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Frauen sichern die Ernährung in Mosambik

nd-Solidaritätsaktion: besondere Förderung im Mittelpunkt der Projekte von UNAC

Von Andreas Bohne, SODI *

Armut und Benachteiligung haben in den ländlichen Gebieten von Mosambik oftmals ein weibliches Gesicht. Die Förderung von Frauen steht daher im Mittelpunkt der Projekte von UNAC, SODIs Partner.

Was für Mosambik gilt, gilt für viele Länder im Globalen Süden: Ohne das Engagement von Frauen könnte die kleinbäuerliche Landwirtschaft nicht einmal existieren. Da die Frauen trotzdem oft vielfach benachteiligt sind, zum Beispiel bei der Zuteilung von Krediten, ist die lokale Ernährungssicherung häufig bedroht. Denn sie liegt in Frauenhand. Frauen jäten die Flächen, säen und bringen die Pflanzen aus und ernten auf den Feldern.

Die Bedeutung der Frauen für die Welternährung unterstrich auch der 2008 vorgestellte Weltagrarbericht. Nach vielen Jahren intensiver Diskussionen legten mehrere Hundert Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ihre Empfehlungen für eine zukünftige globale Landwirtschaft vor. Sie forderten die Stärkung kleinbäuerlicher Strukturen und der ökologischen Landwirtschaft. Ein wichtiges Thema war auch die Rolle von Frauen in der Landwirtschaft. Der Bericht spricht von einer »Feminisierung der Landwirtschaft«. Mit diesem Begriff werden Bedeutung und Verantwortung von Frauen in der landwirtschaftlichen Produktion bezeichnet.

Annähernd 70 Prozent der Arbeit in der Landwirtschaft des subsaharischen Afrikas wird von Frauen geleistet. 80 Prozent der Grundnahrungsmittel werden von Frauen produziert, heißt es im Weltagrarbericht zu Afrika. Daneben sind sie für viele Tätigkeiten im Haushalt verantwortlich, wie für das Holen von Wasser oder Feuerholz und die Zubereitung der Mahlzeiten.

Trotz ihrer Bedeutung sind Frauen in den ländlichen Gebieten oftmals von Armut betroffen und besitzen weniger Kontrolle über Produktionsmittel als Männer, unsichere Landrechte und einen unzureichenden Zugang zu Ausbildung. Gleichzeitig haben Frauen kaum ein Mitspracherecht. Auch ist die Ansicht, dass die Frau nur »mithilft« und der kleinbäuerliche Familienbetrieb unter männlicher Leitung steht, noch weit verbreitet – oftmals auch bei Entwicklungsorganisationen im Norden. Jedoch sind es meistens gerade Frauen, die Verantwortung übernehmen. Frauen, die beeindruckend viel leisten, um für ihre Familien zu sorgen.

In der Stadt Chokwe sitzen wir im regionalen Büro unseres Partners UNAC, des mosambikanischen Kleinbauernverbandes. Hier treffen wir Leonor Chambal, Präsidentin einer landwirtschaftlichen Assoziation am Rande der Stadt Chokwe. Nach kurzer Zeit gibt sie eine Einführung in die Struktur von UNAC. Diese ist zwar auf den ersten Blick schwer zu verstehen, lässt aber die Leistung und die Rolle von Leonor Chambal deutlich werden.

Leonor Chambal ist neben ihrer Funktion als Präsidentin auch Vorsitzende der UNAC-Union des gleichnamigen Distriktes Chokwe. Darin sind 32 Assoziationen organisiert. 24 der Vereinigungen sind besonders aktiv, wie Leonor Chambal erklärt. Die restlichen können sich aufgrund großer Entfernungen weniger einbringen. Als dritte Funktion ist sie sogar noch Vorsitzende des sogenannten Nukleus der gesamten Provinz Gaza und vertritt somit Interessen aller UNAC-Mitglieder einer ganzen Provinz. Im Unterschied zu einer Union ist der Nukleus ein Zusammenschluss, der noch nicht rechtlich legalisiert ist.

