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Menschen im Müll von Maputo

Worte und Bilder beschreiben Elend und Hoffnung

Von Kai Walter *

»Träumen jenseits der Asche« ist ein kleines, sehr eindrucksvolles Buch über die Menschen im Müll von Maputo. Es erzählt vom Elend, aber auch von der Hoffnung und einem Weg in eine bessere Zukunft.

Lodernde Flammen. Menschliche Silhouetten im Rauch brennenden Mülls. Menschen. Kinder, die im unsortierten Müll suchen, was zu verkaufen oder anderweitig zu verwerten ist. Menschen, die auf, mit und von der größten Müllkippe der mosambikanischen Hauptstadt Maputo leben.

Dieses Bild packt den Leipziger Forstexperten Klaus Ackermann, als er sich auf den Weg zur Arbeit in einem Waldprojekt im Süden Mosambiks macht. Ackermann ist passionierter Fotograf und die Bilder von der Müllkippe bleiben in seinem Kopf haften. Als er wieder in Maputo ist, geht er zögerlich auf die Müllhalde, um zu fotografieren. Er ist kein distanzierter Profi. Nicht nur der beißende Gestank des Mülls, sondern vor allem das Elend der Menschen, die in diesem Müll nach Plastiktüten, Viehfutter, Glasflaschen und recycelbarem Papier suchen, befremden ihn und bereiten ihm Unwohlsein. Er überwindet sich, nähert sich den Menschen an, spricht mit ihnen und fotografiert. Er erfährt, dass es Projekte rund um die Müllhalde gibt, die Recycling organisieren und den Kindern der Müllsammler eine Schulbildung ermöglichen. Ackermann will seine Fotos zeigen. Er will andere Menschen auf die Situation in Maputo aufmerksam machen. Mitarbeiter der Kinderhilfsorganisation Terre des hommes und der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) begeistern sich für die Idee, ein Buch zu produzieren.

Beide Organisationen betreiben bereits seit mehreren Jahren Projekte rund um die Müllhalde. Ihr Ziel ist es, das Leben der Menschen rund um die Müllhalde zu verbessern und Armut zu bekämpfen. Das Einsammeln von Müll wird nicht untersagt, sondern organisiert. In der Aufbereitungsstation »RECICLA« werden Arbeitsbedingungen verbessert und Einkommen gesichert und erhöht. Das Projekt »Renascer« bietet mit einer Schule und einem Ausbildungszentrum direkt an der Müllhalde Eltern, die auf der Müllkippe ihren Unterhalt verdienen, Möglichkeiten, wenigstens einigen ihrer Kinder Bildung zu vermitteln. Mit Mia Couto wird ein bekannter Schriftsteller Mosambiks für das Buchprojekt gewonnen. Er schreibt einen Text, der zusammen mit den Fotos von Klaus Ackermann die Situation auf der Müllhalde beschreibt. Es ist ein Text, der seinen eigenen, schwierigen Entstehungsprozess reflektiert. Eine Woche lang setzt sich Couto mit der Müllhalde und den Fotos von Ackermann auseinander.

Das Erlebte fasst er in sieben tagebuchähnlichen Kapiteln zusammen. Er schreibt über das Leben der Menschen, die vom Müll der anderen leben. Couto schreibt die Worte: »Das Thema ist zum Davonrennen.« Und bringt damit zum Ausdruck, dass ihm die Annäherung an das Thema ähnlich schwer fällt wie dem Fotografen. Auch er überwindet sich und schafft einen Text, der Grenzen zwischen Zweifel und Hoffnung beschreibt. Es gibt wenige Publikationen, welche die Situation in Entwicklungsländern und die Versuche zu Helfen so eindringlich erfahrbar machen. »Träumen jenseits der Asche« ist ein kleines, sehr eindrucksvolles Buch. Es erzählt vom Elend, aber auch von der Hoffnung und einem Weg in eine bessere Zukunft. Die Bilder und die geschilderten Eindrücke erschlagen anfangs. Es bleibt jedoch nicht fatalistisches Kopf-In-Den-Sand-Stecken als Reaktion, sondern ein Einblick und ein Ausblick auf Möglichkeiten, etwas zu tun. Der Text ist in drei Sprachen abgedruckt. Der portugiesische Originaltext ist ins Englische und ins Deutsche übersetzt worden. Die Vorworte von Gereon Hunger (GTZ) und Ralf Syring (Terre des hommes) liefern einen informativen Hintergrund für den Text von Mia Couto und die Bilder von Klaus Ackermann.

Klaus Ackermann lebt mittlerweile wieder in Leipzig. Auf Lesungen erzählt er seine Geschichte und zeigt seine Bilder.

Das Buch kann über den Fotografen (www.ackermann-foto.de) zum Preis von € 6 Euro bezogen werden. Der Erlös geht in das Projekt Re-nascer. Oder kostlenlos über die Herausgeber: www.tdh.de und www.gtz.de.

* Aus: Neues Deutschland, 31. Juli 2007


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