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Mosambik droht ein neuer Konflikt

Frühere Bürgerkriegspartei RENAMO kämpft gegen politische Bedeutungslosigkeit und für eine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Mosambiks Frieden scheint in Gefahr, seit Anhänger der einstigen Bürgerkriegspartei RENAMO zu den Waffen gegriffen haben und der Friedensvertrag mit der regierenden FRELIMO aufkündigt wurde.

Nach der Unabhängigkeit des Landes von Portugal im Jahre 1975 griff RENAMO zu den Waffen als die FRELIMO die Macht im Land übernahm. Beide Bürgerkriegsparteien lieferten sich einen erbitterten Kampf, bei dem eine Million Menschen ums Leben kamen. Ende der 80er Jahre hatte sich die FRELIMO von ihrer einst marxistisch-leninistischen Orientierung verabschiedet und ein Mehrparteiensystem sowie Marktwirtschaft eingeführt. RENAMO, in seinem Kampf gegen die FRELIMO vom Apartheidregime in Südafrika unterstützt, hatte auf Druck des Westens die Waffen niedergelegt. Seitdem erholt sich Mosambik langsam von den Folgen des Bürgerkriegs. Große Teile des Landes waren vermint, die Infrastruktur war fast völlig zerstört.

Mosambik zählt dank immenser Gas- und Kohlevorkommen zu den am stärksten wachsenden Wirtschaften Afrikas. Westliche Finanzhilfen, die fast die Hälfte des Staatshaushaltes des Landes ausmachen, trugen erheblich zur Erholung des südostafrikanischen Landes bei. Auch die soziale Situation hat sich gebessert. So ist die Lebenserwartung von 43 Jahren im Jahr 1990 auf 50 Jahre gestiegen.

Unklar ist, ob die jüngsten Kämpfe Menschenleben forderten. Seit Anfang Oktober stehen sich RENAMO-Anhänger in Zentralmosambik, wo ihre Hochburg ist, und Regierungstruppen gegenüber. Vergangene Woche hatten RENAMO-Anhänger eine Polizeistation im Ort Maringue unter Beschuss genommen. Seitdem sind die Schulen in der Region geschlossen.

Präsident Armando Guebeza beschuldigte die RENAMO, die Kämpfe begonnen zu haben. Die Soldaten hätten erst nach Beschuss durch Rebellen das Feuer erwidert. Der Führer der RENAMO Afonso Dhlakama hat sich an einen unbekannten Ort zurückgezogen. Laut seinem Sprecher ist er bereit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Unklar bleibt, in welchem Maße RENAMO die Kämpfer kontrolliert.

Hintergrund der Auseinandersetzungen ist die wachsende politische Marginalisierung der RENAMO, die seit 1992 in Wahlen ständig unterlag. Nun droht ihr, von der neuen Oppositionspartei MDM auf Platz drei verdrängt zu werden. Die stellt in Mosambiks zweitgrößter Stadt Beira bereits den Bürgermeister. RENAMO macht für den eigenen Machtverlust die FRELIMO verantwortlich, sie habe die letzten Wahlen 2009 mit unlauteren Mitteln gewonnen.

Der Verlust der politischen Macht wiegt für die RENAMO auch wirtschaftlich schwer. Denn mit Großinvestitionen in Gas und Kohle strömt viel Geld ins Land. Davon profitieren auch viele Politiker der regierenden FRELIMO und ihre Anhänger. Die RENAMO und ihre Anhänger sehen sich davon ausgeschlossen und drängen auf ein Mindestmaß an politischer Repräsentanz auch nach den Wahlen 2013 auf Gemeindeebene und den Präsidentenwahlen 2014.

Im Streit um ein neues Wahlrecht geht es vor allem um eine paritätisch besetzte Wahlkommission. Die RENAMO will auf Augenhöhe mit der FRELIMO vertreten sein. Doch die Regierungspartei unter ihrem Führer Guebuza, der seit 2004 das Land regiert, scheint die Lust am Ausgleich verloren zu haben. Bislang zumindest weigert sich die Regierung, auf die Forderungen der RENAMO einzugehen. Diese fordert nun Vermittlung von außen und hofft auf die Vereinten Nationen.

* Aus: neues deutschland, Montag, 4. November 2013


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