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Neue Gewalt in Arakan

Konflikt zwischen ethnisch-religiösen Gruppen im Westen Myanmars eskaliert

Von Thomas Berger *

In Arakan, einem Teilstaat im Westen von Myanmar, sind erneut die Feindseligkeiten zwischen den Bevölkerungsgruppen von Rakhine und Rohingya eskaliert. Seit dem vergangenen Sonntag sollen in acht Dörfern zweier abgelegener Gebiete insgesamt 1039 Häuser niedergebrannt worden sein, berichten die staatliche Tageszeitung New Light of Myanmar und das im nordthailändischen Chiang Mai erscheinende renommierte Politmagazin Irrawaddy übereinstimmend. Sie berufen sich dabei auf Angaben aus dem Informationsministerium bzw. vom Generalstaatsanwalt von Arakan. Die Regierung hat in der betroffenen Region eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, um weitere Gewaltakte zu verhindern.

Die Entwicklung der vergangenen Tage zeigt, daß der Konflikt zwischen den buddhistischen Rakhine, Titularethnie des Bundesstaates, und der muslimischen Rohingya-Minderheit noch keineswegs beigelegt ist. Er war im späten Frühjahr nach dem mutmaßlichen Überfall dreier Muslime auf eine Rakhine-Frau, die vergewaltigt und ermordet wurde, ausgebrochen. In der ersten Welle der Auseinandersetzungen im Mai und Juni kamen dabei mindestens 90 Menschen ums Leben, mehr als 3000 Wohnhäuser sowie diverse Tempel und Moscheen wurden zerstört.

Erneut flammte die Gewalt im August auf, als wenigstens sieben Personen getötet und 600 Gebäude Opfer zerstört wurden. Während es in der Regionalhauptstadt Sittwe seit Juni auch dank teilweise starker Präsenz der Sicherheitskräfte eher ruhig ist, können Zusammenstöße in den ländlichen Gebieten kaum verhindert werden. Die Regierung in Myanmar steht dem Problem bislang hilflos gegenüber. Auch Oppositions-Ikone Aung San Suu Kyi hält sich zu diesem Thema stark zurück, wie Kritiker der Friedensnobelpreisträgerin vorwerfen. Doch der Konflikt macht nicht nur Arakan zum einem unberechenbaren Unruheherd, sondern gefährdet insgesamt die Reformen in Myanmar.

* Aus: junge Welt, Samstag, 27. Oktober 2012

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