Warum übernimmt Leonor Chambal so viele Aufgaben, schließlich ist sie doch schon durch ihre landwirtschaftliche Tätigkeit ausgelastet? »Das ist eine Frage des Vertrauens. Einige Personen haben mich gefragt, ob ich zum Beispiel als Präsidentin der Assoziation die Mitglieder repräsentieren könne«, erläutert sie und fährt fort: »Das Vertrauen ehrt mich. Daher war für mich klar, diese Aufgabe wahrzunehmen. Eine gute Planung ist wichtig, um die Arbeit auf dem Feld zu schaffen und die anderen Verpflichtungen zu erfüllen.« Jeden Montag findet daher ein Austausch mit José Paruque, dem lokalen UNAC-Mitarbeiter statt. Einmal im Monat trifft sie sich mit allen anderen Präsidenten und Präsidentinnen der Assoziationen.

Ihre Aufgaben unterscheiden sich nach einem politischen und einem technischen Teil, erklärt Leonor Chambal: »Der politische Teil besteht in der Mobilisierung und in der Vertretung aller Mitglieder. Dazu gehört auch die Ermahnung, Mitgliedsbeiträge zu zahlen oder die Beschäftigung mit Konflikten und Problemen. Der technische Teil besteht darin, dafür zu sorgen, dass neues Wissen und neue Techniken bei den Mitgliedern ankommen.«

Von Chokwe aus geht es nach Manjacaze. Hier unterstützt UNAC gegenwärtig 15 landwirtschaftliche Vereinigungen. Frauen werden in dem Projekt am stärksten gefördert, da »Frauen die Mehrzahl in den Assoziationen bilden«, wie Lizarda Cossa, UNAC-Projektmanagerin, erläutert. Damit sind die Assoziationen in Manjacaze auch ein lokales Spiegelbild der afrikanischen Landwirtschaft. Vor allem die Frauen sind für die Sicherung der Ernährung verantwortlich. »Zusätzlich müssen sie sich aber um Kinder und Haushalt kümmern. So können sie sich weniger an politischen Prozessen beteiligen.« Trotz dieser Herausforderungen werden sieben Vereinigungen von Frauen geleitet.

Das entspricht auch der Strategie von UNAC. In den kommenden Jahren soll mindestens ein Drittel aller Leitungsfunktionen von Frauen besetzt sein. Deshalb werden sie bei Schulungen besonders berücksichtigt. Das wird auch in Manjacaze umgesetzt: »Wie in jedem Projekt von UNAC garantieren wir, dass mindestens die Hälfte der Teilnehmenden an der Ausbildung Frauen sind«, betont Lizarda Cossa. Daneben organisiert UNAC mehrere Seminare und die Teilnahme an Konferenzen für Mitglieder. Damit sollen Frauen für mehr Mitsprache in Gremien und für die Vertretung ihrer Interessen sensibilisiert werden.

Daneben spielen Erfahrungsaustausche mit UNAC-Gruppen in anderen mosambikanischen Provinzen und landwirtschaftliche Trainings eine wichtige Rolle. »Wir versuchen, Frauen durch Trainings in nachhaltiger Landwirtschaft zu zeigen, wie man mit einfachen Techniken effektiver Zeit sparen kann. Damit wird den Frauen die Möglichkeit gegeben, zum Beispiel an Treffen der Vereinigungen und in den Gemeinschaften teilzunehmen«, erläutert Lizarda Cossa. Frauen sollen bei der Bereitstellung von Saatgut und landwirtschaftlichen Materialien profitieren. Bedauernd merkt Lizarda Cossa jedoch an, dass Frauen angesichts ihrer vielfältigen Belastungen nicht alle angebotenen Weiterbildungsangebote wahrnehmen könnten.

