Politik, Geber und die Unruhen in Mosambik
Bei einem der Lieblingsschüler der Weltbank sorgen Preiserhöhungen für Kratzer an der Fassade
Von Armin Osmanovic, Maputo*
Das einstige Bürgerkriegsland Mosambik avancierte nach dessen Ende 1992 zu einem Vorzeigeland
für westliche Geberländer. Die Unruhen wegen steigenden Grundnahrungsmittelpreisen zeigen die
Schattenseiten in dem südostafrikanischen Land.
Nachdem die Regierung über das Wochenende Polizei in Maputo zusammengezogen hat, scheint
sich die Lage erst einmal beruhigt zu haben. Zwei Tage dauerten letzte Woche die Unruhen in
Mosambiks Hauptstadt Maputo an. 13 Menschen kamen ums Leben. Die Polizei wurde beschuldigt,
neben Gummigeschossen auch scharfe Munition eingesetzt zu haben.
Mosambik galt lange als Darling der Entwicklungshilfegeber, da es sich Anfang der 1990er Jahre
von der Planwirtschaft verabschiedete und weitgehend den wirtschaftspolitischen Vorgaben der
Geber folgt. Seit mehreren Jahren weist das Land ein hohes Wirtschaftswachstum von
durchschnittlich 8 Prozent pro Jahr auf. Die Weltbank lobte 2008 Mosambik, das nach dem
jahrelangen Bürgerkrieg zu den ärmsten Ländern der Welt gehört, für die deutliche Reduzierung der
Armut und bezeichnete das Land als eine der größten Erfolgsgeschichten weltweit.
Letztes Jahr kam jedoch Missmut auf Seiten der internationalen Geber auf, erzählen Fredson und
Diamantino von UNAC (Uniao Nacional De Camponeses), einer Nichtregierungsorganisation mit Sitz
in Maputo. Die Regierungspartei Frelimo wurde beschuldigt, die im Jahr 2009 neu gegründete Partei
MDM (Movimento Democrático Moçambicano) bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im
Oktober 2009 behindert zu haben. Die MDM ist eine Frelimo-Abspaltung, an deren Spitze der
populäre Bürgermeister der zweitgrößten Stadt Mosambiks, Beira, Daviz Simango, steht.
Präsident Armando Guebuza von der seit der Unabhängigkeit regierenden Frelimo gewann die
Präsidentschaftswahlen mit 75 Prozent der abgegebenen Stimmen klar. Der MDM-Kandidat
Simango erreichte 8,6 Prozent und landete damit an dritter Stelle. Einige der Geber nahmen die
Anschuldigung der MDM zum Anlass, ihre Finanzhilfen Anfang 2010 auszusetzen.
Mosambiks Staatshaushalt wird zu fast der Hälfte von den ausländischen Hilfen finanziert. Die
Suspendierung der Hilfen, berichten NRO-Vertreter in Maputo gegenüber ND, hat die Regierung zu
einem denkbar schlechten Zeitpunkt getroffen. Seit Anfang des Jahres verlor die mosambikanische
Währung Meticeis gegenüber dem südafrikanischen Rand deutlich an Wert. Mosambik ist stark
abhängig von Importen aus Südafrika, die sich dadurch verteuern. Selbst die Tomaten auf den
Märkten in Maputo kommen aus Südafrika.
In Mosambik wird der Preis für Brot und Benzin zwischen den Privaten, etwa den Bäckern des
Landes, und dem Staat festgesetzt. Aufgrund der gestiegenen Importpreise durch die Aufwertung
des Rand wurden die Brotpreise und die Preise für Strom, Wasser und Benzin erhöht. Die deutlichen
Preissteigerungen von bis zu 20 Prozent lösten in den Städten, wo die Menschen kaum in der Lage
sind, sich mit Grundnahrungsmitteln selbst zu versorgen, die Unruhen der vergangenen Woche aus.
Bereits 2008 gab es in Maputo und anderen Städten Unruhen wegen angekündigter
Preiserhöhungen. »Damals«, so Fredson, »begannen die Unruhen einen Tag nach der Abreise des
IWF-Präsidenten Dominique Strauss-Kahn.« Dieser hatte das Land für seine erfolgreiche
Wirtschaftspolitik in den höchsten Tönen gelobt. Tags darauf protestierten die Menschen gegen die
Erhöhung der Transportpreise. Die Frelimo-Regierung nahm die Erhöhung zurück, wohl auch um
den eigenen Wahlerfolg 2009 nicht zu gefährden.
Nach den Wahlen wollte die Regierung die Preise nicht mehr weiter subventionieren. Auch, weil die
Mittel wegen der ausgebliebenen Hilfen durch die Geber knapper geworden sind. Die jetzigen
Unruhen versucht sie durch eine Politik der harten Hand einzudämmen, in dem sie die Polizei
verstärkt. Wie südafrikanische Zeitungen berichten, tauschen sich die Demonstranten über SMSNachrichten
miteinander aus und verabreden sich zu neuen Protesten. Bislang ist es weiterhin ruhig
in Maputo. Doch der Ärger ist groß, denn die Versprechen des Wahlkampfs sind noch in guter
Erinnerung. Die Regierung scheint das zu wissen: Am Dienstag kündigte sie an, den Brotpreis weiter
zu subventionieren und die Strom- und Wasserpreiserhöhungen weniger drastisch zu gestalten.
* Aus: Neues Deutschland, 8. September 2010
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