Handelsbilanzdefizit ist auch in nächster Zukunft keine signifikante Besserung der wirtschaftlichen Lage zu erwarten.

65 Prozent der Bevölkerung sind im primären Sektor tätig, 10 Prozent sind im industriellen Sektor, der hochgradig unterentwickelt ist, beschäftigt und 25 Prozent der Bevölkerung beziehen ihren Lebensunterhalt aus dem tertiären Sektor.

Außenpolitik

Für den militärischen State Law and Order Restoration Council (SLORC), inzwischen umbenannt in State Peace and Development Council (SPDC), war das Jahr 1997 ein besonderes. Im Juli 1997 wurde Myanmar Mitglied der ASEAN und kehrte seinem bis dahin praktizierten Isolationismus den Rücken. Wenn auch international, vor allem seitens der USA und EU, stark umstritten (angesichts des Militärregimes, das bis heute das Wahlergebnis von 1990 nicht einlöst, ethnische Minderheiten im Land brutal und skrupellos bekämpft und Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind), schwelt doch die Hoffnung, dass mit diesem Beitritt auch innerhalb des Landes Konflikte abnehmen. So haben sich seither ethnische Konflikte verringert, doch ist die Minderheit der Karen nach wie vor von Diskriminierung, Ausschluss von der gesellschaftlichen Teilhabe, Folter und Inhaftierungen seitens des Militärregimes bedroht.

Die große Beeinflussung Chinas auf Myanmar und deren historische Beziehungen und Handelsvereinbarungen soll mit der Aufnahme Myanmars in die ASEAN gedämmt werden und neue Handelsbeziehungen etabliert werden. In the long run ist also zu hoffen, dass mit dieser Mitgliedschaft Standards bezüglich internationalen Handels, industrielle Kooperation, Eigentumsrechte und vor allem Transparenz hinsichtlich Regulationen und Gesetze dem höheren Niveau der restlichen Mitgliedstaaten angeglichen werden.

Außenpolitische Konflikte: Beziehungen Thailand-Myanmar

Zwischen Thailand und Myanmar herrscht zwar kein offener Konflikt, doch sind die seit Jahrzehnten anhaltenden Dispute um Grenzziehungen zwischen beiden Ländern nach wie vor ungeklärt. Die 1868 verabschiedete Konvention über die Grenzziehung weist zwar den Moei-River als Demarkationslinie auf, die auch beiderseits akzeptiert wird, jedoch bestehen außerhalb dieser natürlichen Grenze in unzugänglichen Arealen und zerklüfteten Bergregionen Dispute um dortige Grenzlinien. Erschwert wird die Klärung aufgrund der Tatsache, dass Thailand und Myanmar zu bestimmten Gebieten an der 2.400 km langen Grenze unterschiedliche Grenzpläne besitzen.

Ein thailändischer Offizier sprach Anfang 2000 zwar von der Lösung der Grenzprobleme, kalkuliert jedoch dafür einen Zeitraum von etwa zehn Jahren ein, so dass in naher Zukunft keine Vereinbarung zwischen beiden Ländern zu erwarten ist - betrachten doch burmesische Parteiführer grenznahe Areale als "war zone". Immerhin sind beide Staaten regierungsamtlich um eine friedliche Lösung des Grenzkonfliktes bemüht. Angesichts des im Januar 1999 eskalierten Disputes um bis heute ungeklärte maritime Befugnisse in der Andaman Sea, wobei es zum Schusswechsel zwischen einem thailändischen Armeeschiff und zwei burmesischen Frigatten kam, können die bilateralen Beziehungen zwischen Thailand und Myanmar nicht als beständig angesehen werden und stehen insofern einem jederzeit unvorhersehbaren Eklat gegenüber. Zumindest in diesem Fall wurde vereinbart, Fischereibefugnisse beiden Ländern gleichermaßen zu gewähren - jedoch stehen sämtliche anderen maritimen Konflikte um die Kontrolle und den Fischereizugang zu bestimmten Inseln und Flächen noch hoch im Kurs.

Schwerwiegender und konfliktreicher ist das Flüchtlingsproblem. Seit 1995, als eine große Anzahl von Karen, einer unterdrückten ethnischen Minorität in Myanmar, über die Grenze nach Thailand flüchtete, kam es immer wieder zu Gewaltanwendungen seitens der burmesischen Armee gegen Karen-Flüchtlinge, die in grenznahen thailändischen Flüchtlingscamps untergebracht sind. Mit der Restationierung burmesischer Truppen an den Grenzen Thailands zur Überwachung wurden beispielsweise im April 1999 sieben Karen-Rebellen erschossen. Aber auch thailändische Grenzdorfbewohner müssen um ihr Leben fürchten: So wurden ebenfalls im April vorigen Jahres neun Dorfbewohner aufgrund eines Konfliktes im Drogenhandel getötet. Dies zeigt auch gleich das nächste Problem auf: Den Drogenschmuggel, der zwar ebenfalls kein offener Konflikt zwischen Thailand und Myanmar ist, jedoch jederzeit dazu eskalieren kann. Was nun das Flüchtlingsproblem angeht, so hat sich die thailändische Regierung bereits an internationale Organisationen und andere Länder gewandt und um (finanzielle) Hilfe gebeten. Aufgrund der mehreren Hunderttausenden burmesischen Flüchtlinge und illegalen Arbeitsmigranten sieht sich die thailändische Regierung außerstande, dieses Problem alleine zu lösen - doch solange nicht das Leben burmesischer Flüchtlinge bei deren Rückkehr ins Heimatland garantiert ist, ist auch keine auswärtige Repatriierungshilfe zu erwarten. Internationale Hilfe kann hier insofern nur in der Art vonstatten gehen, dass Druck auf die burmesische Regierung ausgeübt wird. "The first step has to come from Rangoon, whose present junta is one of the most difficult regimes Thailand has ever had to deal with."

Quellen
  • Bangkok Post-Archiv (1997-2000): http://www.bkkpost.samart.co.th
  • CIA (2000): The World Factbook 2000 (http://www.cia.gov)
  • Dahm, B.; Ptak, R. (Hrsg.) (1999): Südostasien-Handbuch; München
  • Spiegel-Almanach (1999): Alle Länder der Welt - Zahlen, Daten, Analysen; Hamburg
  • Institute of Southeast Asien Studies (Ed.) (1998): Southeast Asian Affairs; Singapore

Christiane Potzner

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