Sie weist zudem auf ein weiteres Problem hin: Nur wenige Frauen sind in Funktionen innerhalb der Agrarberatung zu finden. Das betrifft sowohl die staatliche Beratung als auch die UNAC. Hier soll sich zukünftig jedoch etwas ändern. Denn Beraterinnen können Frauen besser erreichen, Neuerungen lassen sich zielgerichtet vermitteln und an den Bedürfnissen der Frauen in ländlichen Gebieten ausrichten, ist sich Lizarda Cossa sicher. Daneben bieten sich auch für junge Frauen bessere Berufsperspektiven und sie können ihre Kompetenzen einbringen.

Daher gilt es, Frauen zu stärken und anzuerkennen – als kenntnisreiche Kleinbäuerinnen und jene, die Entscheidungen treffen und sie verantworten.

* Andreas Bohne ist Projektmanager Afrika bei SODI e.V.

Aus: neues deutschland, Dienstag, 7. Januar 2014



"Wir kennen die Bedürfnisse"

UNAC-Projektmanagerin Lizarda Cossa über die Möglichkeiten der Kooperation im Manjacaze-Distrikt **


Könnten Sie die Herausforderungen, mit denen die Assoziationen der Kleinbauern und -bäuerinnen im Manjacaze-Distrikt in Mosambik konfrontiert sind, kurz umreißen?

Zu den größten Herausforderungen zählen sicherlich fehlende Informationen über aktuelle landwirtschaftliche Ansätze, zu kleine Produktionsflächen, die mit traditionellen Methoden bewirtschaftet werden, eine zu geringe Organisation oder auch das Fehlen von hochwertigem Saatgut und Landwirtschaftsgeräten.

Wie reagiert UNAC auf diese Herausforderungen?

UNAC arbeitet unmittelbar mit den Vereinigungen zusammen und kennt daher deren Bedürfnisse ganz genau. So wurden zum Beispiel landwirtschaftliche Geräte für die Assoziationen angeschafft. Zudem wurden Seminare zum Thema genossenschaftliche Prinzipien durchgeführt. Das ermöglicht allen Mitgliedern, das gleiche Wissen zu erwerben. Ohne das Verstehen von Prinzipien, wie Assoziationen zu agieren haben und wie sie organisiert sind, bringt auch die Unterstützung keinen Fortschritt.

Während des Projektes sollen vier Assoziationen legalisiert werden. Warum spielt das so eine wichtige Rolle?

Einerseits ist eine legalisierte Assoziation bei der Regierung anerkannt und kann Unterstützung beantragen. Wenn es andererseits Dispute und Konflikte um Land gibt, ist es viel einfacher vor Gericht zu ziehen. Jedoch ist der Weg zu einer Legalisierung sehr langwierig und bürokratisch.

Ein weiterer Schwerpunkt ist es, Mitgliedern die Teilnahme an Erfahrungsaustauschen und Seminaren zu ermöglichen. Warum legt UNAC auf diesen Austausch so viel Wert?

Die Besuche ermöglichen den Mitgliedern, ihre Horizonte zu erweitern, zu sehen, was außerhalb »ihres« Distriktes passiert. Sie lernen von anderen Vereinigungen, die schon stärker etabliert sind. Die Teilnahmen verdeutlichen ihnen auch, dass sie nicht isoliert, sondern Teil einer großen Gruppe sind, die ähnliche Probleme hat.

Zum Ende des Projektes sollen die Mitglieder unter anderem ein gemeinsames Positionspapier erarbeiten. Was erwarten sowohl die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern als auch UNAC davon?

Das Positionspapier basiert auf den gegenwärtigen Herausforderungen und Bedürfnissen der Mitglieder und ist an die Regierung gerichtet. In dem Dokument werden Probleme genannt, für die nicht zwangsläufig die Mitglieder verantwortlich sind. Auch die Regierung sipelt eine wichtige Rolle bei der Lösung dieser Probleme.

** Aus: neues deutschland, Dienstag, 7. Januar 2014


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